5. Mai 2020, 13:11 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Einmal wie ein König oder eine Königin in einem gemütlichen Bett zu schlafen, das einen wie auf einer Wolke durch die Nacht trägt. Das ist durchaus möglich – hat aber seinen Preis.
Mehr als 24 Jahre seines Lebens verschläft ein Mensch. Häufig tut er das auf einer Matratze, die seinem Körper nicht bestmöglich angepasst und dadurch unbequem ist. Und während wir auf unseren zu weichen, zu harten oder durchgelegenen Matratzen liegen, träumen wir von dem perfekten Bett. myHOMEBOOK-Redakteurin Laura Graichen hat ein Unternehmen gefunden, das von sich behauptet, genau solche Traum-Betten herzustellen – die allerdings ein kleines Vermögen kosten. Ob diese Preise gerechtfertigt sind? Ein Test.
Kennen Sie diese Nächte, in denen man sich stundenlang von einer Seite zur anderen wälzt und ständig seine Schlafposition wechselt, in der Hoffnung, endlich so gemütlich zu liegen, dass einen die Müdigkeit übermannen kann? In diesen Momenten denke ich mir jedes Mal: Wenn ich doch jetzt nur ein perfektes Bett hätte.
„Perfekter Schlaf, für Sie maßgeschneidert“, lautet der Werbeslogan des Betten-Herstellers Hästens. 1852 wurde das schwedische Familienunternehmen gegründet, dessen Name aus dem Schwedischen übersetzt „vom Pferd“ bedeutet. Denn ursprünglich handelte es sich um einen Sattelbetrieb. Als das Geschäft mit dem Pferdezubehör nicht mehr lief, sattelte man um – blieb den Pferden aber treu. Das Sortiment erweiterte sich um Betten im höheren Preissegment, in denen Rosshaare verarbeitet werden. Die Betten sind so luxuriös, dass das Unternehmen sogar als Betten-Lieferant für das schwedische Königshaus anerkannt wurde. Wie sich Luxus-Betten wohl anfühlen, auf denen Royals schlafen und ob sie halten, was sie für ihren Preis versprechen, testete ich im Berliner Store.
Luxus-Betten mit Rosshaar gepolstert
Das, was Hästens-Betten ausmacht, ist ihre Füllung aus Rosshaar – in diesem Fall also den Schweifhaaren eines Pferdes. Wer an eine Polsterung fürs Bett denkt, hat vielleicht nicht gleich Pferdehaare im Sinn. Meine Skepsis war jedenfalls groß, als ich erfuhr, dass die Betten mit Pferdehaaren gefüllt sind. Dabei gehört Rosshaar zu den ältesten Polstermaterialien, hat es besondere hygroskopische Eigenschaften, nimmt kaum Wärme auf, ist luftdurchlässig und zudem langlebig. Gekräuselt ist es zusätzlich sehr elastisch und hat eine gute Sprungkraft. Aber kann das gemütlich sein?
Die Geschäftsführerin des Berliner Stores, Isabelle Busse-Malempré, erklärte im Interview, dass die Gemütlichkeit sich theoretisch erst einmal vom Aufbau der Betten und dem Einsatz der Schweifhaare ableite. Alle Hästens-Betten sind Boxspringbetten: Unten stecken die Bonell-Federn, die jedes Boxspringbett ausmachen. Danach folgen bei den schwedischen Luxusmodellen mehrere Schichten aus Taschenfederkernen, Rosshaar, Baumwolle, Alpakawolle und Wolle – immer wieder im Wechsel. Oben auf folgt noch ein Topper, der ebenfalls mit Baumwolle und Rosshaar gefüllt ist.
Rosshaar und Allergiker
Auch Allergiker können laut Busse-Malempré unbesorgt auf den Rosshaaren schlafen, was auf eine spezielle Art der Reinigung zurückzuführen ist. Dabei wäscht man die Eiweißstrukturen auf dem Tierhaar ab, die für allergische Reaktionen verantwortlich sind. Das Bett soll aufgrund der Rosshaare außerdem atmungsaktiver sein und dadurch Hausstaubmilben kaum Lebensraum bieten.
Luxus-Betten unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit
Wolle, Rosshaare, Holz – man arbeitet also mit natürlichen Materialien. Aber werden diese auch nachhaltig gewonnen und importiert? „Die Baumwolle wird weltweit eingekauft. Wir suchen dabei nur nach zertifizierten Betrieben. Es wird auch auf die Arbeitsbedingungen geachtet. Unsere Betriebe sind mit ‘Oeko Tex 100‘ zertifiziert“, erklärt die Geschäftsführerin. Die Schweifhaare werden aus der Schweiz und den Niederlanden bezogen, das Holz ist Kiefernholz aus Schweden – davon soll es dort sehr viel geben und es wachse relativ schnell.
Die Betten-Modelle – und ihre Preise
Doch es waren weder die Pferdehaare noch das für die Marke typische, karierte Design, was mich auf die Luxus-Betten aufmerksam gemacht hat. Es war der Preis. Bei Recherchen stieß ich auf ein Modell, das einige Berühmtheiten im Schlafzimmer stehen haben. Es kostet über 300.000 Euro. Ja, die Anzahl der Nullen stimmt – es handelt sich um ein Bett, das fast eine halbe Million Euro kostet. Das „Grand Vividus“.
Dieses Modell entstand in Zusammenarbeit mit dem Luxus-Designer Ferris Rafauli. Es wird in 360 Stunden Handarbeit gefertigt, besteht ebenfalls aus Holz, Wolle und Rosshaar – und außerdem aus Rochenleder. Doch etwas zu kostspielig? Es geht auch eine Kategorie weniger imposant mit dem „Vividus“. Das kostet im Vergleich (man ist versucht, „nur noch“ zu sagen) knapp 160.000 Euro.
Günstigere Modelle
Bei einem Blick in den Katalog des schwedischen Unternehmens stellt man fest, dass man für jedes Hästens-Bett einige Tausend Euro hinlegen muss. Aber was rechtfertigt diese Preise? „Betten in dieser Preisklasse sind nicht unbedingt Luxus, wenn man überlegt, dass man eine normale Matratze regelmäßig austauschen sollte. Das kann man sich bei Hästens-Betten sparen. Hier muss nur der Topper ausgetauscht werden. Es gibt außerdem 25 Jahre Garantie auf Rahmen und Federn“, erklärt Busse-Malempré gegenüber myHOMEBOOK. Kostenpunkt für die sogenannten Topmatratzen bei einer Bettengröße von 180 cm mal 200 cm: zwischen 3090 und 1780 Euro.
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Reinigung ist nicht möglich
Nun möchte man derart kostenintensive Anschaffungen für gewöhnlich bestmöglich pflegen und reinigen, damit sie unversehrt bleiben und man lange etwas von ihnen hat. Das ist bei Hästens-Betten so nicht möglich, da man die Stoffe nicht abnehmen kann und die Schichten miteinander versteppt sind, damit das Rosshaar nicht wandern kann. „Die Stoffe sind alle mit einer Salzlauge getränkt, daher sind sie sehr schwer entflammbar. Geht man mit einer Flüssigkeit an den Stoff, löst man diese Salzkristalle, es kann ein Rand entstehen. Wenn man Angst vor Flecken hat, kann man sich für ein Laken entscheiden, dass die Matratze mit einschlägt und als Schutz fungiert oder man kauft zusätzlich eine Husse, die man reinigen kann“, erläutert die Expertin.
Um für bestmöglichen Schutz und Sauberkeit zu sorgen, sollte man – so die Empfehlung – den Topper mit einem Matratzenschoner und den wiederum mit einem Laken schützen. Alles zusätzliche Artikel, die natürlich auch zusätzlich bezahlt werden wollen.
Und wie liegt es sich auf einem der Luxus-Betten?
In dem Store waren verschiedene Betten-Modelle ausgestellt – vom Einsteiger über mittelteure über eins mit eingebautem Motor für Kopf- und Fußteil bis hin zu einem Modell, das etwa 36.000 Euro kostet – ohne Kopfteil. Für so viel Geld könnte man eine kleine Weltreise machen, ein schickes Auto kaufen oder auch eine Rücklage für den Herbst des Lebens schaffen. Wie muss sich also ein Bett für diesen Preis anfühlen, damit man sagen kann: „Diese Investition hat sich richtig gelohnt!“? Mit dieser Frage im Hinterkopf habe ich im Berliner Hästens-Store den Test gemacht. Dabei habe ich gleich mehrere der verfügbaren Betten in unterschiedlichen Härtegraden und Größen ausprobiert.
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Das myHOMEBOOK-Fazit
Durch Aufenthalte in guten bis luxuriösen Hotels hatte ich schon ein paar Mal das Glück, in besonders gemütlichen Betten schlafen zu können. Müsste ich eine Top 5 meiner gemütlichsten Betten-Erfahrungen aufstellen, würden sich auch die Hästens-Betten darin wiederfinden. Kaum hatte ich mich hingelegt, haben sich die Matratzen meinem Körper angepasst. Ich sackte nicht durch, noch lag ich wie ein Brett. Es war ein angenehmes und durchweg entspannendes Liegegefühl. Das hatte ich bei der Vorstellung von einem Bett gefüllt mit Pferdehaaren nicht erwartet.
Ob ich dafür aber so viel Geld ausgeben würde? Nichts ist so wichtig wie guter Schlaf – sowohl für die Gesundheit als auch die Psyche. Der Fakt, dass ich das Bett aber nie reinigen könnte, sollte mal etwas nächtlicher Tee oder Creme daneben gehen, stört mich. Genauso wie die Tatsache, dass ich dieses Problem nur umgehen könnte, indem ich noch Auflagen, Laken oder Hussen kaufe – was den Kaufpreis noch einmal in die Höhe treiben würde.
Und apropos Kaufpreis: Man spart sich aufgrund der Langlebigkeit und der Garantie zwar den Kauf einer neuen Matratze, tauscht man aber den Topper und die dazugehörigen Bezüge regelmäßig aus, kommen jedes Mal wieder Summen im vierstelligen Bereich zustande. Ein kostspieliges Vergnügen für einen Nutzgegenstand, den nur wenige zu Gesicht bekommen und in dessen Genuss (vermutlich) nur wenige kommen werden. Denn, seien wir doch mal ehrlich: Wenn man mehrere Tausend Euro für etwas ausgibt, möchte man es Freunden, Familie und Besuchern doch auch stolz präsentieren. Aber wer führt schon gerne Gäste in sein Schlafzimmer, stellt sein Bett zur Schau und muss dann in Kauf nehmen, dass Neugierige Probe darauf liegen und sitzen möchten?