11. September 2019, 15:10 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Dass sich der Mond auf die Gezeiten auswirkt, ist allseits bekannt. Aber dem Himmelskörper werden auch Einflüsse zugeschrieben, die auf den ersten Blick eher unglaubwürdig klingen – wie beim Mondholz. Dieses wird nur zu bestimmten Mondphasen geschlagen und soll besonders robust sein. Kann das stimmen? myHOMEBOOK erklärt, was dahintersteckt.
Seit jeher fasziniert der Mond die Menschen, wenn sie in den Nachthimmel blicken. Manche glauben, dass er sich auf die Geburtenrate auswirkt und mehr Kinder bei Vollmond geboren werden. Auch spezielle Kalender richten sich nach ihm. Und auch Holz, zu einem bestimmten Zeitpunkt geschlagen, soll besonders robust, schwindarm und widerstandsfähig gegen Schädlingsbefall sein. Manche gehen sogar soweit und sagen, dass Mondholz nicht brennbar sei. Das einzige Problem: Bisher gibt es keine wissenschaftlich fundierten Hinweise darauf, dass Mondholz in dieser Form tatsächlich existiert und andere Merkmale besitzt als ganz normales Holz.
Wann wird Mondholz geschlagen?
Die jahrhundertealte Technik beruft sich auf regionales und traditionelles Handwerk und ist vor allem im süddeutschen Raum sowie in Österreich bekannt. Da sich der Zeitpunkt nach dem forstwirtschaftlichen Mondkalender richtet, der jedes Jahr neu erstellt wird, gibt es für Mondholz keinen definierten Fälltermin. Anfang März soll beispielsweise ein geeigneter Zeitraum sein, ebenso an Weihnachten und bei abnehmendem Mond kurz vor Neumond. Zudem sollen die Bäume vorwiegend nachts und in Handarbeit geschlagen werden.
„Zwischen Oktober und Dezember ist ein guter Zeitpunkt,“ erklärt Adrian Schuster von der Firma Schuster-Holz-Team GmbH. Das Unternehmen bietet auch Mondholz im Sortiment an. „Dann ist der Baum wegen der Saftruhe am ruhigsten und kann sich wieder besser vom Fällschock erholen“, so der Holzexperte. Danach wird das Holz noch zwei bis drei Monate im Wald liegen gelassen, bevor es für mindestens zwei Jahre luftgetrocknet wird. Erst danach kommt es in den Verkauf.
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Diese Eigenschaften soll Mondholz haben
Holz ist ein beliebter Rohstoff, hat aber auch seine Nachteile: Es kann brennen, sich verformen, reißen und wird von Schädlingen befallen. All diese negativen Eigenschaften sollen bei Mondholz nicht vorkommen. „Mondholz hat weniger Spannungen im Holz, enthält weniger Wasser, ist widerstandsfähiger und lässt sich gut verarbeiten. Es soll auch nicht so gut brennen,“ erklärt Jens Düring vom Bund Deutscher Forstleute (BDF).
Diese Merkmale werden Mondholz zugeschrieben:
- witterungsbeständig
- schwindarm
- trocken
- rissfrei
- resistent gegen Fäulnis und Insektenbefall
Das Mondholz soll sogar so feuerfest sein, dass Bauern früher ihre Kamine damit auskleideten. Diese Kamine gibt es tatsächlich, aber auch hier ist nicht wissenschaftlich bewiesen, ob das Holz wirklich bei abnehmendem Mond geschlagen wurde. „Dem Mondholz wird viel nachgesagt“, sagt Schuster und verweist auf die Schimmelresistenz. „Auch wir sprechen ihm viele positive Eigenschaften zu“. Zudem dünste das Holz keinerlei Schadstoffe aus, da es nicht chemisch behandelt ist. Deswegen komme Mondholz auch oft bei Schlafzimmermöbeln zum Einsatz.
Mondholz: Was sagt die Forschung?
Schon seit langer Zeit versuchen Wissenschaftler Möglichkeiten zu finden, den Mythos um das Mondholz zu widerlegen – oder zu bekräftigen. Viele Annahmen berufen sich auf die Tatsache, dass der Mond das Leben auf der Erde und damit auch den Holzwuchs beeinflusst. Bereits Henri Louis Duhamel du Monceau, Begründer der modernen Forstbotanik, kam im Rahmen einer Studie zwischen 1732 und 1736 zu dem Ergebnis, dass im abnehmendem Mond geschlagenes Holz keine längere Haltbarkeit habe als „normales“ Holz. „Es gab wissenschaftliche Versuche, die aber zum Ergebnis hatten, dass es keine Unterschiede zu anderem „normalem“ Holz gibt“, meint auch Düring. „Also ähnlich wie bei Homöopathie“, ergänzt der Forstexperte.
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Auch aktuelle Untersuchungen, beispielsweise an der TU Dresden, kamen zu einem ähnlichen Ergebnis. Mondholz besitze keine nachgewiesenen außergewöhnlichen biologischen oder physikalischen Eigenheiten. Also doch alles nur ein Mythos?
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Mondholz als Verkaufsargument?
Hinter Mondholz steckt neben Volksglauben nicht zuletzt auch wirtschaftliches Interesse. Vor allem in Zeiten von Massenproduktion soll Mondholz das Bedürfnis nach einem „echten“ und möglichst naturbelassenem Rohstoff bedienen. Tatsächlich ist Mondholz im Handel bis zu 30 Prozent teurer als das übliche Baumaterial. „Man kann Mondholz für mehr Geld verkaufen“, meint auch Düring. „Aber der Mehraufwand für den Holzeinschlag etc. frisst die Mehreinnahmen auf. Es ist eine winzige Nische, die einzelne, überwiegend Privatwaldbesitzer, bedienen.“
In dieser Nische bewegt sich auch Schuster: „Mondholz ist für uns auch ein Verkaufsargument und ein wichtiger Begriff. Natürlich spielt dabei auch der Glaube daran und der Volksmund eine Rolle.“ Dabei verweist der Holzprofi auch auf die schonende Verarbeitung und lange Lufttrocknung. „Der Baum bleibt Baum“, ergänzt er. Der ursprüngliche Einfluss des Mondes sei dabei nur einer von vielen Faktoren bei der Holzherstellung.
Diese Meinung teilt auch Anja Nitsche vom Gesamtverband Deutscher Holzhandel e.V.: „Fakt ist, dass Bäume innerhalb der Mondzyklen auch Schwankungen im Wassergehalt haben. Dies kann von Vorteil bei der späteren Trocknung etc. sein. Eine plausible Expertenmeinung ist die, dass für das Mondphasenholz besonderer Aufwand bei Holzauswahl und Ernteprozess betrieben wird, der dann auch in einer besseren Holzqualität endet“, so die Nitsche. „Insofern ist das Mondphasenholz oft von besserer Qualität, was aber nicht an der Mondphase, sondern an den erhöhten Maßnahmen zur Qualität liegt.“ Und dieser Mehraufwand werde von Kunden auch geschätzt.
myHOMEBOOK meint:
„Mythos oder Wahrheit – beim Mondholz scheiden sich die Geister. Doch auch, wenn es keine wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, sollte man nicht vorschnell urteilen. Denn auch die Gegenbeweise lassen auf sich warten. Auch die positiven Auswirkungen von Naturheilkunde und Astrologie sind streitbar, dennoch haben sie zahlreiche Anhänger und Befürworter, die darauf schwören, von ihnen positiv beeinflusst zu werden. Und letztlich ist es wie mit Vielem im Leben: Nur wenn man daran glaubt, spürt man auch positive Auswirkungen.
Aber lassen wir mal den Hokuspokus außen vor: Eine schonende und nachhaltige Verarbeitungsweise des so gleichermaßen beliebten wie bedrohten Rohstoffs Holz ist heute wichtiger denn je.“