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Naturgärtner im Interview

Wie man mit einem Drei-Zonen-Garten die Artenvielfalt fördert

Drei-Zonen-Garten
Ein Drei-Zonen-Garten bietet Hobbygärtnern zahlreiche Vorteile – und auch der Natur Foto: Getty Images
Katharina Petzholdt
Garten-Autorin

23. Mai 2022, 11:06 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Eine bunte Blumenwiese gehört zum Konzept genauso wie Gemüsebeete und eine Hecke aus einheimischen Gehölzen. Auf myHOMEBOOK erklärt Naturgärtner Markus Gastl, wie er Artenvielfalt mit Nutzgarten kombiniert und was der liebe Gott mit rechten Winkeln zu tun hat.

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Der Entschluss fiel in einer kleinen Kapelle hoch im Norden von Kanada. 41.000 Kilometer war Markus Gastl zuvor mit dem Fahrrad unterwegs gewesen – von Feuerland nach Alaska. Die unglaubliche Schönheit der Natur, aber auch ihre Verletzlichkeit haben ihn so beeindruckt, dass er beschloss, der Natur etwas zurückzugeben. Dabei wollte er zweierlei: die Artenvielfalt schützen und gleichzeitig auf nachhaltige Weise Nahrungsmittel anbauen. Herausgekommen aus seinen Überlegungen ist das Konzept des Drei-Zonen-Gartens. 2007 kaufte Gastl ein 7500 Quadratmeter großes Grundstück in Bayern und legte dort einen Garten an, den er „Hortus insectorum“ nannte, was so viel bedeutet wie „Garten der Insekten“. Er veranstaltet regelmäßig Führungen, hält Vorträge und ist Autor mehrerer Bücher über nachhaltiges Gärtnern. Mittlerweile hat sein Konzept viele Freunde gefunden, die im 2010 gegründeten Hortus-Netzwerk locker miteinander verbunden sind.

Der Drei-Zonen-Garten – Tipps vom Naturgärtner

myHOMEBOOK: Dein Konzept nennt sich Drei-Zonen-Garten. Was hat es mit diesen Zonen auf sich?
Markus Gastl: „Der Garten wird in drei Zonen unterteilt: in die Pufferzone, die Ertragszone und die Hotspotzone. Die Pufferzone ist eine Hecke, die aus verschiedenen einheimischen Sträuchern wie dem Gemeinen Schneeball, dem Faulbaum oder der Schlehe besteht. Sie soll nicht nur Vögeln, Kleintieren und Insekten Schutz und Nahrung bieten, sondern den Garten auch vor äußeren Einflüssen schützen. Das könnten Spritzmittel der Nachbarn sein, Abgase oder Wind.

Die zweite Zone ist die Ertragszone, die von einem guten, nährstoffreichen Boden lebt und als Nutzgarten betrieben wird. Und dann kommt die Hotspotzone, in der bunte, einheimische Wildblumen wachsen wie Witwenblume, Wiesensalbei, Kornblume, Natternkopf, Lichtnelke, der Knollige Steinbrech und viele andere.

Als Hotspot wird in der Biologie ein Gebiet bezeichnet, das besonders reich ist an Tieren bzw. Pflanzen. Wenn man in der Natur viele verschiedene Arten an einem Standort antrifft, lässt sich immer eine Gemeinsamkeit feststellen: Diese Standorte sind kiesig oder sandig, haben einen nährstoffarmen, mageren Boden. Das klingt erstmal merkwürdig, aber es ist so! Magerkeit ist sozusagen die Voraussetzung für Artenvielfalt. Das ganze Modell der drei Zonen ist allerdings nur für die gemäßigten Breiten gedacht. In anderen Klimazonen funktioniert das so nicht.“

Naturdünger aus dem eigenen Garten

Diese Zonen mit den entsprechenden Böden sind in den meisten Gärten aber gar nicht vorhanden. Wie kann das dann funktionieren?
„Stimmt, häufig findet man in den Gärten rund 30 Zentimeter hoch aufgeschütteten Mutterboden. Fremdländische Pflanzen wie Rhododendren oder Hortensien können darauf gut wachsen. Was gleichzeitig gut wächst, sind Unkräuter wie Löwenzahn, Brennnesseln oder Quecke. Diesen nährstoffreichen guten Boden brauchen wir in der Ertragszone. Hier setzt das System des Drei-Zonen-Gartens an, das in einem nachhaltigen Kreislauf funktioniert, der die drei Zonen verbindet.

Der Dünger für die Ertragszone kommt aus den beiden anderen Zonen – aus der Pufferzone beispielsweise in Form von kompostiertem Schnittgut, aber hauptsächlich aus der Hotspotzone. Diese artenreiche Blumenwiese wird ein- bis dreimal pro Jahr gemäht. Damit der Boden mager bleibt, ist es unbedingt nötig, dass das Schnittgut abtransportiert wird. In der Ertragszone dient es dann als Dünger – wird entweder zum Mulchen verwendet oder als Kompost. Teurer Dünger aus dem Handel wird damit überflüssig.“

Wie gehe ich vor, wenn ich eine Hotspotzone anlegen möchte?
„Wenn mir keine Fläche mit einem mageren Boden zur Verfügung steht, habe ich zwei Möglichkeiten. Entweder magere ich den Boden langsam ab, indem ich regelmäßig mähe und das Schnittgut abtransportiere, oder ich trage die nährstoffreichen, oberen 15 Zentimeter Boden ab und fülle die Fläche mit Sand oder Schotter auf. Wenn ich keinen Sand oder Schotter habe und auch keinen besorgen möchte, kann ich die abgetragene Fläche auch einfach so lassen. Nährstoffärmer ist sie nun auf jedem Fall. Danach wird eine Wildblumenwiese gesät.“

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»Oft verwechseln Menschen Schönheit mit Ordnung

Was macht man mit dem abgetragenen Oberboden?
„Man könnte diesen nährstoffreichen Boden gut in der Ertragszone verteilen. Genauso gut könnte man in der Pufferzone ein Relief anlegen. Die meisten Menschen können sich nicht vorstellen, dass ihr Garten Dellen und Hügel hat, aber die Natur möchte das. Es gibt hoch und tief, feucht und trocken, dunkel und hell und je unterschiedlicher ein Standort ist, desto artenreicher ist er.

Oft verwechseln Menschen Schönheit mit Ordnung. Wenn der liebe Gott ordentlich wäre, dann wären alle Berge gleich hoch und hätten rechte Winkel. Haben sie aber nicht und wir empfinden sie trotzdem als wunderschön. Gleichzeitig gehen wir in unsere Gärten und stutzen alles auf gleiche Höhe.“

Zusätzlich zu den Zonen lebt ein Drei-Zonen-Garten von so genannten Naturmodulen. Was kann man darunter verstehen?
„Naturmodule sind kreative Baueinheiten, die Tieren einen Lebensraum bieten. Das können Benjeshecken sein, Käferkeller, Eidechsenburgen, Lesesteinhaufen, Tümpel oder Steinpyramiden. Alles Projekte, die man mal am Wochenende umsetzen kann. Sie können überall im Garten stehen und sind schön und nützlich zugleich. Artenschutz rockt. Ich kann mir ganz viel kaufen – Goldfische, Rhododendren oder eine Thuja zum Beispiel. Aber Eidechsen, Ringelnattern oder einen Tümpel, in dem eine Rote-Liste-Art lebt, wie etwa der Europäische Laubfrosch, kann ich mir nicht kaufen, sondern nur erarbeiten. Das macht das Ganze so wertvoll.“

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