14. März 2024, 12:48 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Im Frühling erwacht die Natur: An den Sträuchern sieht man die ersten Blätter und Blüten, im Unterlaub tummeln sich die Insekten und Spinnentiere. Unter ihnen ist auch der Ölkäfer. Ein ganz besonderer Käfer, denn er ist der einzige in Deutschland, der giftig ist.
Wenn man an giftige Tiere denkt, fallen den meisten als erstes Schlangen oder vielleicht auch Quallen ein. An einen kleinen, blauen Käfer denkt man vermutlich weniger. Dass dieser besagte Käfer in Deutschland vorkommt, wird viele vielleicht noch mehr überraschen. Die Rede ist vom Ölkäfer, auch Maiwurm genannt. Ein Grund zur Panik sei wegen des Käfers jedoch nicht gegeben, erklärt der Naturschutzbund (Nabu) gegenüber myHOMEBOOK.
Warum der Ölkäfer nicht gefährlich ist
Ölkäfer verdanken ihrem Namen der Tatsache, dass sie ein giftiges, öliges Sekret bei Gefahr durch Fressfeinde ausscheiden. Es schützt sie etwa vor Ameisen oder Laufkäfern. Das Sekret ist gelblich und tritt an den Beingelenken der Ölkäfer aus. Es enthält den Hauptwirkstoff Cantharidin. Bei Hautkontakt kann das Gift Rötungen und Bläschen auslösen. Gerät das Sekret ins Auge, sorgt es für Schmerzen und Schwellungen.
Sollte man einen Ölkäfer verschlucken, kann das laut der Giftinformationszentrale Erfurt zu Magen-Darm-Beschwerden, Nierenschädigungen bis hin zu Nierenversagen führen. Auch eine Störung der Blutgerinnung sowie Kreislaufstörungen und im schlimmsten Fall Herz-Kreislauf-Versagen sind möglich.
Und trotzdem gibt der Naturschutzbund Entwarnung. „Der Ölkäfer ist nicht gefährlich, aber sehr wohl giftig“, erklärt der Nabu gegenüber myHOMEBOOK. „Wenn Sie ihn in Ruhe lassen, kann überhaupt nichts passieren. (…) Tödlich wirkt das Gift, wenn man einen Käfer verspeisen würde. Aber wer will das schon?“
Medienaufmerksamkeit um Ölkäfer unbegründet
Aus der Sicht des Naturschutzbundes wird in der Öffentlichkeit übertrieben, was den Ölkäfer angeht: „Die Medienaufmerksamkeit und die Panik zum Ölkäfer letztes Jahr war völlig übertrieben“, betont Dr. Laura Breitkreuz, Referentin für Biodiversität und Entomologie beim Nabu. Der Käfer sei giftig, ja, allerdings passiert bei einfachem Kontakt noch nichts. Bisher seien keine tödlichen Zwischenfälle bekannt.
Sie rät dazu, Kindern zu erklären, dass man keine Insekten in den Mund stecken soll. „Man kann Gegenden, in denen Ölkäfer gesichtet wurden, zur Vorsorge für ein paar Wochen vermeiden“, so Breitkreuz. Die Ölkäfersaison sei nur sehr kurz.
Schwarzblauer Ölkäfer wird als gefährdet eingestuft
Außerdem erinnert der Nabu daran, dass der Ölkäfer in Mitteleuropa heimisch ist und hier schon immer lebt. „Er ist weder neu noch breitet er sich stark aus, wie oft behauptet wird. Im Gegenteil – er ist in seinem Bestand gefährdet und steht auf der Roten Liste“, erklärt Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
2023 wurde der Ölkäfer besonders häufig gefunden. Breitkreuz weiß, dass das jedoch wenig mit einer Erholung des Bestands zu tun habe. „Die Medienaufmerksamkeit war da und deshalb haben ihn mehr Leute erkannt.“ Experten hätten ihn hingegen nicht häufiger als sonst gesehen.
Wie sich die Population entwickeln wird, sei laut der Expertin schwer zu sagen. Interessant ist, dass Ölkäfer in ihrer Entwicklung an bestimmte Wildbienenarten gekoppelt sind. „Da es diesen in Deutschland nicht gut geht, ist es auch nicht zu erwarten, dass die Ölkäferpopulation plötzlich explodieren wird“, so Breitkreuz. Und weiter: „Manche Insekten sind Klimakrisen-Profiteure, es kann also sein, dass sie [Ölkäfer und Wildbienen, Anm. d. Red.] einen Boost durch das wärmere Wetter bekommen.“ Sicher ist das jedoch nicht, da die Tiere nur wenig natürlichen Lebensraum finden.
So sehen Ölkäfer aus
Ölkäfer sind einfarbig und glänzen metallisch-blauschwarz. Auffällig ist dabei ihr gedrungener Körperbau, der eher einem Wurm ähnelt, weshalb sie auch Maiwürmer genannt werden. Die Käfer können nicht fliegen und sind eher schwerfällig unterwegs. Auffällig sind die im Verhältnis zum restlichen Körper eher kleinen Deckflügel – sie bedecken nur einen kleinen Teil des Hinterleibs. In der Regel werden die Tiere etwa einen bis fünf Zentimeter groß.
Laut Nabu tragen die Weibchen im Hinterleib mehrere Tausend Eier – eine Überproduktion, die bei Ölkäfern notwendig ist. Denn nur wenigen Larven ist es überhaupt möglich, sich zu einem erwachsenen Käfer zu entwickeln. Laut Nabu schätzen Experten, dass nur aus jeder tausendsten Larve ein Ölkäfer wird.
Zunächst verbleiben die Eier fast ein Jahr im Boden. Erst dann schlüpfen die Larven, die sich dann wiederum an Blüten oder Halmen festklammern. Dort warten sie dann darauf, ein Insekt zu umklammern. Allerdings können sich die Larven nur weiterentwickeln, wenn sie eine Wildbiene erwischen, ihr Wirtstier. Dadurch gelangen sie ins Wildbienennest, fressen die Eier auf sowie den Pollenproviant. Umklammern die Larven ein anderes Insekt, sterben sie.
Auch interessant: Silberfische kommen auch ins Bett – so wird man sie wieder los
Hobbygärtner, aufgepasst! 8 giftige Tiere, denen man im Garten begegnen kann
Achtung, giftig! Breitet sich der Ammen-Dornfinger weiter in Deutschland aus?
Auffälliges Insekt Schwarzer Moderkäfer in der Wohnung? Dann sollten Sie unbedingt handeln
Das sollte man tun, wenn man einem Ölkäfer begegnet
Sollte man einem Ölkäfer begegnen, dann braucht man nicht direkt in Panik zu verfallen. Das Sekret, das sie ausscheiden, kann zwar gefährlich sein – hält man aber Abstand, sind Ölkäfer harmlos. Wichtig ist, dass man die Käfer in Ruhe lässt und nur aus sicherer Entfernung beobachtet. Sieht man einen Ölkäfer im Garten, dann auf keinen Fall anfassen, um den Kontakt mit dem Sekret zu vermeiden. Sollte man ein Ölkäfer verschlucken, dann am besten den Giftnotruf wählen!
Ein weiterer Grund, warum man Ölkäfer in Ruhe lassen sollte: Alle Arten stehen mindestens unter besonderem Artenschutz. Heißt, man darf sie nicht der Natur entnehmen, ihnen Schaden zufügen oder töten.