16. Juli 2023, 12:26 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Nicht jeder hat einen grünen Daumen. Zwei Gartenprofis verraten, wie man lernt, seine Pflanzen immer besser zu verstehen und sie dann intuitiv richtig zu versorgen.
Der Garten ist frisch angelegt. Die Profigärtner mit Bagger und Schubkarren haben sich zurückgezogen. Jetzt wächst der Rasen, Sträucher und Stauden entwickeln sich gut. Doch – was nun? Was ist alles zu tun und was ist gut für die Pflanzen? Wie eignet man sich einen grünen Daumen an?
Ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt entwickeln
Die gute Nachricht: Die Pflanzen zeigen oft an, was sie brauchen. „Pflegen heißt, sich in die Pflanzen hineinversetzen und verstehen“, sagt Anja Maubach, Staudengärtnerin und Gartengestalterin aus Wuppertal. Ihr Rat: sich auf das eigene Bauchgefühl zu verlassen und zugleich sich mit den Pflanzen auseinanderzusetzen. „So lernt man zu erfühlen, ob ein Rückschnitt erforderlich ist oder dicht stehende Pflanzen geteilt werden müssen.“
Ein Beispiel: Im Frühjahr, wenn die Temperaturen steigen, ist es grundsätzlich Zeit für einen Rückschnitt der Stauden. Der exakte Zeitpunkt kann aber abhängig von der Witterung sein. „Die trockenen Triebe und Blätter sind für die Pflanze eine Art Wintermantel. Man spürt, wann es für die Pflanze Zeit wird, diesen wegzuhängen“, sagt Anja Maubach. Beim ersten Mal muss man sich vielleicht einfach trauen, loszulegen. „Jeder Schritt wird zur Erfahrung und führt dazu, dass man sicherer wird“, so die Gartengestalterin Maubach.
Noch ein Beispiel: Ab dem Frühjahr werden die Pflanzen gedüngt. Setzt daraufhin beim Rasen das Wachstum ein und man muss ihn regelmäßig mähen, kann man ihn auch vertikutieren. Dabei wird abgestorbenes oder überflüssiges Material wie Moos zwischen den Gräsern entfernt. Die Maßnahme ist wichtig, sonst verfilzt die Fläche. Ob das Vertikutieren in einem Jahr erneut notwendig ist, kann man sehen: wenn sich so viel Moos gebildet hat, dass die Entwicklung der Gräser gehindert wird.
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Auf Automatisierung verzichten
Im Sommer ist natürlich das Gießen eine Aufgabe. Aber auch hier gilt der Rat: „Das A und O der Gartenpflege besteht darin, mit offenem Auge durch den Garten zu gehen und darin zu leben“, sagt Uschi App, stellvertretende Vorstandsvorsitzende im Verband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau Baden-Württemberg. Weder sie noch Anja Maubach raten daher zur Automatisierung mit einem Bewässerungssystem.
Denn häufig wird laut App dadurch zu viel Wasser verbraucht – und nicht alle Pflanzen profitieren von Bewässerungsanlagen. „Ein Tropfschlauch macht eventuell noch im Staudenbeet Sinn. Aber er versorgt nicht einen großen Baum bis in die tiefen Wurzelschichten“, sagt Uschi App, die Meisterin im Garten- und Landschaftsbau ist. Daher rät Anja Maubach einzugreifen, wenn der Garten die Unterstützung braucht. „Bei anstrengendem Wetter mit hohen Temperaturen umsorgt man die Pflanze mit Wassergaben, damit sie die Kraft hat, sich zu entfalten.“
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Ein bisschen Gärtnerwissen ist natürlich gut
Ganz ohne Gärtnerwissen, das man sich mit der Zeit verschafft, wird man vermutlich aber auch keinen grünen Daumen bekommen. Das zeigt sich am Beispiel Rückschnitt. Laut Gesetz dürfen Sträucher und Hecken vom Frühling bis in den Herbst nicht stark zurückgeschnitten werden, um Vögel und andere in ihnen nistende Tiere zu schützen. Aber: „Die im gleichen Jahr gewachsene Triebe dürfen geschnitten werden“, sagt Uschi App. Man spricht hier auch von einem Formschnitt.
Wenn gegen Ende Juli das Wachstum der Bäume für die Saison beendet ist, können auch sie einen Sommerschnitt bekommen. Dabei wird die Krone ausgelichtet, ohne den Austrieb nochmals anzuregen. Auch einige Stauden vertragen im Sommer einen Rückschnitt, weil sie danach kompakter austreiben und sich ihr Wasserverbrauch senkt. „Die Katzenminze beispielsweise stutzt man nach der ersten Blüte, damit sie auch im Spätsommer die Insekten mit Nahrung versorgt“, so Uschi App. Das gilt auch für Frauenmantel, Blauen Steppensalbei und Storchschnabel.
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Die Tierwelt als Gartenhelfer
Im Herbst können die Stauden noch mal zurückgeschnitten werden. Wobei das eine Tätigkeit ist, die von immer mehr Hobbygärtnern und Profis ins Frühjahr verlegt wird. So bleiben die Samenstände der Stauden als Nahrung für Vögel und die Triebe als Rückzugsraum für Insekten erhalten. Zum grünen Daumen gehört immer auch, das gesamte Öko-System im Blick zu haben – denn wer in seinem Garten Tieren ein Zuhause bietet, bekommt im Gegenzug deren Hilfe: Insekten bestäuben Blüten und Nützlinge halten Schädlinge im Zaum.
Wenn es nicht mehr grün ist: Ob braun gewordene Triebe und Blüten stehen bleiben sollen – da unterscheiden sich die Meinungen vieler Gartenbesitzer. Selbst die beiden Expertinnen definieren einen gepflegten Garten etwas unterschiedlich: „Für mich ist es immer wichtig, dass die Wege sauber sind und man sich gerne auf die Gartenbänke setzt“, sagt Anja Maubach. Uschi App hingegen legt Wert auf sauber abgestochene Rasenkanten und geschnittene Hecken. Staudenbeete dürfen für beide auch mal etwas wilder aussehen. Anja Maubach rät, den eigenen Garten für sich selbst pflegen und stets aus dieser Verantwortung heraus handeln.
mit Material der dpa