5. Juli 2019, 8:50 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Ob auf dem Balkon oder im eigenen Garten: Kräuter lassen sich mit wenig Aufwand selbst anpflanzen. Der Gartenexperte des erfolgreichen ARD-Ratgebers „Haus + Garten“ Dr. Markus Phlippen verrät myHOMEBOOK, wie Sie ein Kräuterbeet selbst anlegen, es optimal pflegen und Kräuter richtig ernten und konservieren.
Kräuter sind für Gartenanfänger ideal
Hobbygärtner aufgepasst: Wer bisher noch vom grünen Daumen träumt, sich aber dennoch ans Anlegen von Kräuterbeeten und Blumenkästen wagen möchte, darf mit dem Anbau von Basilikum, Petersilie und Co. liebäugeln. „Allgemein brauchen Kräuter weniger Pflege als etwa üppige Balkonblumen. Viele Kräuter sind daher für Gartenanfänger ein guter Einstieg“, empfiehlt der Gartenexperte und Buchautor Dr. Markus Phlippen im Interview mit myHOMEBOOK. Dabei kämen besonders die mediterranen Kräuter, wie Thymian, Rosmarin, Salbei, Oregano, Lavendel oder Majoran, mit wenig Aufmerksamkeit aus. Auch Dünger bräuchten Kräuter eher weniger, denn:
„Je gedrungener Kräuter wachsen, desto höher ist die Konzentration an ätherischen Ölen, Bitterstoffen und weiteren Geschmacksstoffen. Das macht sie besonders aromatisch und wertvoll. In normalen Gartenböden sind Minze, Melisse und Oregano sehr leicht zu halten.“
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Auf den richtigen Standort achten
Bevor es jedoch ans Pflanzen geht, steht die Standortsuche an. Der Expertenrat: „Wählen Sie den sonnigsten Platz im Garten für Ihr Kräuterbeet aus.“ Auch den Sonnenverlauf sollten Sie berücksichtigen und verschiedene Standorte von sonnig bis halbsonnig einplanen. Der Boden darf ruhig magerer als im restlichen Garten sein. Kräuter können dabei drei groben Standorten zugeteilt werden:
- Sehr sonnig mögen es alle mediterranen Kräuter (Rosmarin, Salbei, Thymian). Der Boden für diese Kräuter sollte durchlässig sein. Empfehlenswert ist eine Mischung aus normaler Gartenerde und mineralischem Substrat (Lava-Granulat, Splitt).
- Die zweite Gruppe benötigt einen frischen Boden, d. h. ein Boden mit gleichmäßiger Feuchtigkeit mit viel Sonne bis Halbschatten. Diese Bedingungen sind beispielsweise für Schnittlauch, Petersilie und Estragon ideal.
- Feuchtigkeitsliebhaber, wie Minze, Wasserminze und Brunnenkresse, benötigen einen feuchten Standort. Sie können sogar am Teichrand wachsen.
Auswählen können Sie indes auch zwischen den verschiedensten Arrangements, denn Kräutergarten ist nicht gleich Kräutergarten. Wie wäre es mit einem aus Klöstern bekanntem Heilkräutergarten? Einem Naturgarten mit verwunschenen Wegen und ausgesuchten Findlingen oder einer Kräuterspirale? Für den Bau einer solchen empfiehlt der Gartenexperte, mindestens drei Meter im Durchmesser einzuplanen.
So legen Sie Ihre Kräuterspirale an
Idealerweise kombinieren Sie die vielfältigen Ansprüche der Pflanzen mit einer Kräuterspirale: „Dieses spezielle Hügelbeet hat auf dem Hügel die Sonnenplätze für die mediterranen Kräuter. In der abfallenden Spirale sind die ´normalen´ Kräuter gepflanzt. Am Fuß ist ein kleiner Teich, an dessen Rand die Feuchtigkeitsliebhaber wachsen“, schlägt Dr. Markus Phlippen vor.
Der Experte rät, am Fuße der Kräuterspirale einen kleinen Teich einzuplanen, der nach Süden ausgerichtet ist. Von hier erstreckt sich eine gewundene Mauer einen kleinen Hügel hinauf bis ins Zentrum der Spirale. Dieser sollte mindestens einen Meter hoch sein. So ergeben sich auf kleinem Raum verschiedene Standorte für verschiedene Kräuter. Am Teich können Sie Feuchtigkeit liebende Kräuter platzieren. In der Mitte dürften sich Kräuter mit gemäßigten Ansprüchen (Petersilie, Liebstöckel, Melisse) wohlfühlen. An der Spitze der Kräuterspirale reihen sich Sonnenanbeter, wie Rosmarin, Salbei und Thymian, ein.
Der Expertentipp:
„Neben der räumlichen Anordnung der verschiedenen Standorte ist es wichtig, die Erde nach oben zum Berg hin langsam abzumagern, etwa mit Lavasplitt. Auf diese Weise verändert sich der Boden von unten nach oben immer mehr in Richtung mineralistisch (steinig).“
Wie Sie Kräuter auf dem Balkon anpflanzen
Auch ohne eigenen Garten können Sie Kräuter auf Ihrem Balkon anpflanzen. Wichtig ist hierbei, dass Sie bei der Topfkultur die Erde entsprechend anpassen.
- Kräuter mit hohem Wasserbedarf (z. B. Basilikum) benötigen eine wasserspeichernde Erde (Balkonblumenerde).
- Mediterrane Kräuter freuen sich auch im Topf über ein mineralistischeres Substrat (Kübelpflanzenerde).
- Versuchen Sie, auf dem Balkon verschiedene Mikrostandorte mit mehr oder weniger Licht bzw. Schatten zu schaffen. Für wenig Platz gibt es sogenannte Kräuterregale (Kräuterleitern), die mehrere Standorte anbieten. Diese sind eine balkontaugliche Alternative zur Kräuterspirale im Garten. Auch hängende Kräutertöpfe sind eine platzsparende Alternative für kleine Balkone.
- Unbedingt für Windschutz sorgen! Zu starker Wind schadet den Kräutern.
- Regelmäßig gießen! Kräuter im Topf müssen öfter gegossen werden, als Kräuter im Beet.
Diese Pflanzen gehören in Ihren Kräutergarten
Die Auswahl der passenden Kräuter ist wortwörtlich reine Geschmacksache. Der promovierte Biologe rät, sich von seinen „persönlichen Vorlieben“ leiten zu lassen: „Die Kräuterwelt ist ja gerade deshalb so vielfältig, weil es unglaublich viele verschiedene Aromakompositionen gibt, die zu bestimmten Gerichten passen.“ Vielfältig einsetzen lassen sich beispielsweise Schnittlauch und Petersilie. Die beiden Kräuter sind ideal für Salate und gekochte Gerichte. In der mediterranen Küche sind Oregano und Thymian unverzichtbar. Auch entsprechend der regionalen Küche gäbe es große Unterschiede. So gelte beispielsweise Kümmel in bayerischen Gärten als unverzichtbar.
Für eine Grundausstattung empfiehlt er Petersilie, Schnittlauch, Estragon, Oregano und Zitronenmelisse als Kräuter für halbschattige bis sonnige Standorte und normalfeuchten Boden. Minze sei für den etwas feuchteren Boden mit Halbschatten ideal. Thymian, Rosmarin und Salbei gedeihen gut an sonnigen, trockeneren Standorten. Basilikum gehört ebenso ins Kräuterbeet. Dieser solle jedoch erst ab Mitte Mai nach draußen gesetzt werden.
Kräuter selbst ziehen oder lieber Pflanzen kaufen?
Vor allem Ungeübten empfiehlt Dr. Markus Phlippen, mit vorgezogenen Kräutern zu starten, um Ihr erstes Kräuterbeet anzulegen. Diese seien bereits kräftig und kommen mit den neuen Standortbedingungen leichter klar. „Kräuter auszusäen bedeutet viel mehr Arbeitsschritte und Aufmerksamkeit. Außerdem dauert es wesentlich länger, bis man ernten kann. Seltene Kräuter bekommt man allerdings häufig nur als Saatgut,“ gibt der Gartenexperte zu bedenken.
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Grüne-Daumen-Tipps fürs Kräuterbeet
- Ernte/Rückschnitt: Allgemein sollten Kräuter häufig geerntet werden und nicht zur Blüte kommen. Dies ist gleichzeitig ein Rückschnitt. Mediterrane Kräuter sind häufig Halbsträucher. Sie sollten zum Anfang der Saison (März) mindestens um ein Drittel zurückgeschnitten werden, damit sie nicht verkahlen.
- Dünger: Die meisten Kräuter sind Schwachzehrer und brauchen keinen zusätzlichen Dünger. Kräuter sollen nicht „ins Kraut schießen“, so bleibt der Aromagehalt möglichst konzentriert.
- Gießen: Das Gießverhalten hängt von der Witterung und vom Boden ab, also ob er schnell oder langsam austrocknet. Regel: Wenn es die ganze Woche nicht geregnet hat, gießen Sie ca. jeden dritten Tag. Allgemein sind Kräuter pflegeleichter als viele andere Pflanzen. Ausnahme: Basilikum braucht sehr viel Wasser, da es auch viel verdunstet. Minzen sollten generell an einem feuchteren Standort stehen.
- Überwintern: Winterharte Kräuter können mit Tannenreisig vor Kahlfrösten geschützt werden. Kräuter in Töpfen und Kübeln müssen vor Frost an einem hellen, frostfreien Ort (Gewächshaus, Treppenhaus, Garage mit Fenster) überwintert werden. Dies lohnt sich aber nur, wenn Sie nicht in der nächsten Saison mit neuen Kräutern starten möchten. Basilikum verträgt keine Temperaturen unter 10 Grad.
Richtig ernten und konservieren
„Je öfter, desto besser!“, lautet die Faustregel des Gartenexperten. Ernten Sie häufig ihr Kräuterbeet ab, wachsen immer wieder frische Blätter nach und die Pflanzen bleiben kompakt. Zudem sollten die Kräuter nicht zur Blüte kommen, da sich sonst ihr Aroma verändert. Seine Empfehlung:
„Ernten Sie immer mit einer sauberen, scharfen Schere, damit sich glatte Schnitte ergeben, die an der Pflanze schnell abheilen. Ernten Sie morgens, da dann der Aromagehalt am höchsten ist.“
Ihre geernteten Kräuter können Sie auf vielfältigste Weise konservieren. Kräuter mit holzigen Stängeln und hartem Laub lassen sich gut bündeln, zusammenbinden und an einem schattigen, warmen, luftigen Ort trocknen. Diese Methode ist beispielsweise ideal für Salbei, Oregano, Thymian und Rosmarin. Ein weiterer Tipp des Gartenexperten: Stellen Sie Kräutersalze her. Weiche Blätter, wie von Bärlauch oder Basilikum, verarbeiten Sie dagegen immer frisch oder konservieren sie in Öl oder als Pesto. Klassiker wie Petersilie, Kerbel und Schnittlauch lassen sich auch gut hacken und einfrieren.
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Schädlinge vom Kräuterbeet fernhalten und Nützlinge anlocken
Kräuter gehören ohne Frage ins Gewürzregal und die Hausapotheke. Doch wussten Sie schon, dass die heilsamen Gewächse auch auf ganz natürliche Weise Schädlinge in Ihrem Garten abwehren und sich positiv auf das Ökosystem Garten auswirken?
„Ein gewisser Erfolg ist immer dann zu beobachten, wenn Sie möglichst viele Kulturen im Garten mischen. Klassiker: Möhren mit Schnittlauch zur Abwehr der Möhrenfliege kombinieren oder Rosen mit Lavendel. Die Abwehr besteht darin, dass die ätherischen Öle der Kräuter die Sinne der Schädlinge verwirren und sie deshalb ihre Fraßpflanzen schlechter finden. Allerdings fällt keine Laus tot vom Stängel, nur weil in ihrer Nähe ein besonderes Kraut steht. Mit vielen verschiedenen Kräutern im Garten unterstützen Sie aber das gesamte Ökosystem Garten, sodass es stabiler gegen Plagen jeder Art wird“, weiß der Gartenexperte.
Auch der umgekehrte Fall ist möglich. So lassen sich nicht nur Schädlinge abwehren, sondern auch Nützlinge anlocken. „Vor allem mediterrane Kräuter, wie Oregano, Lavendel, Rosmarin und Salbei, sind als Vertreter der Lippenblütler geradezu ein Magnet für Bienen, Hummeln und Falter.“
Sein Tipp: „Pflanzen Sie ruhig mehrere Exemplare und lassen einige Pflanzen zur Blüte kommen, damit das Nektarangebot steigt. Mehr Insekten locken auch mehr Vögel an, die wiederum Schädlinge fressen. Kohlmeisen untersuchen geradezu akribisch Kübelpflanzen nach Blattläusen. Wildbienen sind unerlässlich für die Bestäubung der Blüten, ohne die wir keine Früchte ernten könnten. Kräuter sollten also unbedingt zum Grundgerüst eines Gartens gehören. Sie sind den Wildarten sehr nahe und haben deshalb einen hohen ökologischen Wert.“
Das Buch von Dr. Markus Phlippen: Gemüse und Kräuter im Garten. Naturnah gärtnern – alles, was man als Selbstversorger wissen muss (ISBN 978-3-95453-153-0) ist im Februar 2019 im Becker Jost Volk Verlag erschienen und für 39,90 € erhältlich.