1. September 2019, 8:29 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Stachelig und dennoch edel: In ihrer bizarren Schönheit sind Disteln ein echter Hingucker im Garten. Aber auch in der Vase sind sie ziemlich stylish! myHOMEBOOK gibt Tipps rund um die Distel!
Vögel lieben ihre Samen, Insekten ihren Nektar – nur Menschen machen meist einen großen Bogen um Disteln. Kein Wunder, erschweren stachelige und dornige Pflanzen doch seit jeher die Feldarbeit. Der Begriff Distel wird dabei nur in der Umgangssprache verwendet, es gibt keine botanische Pflanzengattung mit diesem Namen. Gemeint sind damit einfach krautige Pflanzen mit Stacheln. Und es gibt „eigentlich für alle Lebensbereiche, vom Sumpf bis zur Steppe passende Arten“, sagt Dieter Gaißmayer, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Gartenkultur aus Illertissen (Bayern).
Kugeldisteln – Insektenmagnet und Winterschmuck
Ein Blickfang sind gerade die Kugeldisteln (Echniops) mit ihren ballförmigen Blütenständen – in edlem Blau. „In Bezug auf die Gestaltung erweisen sich Kugeldisteln als Paukenschläger im Beet“, sagt Gaißmayer. Die festen Stiele mit den Bällen bleiben auch im Winter erhalten und setzt sich Reif darauf, wirken sie wie Schneebälle. Im Sommer fliegen die Bienen und Hummeln darauf.
Und: „Wer im Sommer gerne Sträuße bindet, kann hervorragendes Material ernten“, ergänzt Gaißmayer. Staudengärtnerin Doris Pöppel aus Stuhr (Niedersachsen) rät, die Stiele am besten zu ernten, wenn der Blütenstand leicht Farbe zeigt. Oder zu warten, bis sie an der Staude schon getrocknet sind.
Die Blätter der Kugeldistel sind häufig graugrün gefärbt. „Daraus kann man ableiten, dass der Standort für diese Disteln sonnig und der Boden trocken, durchlässig sein sollte“, erklärt Pöppel.
Die wohl bekannteste Form der Kugeldistel ist die Echinops ritro ‚Veitchs Blue‘. Sie bildet besonders zahlreich farbintensive Blüten in Stahlblau. Ähnlich blau ist auch die Sorte Echinops bannaticus ‚Blue Glow‘, noch intensiver wirkt ‚Taplow Blue‘. Sie bleibt zwar etwas niedriger, blüht dafür aber länger bis in den September hinein.
Die Kugeldistel passt im Beet gut zum Roten Sonnenhut (Echinacea purpurea) und dem Reiherfedergras (Stipa). Auf einer solchen Kombination landen gerne Schmetterlinge. Aber auch Federgras (Stipa tenuissima), Indianergras (Sorghastrum nutans), Reitgras (Calamagrostis) und Heidekraut in Kombination mit Disteln geben eine gute Optik.
Edeldisteln – graugrüne Blätter, blaue Blüten
Als die Disteln schlechthin gelten aber die Edeldisteln (Eryngium). Da sie starke Pfahlwurzeln haben, brauchen sie einen durchlässigen Boden ohne Staunässe, erklärt Pöppel. Ausgenommen davon ist die Art Palmlilien-Mannstreu. „Dieses Eryngium yuccifolium will nicht so trocken stehen, sondern bevorzugt frische Böden.“
Die Blütengröße der Arten der Edeldisteln variiert. So hat das Alpen-Mannstreu (Eryngium alpinum) eher kleine blaue Blüten, die Spanische Edeldistel (Eryngium bourgatii) große, zartblaue.
Siberdistel – Blüten bis in den Herbst
Ein weiterer Tipp der Experten ist die eigentlich eher unbeliebte Silberdistel (Carlina acaulis). „Für Trockengestecke eignen sich die Blüten sehr gut“, erklärt Gaißmayer. Und sie sind bei guten Wachstumsbedingungen noch im Herbst dekorativ. Dafür brauchen die Pflanzen aber vor allem eines: Einen durchlässigen Kalkschotterrasen.
Was ist beim Pflanzen von Disteln zu beachten?
Disteln mögen es warm und sonnig. Wählen Sie daher beim Einpflanzen einen windgeschützten Platz mit viel Sonne und lockerem, trockenen Boden. Der Abstand zwischen den Pflanzen sollte zwischen 30 und 45 Zentimetern liegen. Planen Sie bei großen Disteln lieber etwas mehr Platz ein und pflanzen Sie diese nicht zu nah am Wegesrand. Wer mag, kann den eigentlich standfesten Pflanzen mit einer Stütze zusätzliche Stabilität verschaffen.
Damit Disteln im Sommer gut gedeihen, sollten Sie diese im Frühjahr ausreichend wässern. Ansonsten reicht es, die genügsamen Pflanzen auch bei trockener Witterung einmal pro Woche zu gießen.
Die Pflanzzeit für Disteln ist von Ende März bis Mitte April und von Anfang September bis Mitte Oktober. Zweijährige Distel-Sorten sollten Sie besser im Herbst aussähen. Schneiden Sie die Pflanzen im März zurück. Bei einigen Distel-Sorten wie der Kugel-Distel Echinops kommt es zu einer zweiten Blüte, nachdem Sie die erste verblühte abgeschnitten haben.
Disteln schmecken saure Böden nicht
Vermeiden Sie es, Disteln in sauren Boden zu pflanzen, denn der schmeckt den Pflanzen nicht. Besser: Neutraler oder alkalischer Boden mit einem pH-Wert ab 7,5. Bei starkem Wetterumschwung und winterlichem Witterungswechsel können Sie die Pflanzen mit einer Reisigdecke vor Kälte dämmen. Vermeiden Sie generell schattige und windige Plätze für die sonnenhungrigen Doldenblütler.
Insekten und Vögel fliegen auf Disteln
Mit ihrem teils hohen Wuchs, den silbergrauen Blättern und kugel- bis zylinderförmigen Blüten erfreuen Disteln jeden Gartenliebhaber, der auf Naturoptik wert legt. Und ein naturnaher Garten ist gut für viele Insekten und Vögel. Schmetterlingsraupen wie die des Distelfalters ernähren sich von den Blättern. Bienen laben sich am Blütensaft und an den Pollen. Und für Vögel wie den Stieglitz – auch Distelfink genannt – sind Distel-Samen im Winter unwiderstehlich.
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Essbare Disteln
Aber auch wir Menschen können einige Distel-Sorten essen. Die bekannteste essbare Sorte ist sicherlich die Gemüse-Artischocke. Wo sie wächst, ist sie kaum zu übersehen, wird die Staude mit ihren großen, violetten Blüten doch bis zu zwei Meter hoch. Essbar ist der fleischige Boden der Blüten, die aber vor dem Aufblühen geerntet werden müssen. Gekocht kann man auch den unteren Teil der Blütenblätter essen.
Neben Artischocken sind Kratz-Disteln essbar – und zwar alle Teile: Aus Wurzeln kann Mehl gewonnen werden, Blätter passen in Salate, junge Stengel können Sie wie Gemüse kochen und Blütenblätter verschönern als essbare Dekoration jedes Gericht.
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Disteln mit historischem Hintergrund
Nicht nur ihre extravaganten Erscheinungsformen machen sie so besonders. Hinter vielen Disteln verstecken sich auch interessante Geschichten, mit denen Sie ihre staunenden Gartengäste bei Laune halten können:
- Disteln als Werkzeuge: Zu früheren Zeiten rauten Tuchmacher und Weber Wollstoffe mit stacheligen Disteln auf.
- Disteln als Waffe: Disteln vermasselten Wikingern einer Legende nach den Sieg über Schottland. Nachdem die gefürchteten Krieger an der schottischen Küste anlandeten, mussten sie sich durch dichte und dornige Distelhecken schlagen. Ihre Schmerzenslaute riefen schottische Krieger auf den Plan, die die Nordmänner in die Flucht schlugen. Es erklärt sich von selbst, dass die Distel Nationalblume Schottlands ist. Und fast jeder schottische Familienclan trägt eine Distel im Wappen.
- Disteln als Vorbild: Die Große Klette, eine Distel-Art, gilt als Vorbild für den Klett-Verschluss. Als dessen Erfinder George de Mestral seinem Hund Kletten aus dem Fell entfernte und diese unter einem Mikroskop untersuchte, entdeckte er deren Prinzip. Die Hüllblätter der Pflanze sind zu Widerhaken gekrümmt, die sich in Wolle und Haar festkrallen.
- Distel als Aphrodisiakum: Die Gemüse-Artischocke galt im Mittelalter als Mittel, um das „eheliche Werke“ anzuheizen.
- Distel als Überraschung: Die im England des 19. Jahrhunderts bekannte Gärtnerin Miss Willmott verstreute heimlich Distel-Samen in fremden Gärten. Seitdem heißt die Sorte „Miss Willmott‘s Ghost“ (Der Geist der Miss Willmott).
- Distel als Star: Der Bund der deutschen Staudengärtner wählte Edle Disteln zur Staude des Jahres 2019.