15. Januar 2020, 11:34 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Misteln breiten sich rasant in den Wäldern aus. Die halbschmarotzende Pflanze entzieht den Bäumen Wasser und Lebenskraft. Äste brechen unter der Last, befallene Bäume sterben ab. Für Hobbygärtner besonders schmerzhaft: Stark betroffen sind Apfelbäume und neuerdings auch Birnbäume, die bisher als resistent galten. myHOMEBOOK erklärt, wie man Obstbäume von Misteln befreit.
Misteln sind geschützte Pflanzen – wer sie vom Baum entfernt, kassiert ein saftiges Bußgeld. Das glauben viele Hobbygärtner und lassen die Pflanzen deshalb lieber an den Ästen hängen. Doch dies ist ein weit verbreiteter Irrtum! Lediglich in Schleswig-Holstein gelten Misteln als bedroht und das nur, weil die Daten veraltet sind.
Umweltschützer, Förster und Waldbesitzer sind besorgt
Nun schlagen selbst Umweltschützer Alarm. Denn die halbschmarotzende Pflanze breitet sich seit geraumer Zeit rasant in Deutschland und Mitteleuropa aus. Zuallermeist sind Streuobstwiesen betroffen, im Saarland und in Rheinland-Pfalz sind laut Naturschutzbund (Nabu) ganze Regionen an Streuobstbeständen von den dort ansässigen Obstbauern aufgegeben worden.
Aber auch immer mehr Förster und Waldbesitzer melden in letzter Zeit verheerende Schäden durch die sich stark vermehrenden Misteln – eine weitere Gefahr für die geschwächten Wälder. So ist laut einem Bericht des SWR in Württemberg jede fünfte Tanne von Misteln befallen und in Rheinland-Pfalz über die Hälfte aller Kiefern.
Was macht Misteln so gefährlich?
Halbschmarotzend – das klingt schon fies. Und das ist es auch. Zwar können Misteln Fotosynthese betreiben, sie brauchen aber Wasser und Nährstoffe – beides holen sie sich über die befallenen Bäume. Dazu bohren die Baumparasiten die Äste bis zu deren Nährstoffadern an, unterwandern und beschädigen dabei das Holz und verbreiten sich über den gesamten Baum. Folge: Befallene Stellen trocknen aus, Äste brechen unter der Last ab, der Baum stirbt.
Was kann man gegen die Ausbreitung tun?
Bei sehr hochgewachsenen Waldbäumen, die von Misteln befallen sind, bleibt Förstern meist nur das Fällen. Hobbygärtner hingegen müssen meist nicht ganz so rabiat vorgehen. Hier reicht in der Regel das Beschneiden des Gehölzes.
Laut Nabu sind der Spätwinter und das Frühjahr dafür geeignete Zeitpunkte. Sind Äste von Misteln befallen, müssen diese abgesägt werden. Und zwar komplett und bis zu 50 Zentimeter in das noch gesunde Holz. So lässt sich die Ausbreitung des Baumparasiten in der Regel stoppen. Immerhin: Fällen muss man einen Obstbaum nur selten.
Kann man den Ast nicht absägen, sollte man die Mistelzweige und Büschel mitsamt der Beeren abbrechen. Ganz verschwindet der Halbschmarotzer auf diese Weise zwar nicht, alle zwei Jahre muss die Pflanze erneut entfernt werden. Zumindest wird so aber die Verbreitung der Mistel eingedämmt. Erst nach vier Jahren bildet diese erneut Beeren, über die die Pflanze vermehrt wird.
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Wie verbreiten sich Misteln eigentlich?
Über Vögel, die die Beeren der Misteln fressen und den darin enthaltenen Samen ausscheiden. Die Mistel bedient sich dabei eines im Grunde genialen Tricks: Die Vögel, die sich von den Beeren ernähren, erzeugen einen besonders klebrigen Darminhalt, mit dem die Samen fadenförmig geradezu herausgeschossen werden. Dabei verfängt sich beides an benachbarten Ästen, wo die Mistel dann erneut ansiedelt.
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Waren Misteln immer schon gefährlich?
Nein. Lange Zeit stellten Misteln kaum ein Problem dar. Im Gegenteil, vielen Vogelarten bieten die Beeren Nahrung im Winter. Erst durch die massive Ausbreitung kommen viele Bäume, die durch Dürresommer und Parasitenbefall eh schon gestresst sind, mit der Flut an Misteln nicht mehr zurecht. Experten vermuten einen Zusammenhang zwischen überdüngten Ackerböden, dem Klimawandel und zunehmendem Wachstum der Misteln.
Übrigens: Misteln haben aber auch eine gute Seite. Wirkstoffe der Pflanze finden Verwendung in der Pharmazie. Beispielsweise für Krebsmedikamente, Medikamente gegen Arteriosklerose, aber auch gegen Bluthochdruck.