31. Mai 2019, 10:22 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Unter unseren Füßen tobt das Leben! Billionen von Bakterien, Organismen und Kleinstlebewesen bevölkern ein Gramm Erde. Nicht immer geht es zwischen ihnen friedlich zu. Dennoch: Die kleinen Organismen sind wichtig für die Bodenqualität, leben mit Pflanzen in Symbiose. myHOMEBOOK stellt die wichtigsten Bewohner vor.
Alles fließt! Das sagte einst der griechische Philosoph Heraklit. Doch eigentlich muss es heißen: Alles kriecht! Und krabbelt. Und zwar unter unseren Füßen im Erdboden. Kleinstlebewesen und Mikroorganismen halten die Erde sauber, bieten Nahrung und helfen bei der Kommunikation zwischen Bäumen und anderen Pflanzen. Ein faszinierender Kosmos tummelt sich in der Erde, vor allem in den obersten 30 Zentimetern. Eine gute Bodenpflege ist das A und O – auch für jeden lebendigen Garten!
Pflanzenwurzeln, die große Masse
Pflanzenwurzeln sind die größte Biomasse im Erdreich. Sie fördern für die Pflanze lebenswichtige Nährstoffe, Wasser und Mineralien aus der Erde. Die Aufnahme geschieht über die Wurzeloberfläche. Je mehr Wurzeln, desto größer deren Oberfläche. Daher gibt es so viel davon. An die Wurzeln heften sich Mikroben. Die sind so wichtig für die Pflanze wie Bakterien für unseren Darm. Pflanzen können mithilfe ihres Stoffwechsels steuern, dass nur für sie nützliche Mikroben angelockt werden.
Pilze vernetzen und zersetzen
Nicht Tier, nicht Pflanze: Pilze sind eine eigenständige Lebensform. Für den Menschen sind sie mal nützlich, mal schädlich. Doch sie sind ein Wunderwerk der Natur. Anders als Pflanzen können sie keine Fotosynthese bilden, ernähren sich, indem sie alles mögliche zersetzen. Die Betonung liegt auf „alles“: Forscher fanden heraus, dass eine Pilzart sogar Steine oder Plastik zersetzt. Pilze werden auch dazu eingesetzt, verseuchte Böden zu reinigen. Denn sogar Schadstoffe dienen ihnen als Nahrung.
Pilze gehen mit vielen Baumarten Symbiosen ein. Die Pflanzenwurzeln geben ihnen Zucker, die Pilze wiederum liefern den Wurzeln Nährstoffe und schützen sie vor Schädlingen. Was wir Pilz nennen, ist nur der sichtbare Teil an der Oberfläche. Im Erdreich befindet sich der größte Teil eines Pilzorganismus in Form eines Geflechts aus Fäden. Solch ein Pilzgeflecht zieht sich teilweise kilometerweit durch den Erdboden und oftmals als Datenautobahn für Pflanzen. Dabei verbinden sich einzelne Pilzfäden mit den Pflanzenwurzeln. Über das Geflecht können dann Botenstoffe ausgetauscht werden. Bäume warnen sich so vor Angriffen durch Schädlinge, Tomatenpflanzen untereinander vor Mehltau!
Mikroben danken mit Waldduft
Die Kleinstlebewesen kann man mit dem bloßen Auge nicht erkennen. Zu den Mikroben zählt man unter anderem Bakterien oder auch Hefepilze. Das Bakterium Streptomyceten kommt besonders oft im Erdboden vor, vor allem im Kompost und Humus. Warum? Die Mikrobe zersetzt sonst schwer zu verarbeitende Zellulose aus Holz. Aber auch Pflanzenfasern oder beispielsweise Chinin von Insektenpanzern stehen auf ihrem Speiseplan. So recycelt das Kleinstlebewesen auf natürliche Weise den Erdboden.
Faszinierend: Jeder kennt den Duft frischen Waldbodens. Verantwortlich dafür ist Streptomyceten! Die Mikrobe des Jahres 2016 wird auch zur Krebstherapie eingesetzt, sie kann das Wachstum von Tumoren hemmen.
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Würmer helfen bei Hochwasser
Schönheit hin oder her – Würmer sind äußerst wichtig für einen fruchtbaren Boden. Die wirbellosen Tiere sind wahre Bioreaktoren, denn sie fressen so gut wie alles. Und immer kommt hinten Erde raus. Sie wühlen sich durch den Erdboden, wodurch sie ihn lüften. Dadurch kann der Boden mehr Wasser aufnehmen – ein natürlicher Schutz vor Hochwasser!
Forscher haben nachgezählt: In Deutschland gibt es 46 verschiedene Wurm-Arten, die meisten sind sehr selten. Laut der Zählung kommen übrigens mehr in Süddeutschland als im Norden vor. Doch viele Wurm-Experten sorgen sich um die Bestände. Vor allem in der kommerziellen Landwirtschaft gibt ein Quadratmeter Ackerboden höchstens 30 Regenwürmer her. Ein Öko-Acker beheimatet hingegen bis zu 450 Würmer pro Quadratmeter.
Warum ist das so? Dünger und Pestizide machen dem Regenwurm zu schaffen. Es klingt wie ein Horrorfilm: Laut WWF verhungern die Tiere wegen der Monokulturen auf deutschen Äckern, sie werden durch Ammoniak verätzt, durch Bodenbearbeitung zerschnitten. Glyphosat macht sie zudem unfruchtbar.
Neben Regenwürmern gibt es aber noch viele andere Wurm-Arten, die teilweise mit einer ganz anderen Art von Horror zu tun haben. So beispielsweise der Fadenwurm:
Fadenwürmer gibt es quasi wie Sand am Meer. Und tatsächlich sind sie nicht nur zahlreich im Erdboden vorhanden, sondern auch im Meer. Es gibt Pilze, die Fadenwürmer fressen. Dazu formen sie mit ihren Pilzfäden eine Art Lasso, halten damit den Wurm fest. Anschließend kriecht der Pilz ins Innere des Wurms und frisst ihn auf.
Doch nicht alles unter der Erde ist Horror. Klar, Fressen und gefressen werden – das ist der Lauf der Natur. Dennoch leben viele verschiedene Arten miteinander in Symbiose und helfen sich gegenseitig. Das Wunderwerk Erdboden ist fein abgestimmt. Je lebendiger es ist, desto fruchtbarer die Erde!