23. Oktober 2019, 14:28 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Schlaffe Pflanzen, welke Blätter – und überall Moos auf dem Rasen. Was ist nur mit dem Garten los? myHOMEBOOK erklärt, warum Kalk hilft, wenn nichts wächst, wie es soll.
Die Blumen wollen einfach nicht wachsen, obwohl sie doch ideal eingepflanzt wurden. Die Blätter haben hässliche gelbe und schwarze Flecken. Den Rasen pflegt und mäht man gewissenhaft und dennoch macht sich Moos breit. Und die Äpfel haben braune Flecken, das Gemüse verkümmert in der verkrusteten Erde. Das ist ein deutliches und unschönes Anzeichen dafür, dass was mit der Erde nicht in Ordnung ist. Die Lösung: den Boden kalken.
Saurer Boden hemmt Aufnahme von Mineralien
Ein gestörtes Wachstum deutet darauf hin, dass die Pflanzenwurzeln zu wenig Nährstoffe wie Mineralien und Spurenelemente aus dem Boden aufnehmen können. Der Grund könnte sein, dass die Erde zu sauer ist. Dann hat sie einen niedrigen pH-Wert, den die Pflanzen nicht vertragen.
Konkret: Bei einem pH-Wert unter 6 gilt ein Boden als sauer. Der Wert kann allerdings etwas schwanken, je nach der Bodenbeschaffenheit. „Vor allem sandige Böden sind von einer Übersäuerung betroffen, weil in ihnen kaum Lehm enthalten ist“, erklären die Experten der Arbeitsgruppe „Anbausysteme Feld“ vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ). Und wenn der pH-Wert bei sandigen Böden unter 5,5 liege, werde es bedenklich.
Als Folge können Nährstoffe wie Kalium, Magnesium und Phosphor, die im Erdreich eigentlich vorhanden sind, von den Pflanzen nicht aufgenommen werden. Je saurer der Boden, umso schlechter für die Pflanzen.
Kalk hebt den pH-Wert an
Leidet Ihr Garten unter einem zu sauren Boden, können Sie mit Kalk gegensteuern. Denn dieser bindet die Säure in der Erde, macht Nährstoffe wieder zugänglich und verbessert allgemein die Bodenstruktur. War die Erde zuvor verhärtet und verkrustet, wird sie nach einer Kalk-Zugabe wieder locker, krümelig und fruchtbar.
Kalk schützt vor Pflanzenkrankheiten
Ist der Boden ausreichend mit Kalk versorgt, kann das zudem Pflanzenkrankheiten vorbeugen und das Wachstum von Gemüse ankurbeln. Die Experten des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) nennen als Beispiel kohlartige Pflanzen. Dazu zählen sie zum Beispiel Kohlrabi, Wirsing, Blumenkohl, Weißkohl, Rotkohl und Rosenkohl. „Auf sauren Böden leiden Kohlpflanzen oft unter der Krankheit Kohlhernie. Der Boden sollte auch gut mit Kalium versorgt sein“, erklären die Experten des FiBL. „Ausreichend versorgte Pflanzen können das Gießwasser effizienter nutzen.“
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Zu viel des Guten kann jedoch dem Boden schaden
Der Haken: Durch Kalk werden zwar Nährstoffe im Boden freigesetzt. Zu viel des Guten kann aber nach hinten losgehen. Dann geht es mit den Nährstoffen abwärts, und zwar in tiefere Bodenschichten und ins Grundwasser. Wird die falsch behandelte Erde dann nicht ausreichend mit Kompost oder Mist versorgt, laugt sie aus und wird unfruchtbar.
Die Experten vom IGZ: „Wenn weit mehr als die empfohlene Menge reiner Kalk gegeben wurde und der pH-Wert über dem neutralen Wert bei 7 liegt, können wichtige Pflanzennährstoffe wie zum Beispiel Phosphat im Boden immobilisiert werden. Zudem reagieren viele Gemüse- und Obstarten mit deutlich reduziertem Wachstum.
Wie viel Kalk muss man im Garten einsetzen?
Ob und wie viel Kalk Sie verwenden müssen, hängt von der Bodenbeschaffenheit ab. Diese wird durch eine Bodenuntersuchung bestimmt. Dabei wird auch der pH-Wert ermittelt. Idealerweise liegt er zwischen sechs und sieben. Allgemein gilt: Handelt es sich um einen leichten, sandigen Boden, sollte der Wert etwas niedriger liegen als bei einem schweren Boden mit hohem Tonanteil.
„Für den kurzzeitigen Effekt kann einige wenige Male reiner Gartenkalk gegeben werden“, so die IGZ-Experten. Sie betonen, dass Hobby-Gärtner dabei auf die vom Hersteller empfohlene Höchstmenge achten sollten. „Und dies nur so lange, bis der Boden pH-Wert wieder bei etwa 6,5 angelangt ist.“
Um den Boden-pH danach stabil zu halten, empfehlen die Experten weiter, den Boden ausreichend mit Kompost zu versorgen. Experten-Tipp fürs Gemüsebeet: „Wenn mineralische Dünger im Gemüsebau zum Einsatz kommen sollen, dann eignen sich für Sandböden eher nitratbasierte Dünger ohne Ammoniumanteil.“
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Bodenanalyse im Selbsttest oder aus dem Labor
Den pH-Wert können Sie einfach selbst messen. Im Handel gibt es hierfür günstige Bodenanalyse-Sets, die für eine einfache Messung ausreichen. Wollen Sie eine umfangreichere Auswertung, empfiehlt sich jedoch eine professionelle Analyse. Im Labor wird dann neben dem pH-Wert auch die Verdichtung des Bodens gemessen und, ob der Humus-Gehalt zu gering ist oder Nährstoffe fehlen. Dazu zählen Kalzium, Phosphor, Kalium, Magnesium, Kupfer, Eisen, Mangan und Zink. Auch die Dichte an Mikroorganismen gibt Auskunft über die Bodenqualität.
Um eine professionelle Bodenuntersuchung durchführen zu lassen, wenden Sie sich an ein Boden-Labor oder an eine öffentliche Stelle, beispielsweise die Landwirtschaftskammer. Andere Anlaufstellen: Institute, Gärtnereien, Apotheken und Labore. Eine einfache chemische Untersuchung im Labor kostet rund 50 Euro.
Im Herbst und Frühwinter noch den Boden kalken
Der Herbst und der Frühwinter sind eine gute Jahreszeit zum Kalken des Gartens. Regen oder Schnee lösen den Kalk und verteilen ihn gut im Boden. Aber auch im Frühjahr, nachdem Eis und Schnee geschmolzen sind, können Sie müde Gartenerde mit etwas Kalk wieder fit machen.
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Finger weg von Branntkalk
Es gibt verschiedene Arten von Kalk, die unterschiedlich schnell wirken. Branntkalk beispielsweise ist eine aggressive Kalk-Art. Dieser Kalk wird vor allem in der konventionellen Landwirtschaft eingesetzt, weil er schwere Böden schnell aufbessert. Bei der chemischen Reaktion mit Wasser gibt Branntkalk Energie in Form von Hitze ab, schädigt so Pflanzen und tötet Kleinstlebewesen im Boden ab.
Achtung: Ohne Schutzkleidung kann der Einsatz von Branntkalk beim Menschen Verätzungen der Haut verursachen.
Sanfter Düngekalk aus Algenablagerungen
Gesteinsmehl, Kalkmergel und Algenkalk sind die besseren Alternativen im Garten. Im Gegensatz zu Branntkalk wirken diese Kalke langsamer und schonender. Unter vielen Hobbygärtnern gilt Algenkalk als wahres Wundermittel gegen schlaffe Böden. Diese Kalksorte besteht aus Ablagerungen von Rotalgen und enthält rund 80 Prozent kohlensauren Kalk und zusätzlich viele Mineralien und Spurenelemente.
Tipp: Neben der allgemeinen Bodenverbesserung können Sie Algenkalk auch gegen das Triebsterben beim Buchsbaum oder als Mittel gegen den gefürchteten Buchsbaumzünsler einsetzen.
Wie kann man den Boden richtig kalken?
Bevor Sie mit dem Kalken des Gartens beginnen, mähen und vertikutieren Sie Ihren Rasen. Kalk kann ganz schön stauben – vor allem, je feiner er gemahlen ist. Tragen Sie daher Handschuhe und langärmlige Arbeitskleidung, die dreckig werden kann.
Auf kleine Flächen können Sie den Kalk einfach mit der Hand verstreuen. In einem großen Garten ist ein Streuwagen ein nützlicher Helfer – der Kalk verteilt sich gleichmäßiger. Kalken sollten Sie vor einem Regenguss, denn mit der Nässe dringt er schneller in die Erde ein. Ist keine Regenwolke in Sicht, müssen Sie die gekalkte Fläche wässern.
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Wie viel Kalk sollte man auf den Boden streuen?
Letztendlich sollten Sie sich am Ergebnis der Bodenuntersuchung orientieren. Prinzipiell gilt: Zur Bodenverbesserung und zur Düngung reichen 50 bis 100 Gramm Algenkalk pro Quadratmeter Rasen und das einmal im Jahr. Die gleiche Menge gilt auch, wenn Sie den Algenkalk zwischen Gehölzen oder dem Gemüse-, Obst- oder Blumenbeet gleichmäßig verteilen und in die obere Bodenschicht einarbeiten.
Achtung: Moorbeetpflanzen mögen saure Böden und vertragen keinen Kalk. Dazu zählen beispielsweise Rhododendron, Azalee und Torfmyrthe. Und auch Hortensien und Kamelien brauchen eine Erde mit niedrigem pH-Wert.