17. Mai 2019, 14:44 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Zero Waste in Garten und Balkon – klingt gut, ist aber leider (noch) alles andere als selbstverständlich. Dabei ist es gar nicht allzu schwer, plastikfrei zu gärtnern. myHOMEBOOK verrät, wie Sie Plastik aus Ihrem Garten verbannen und welche nachhaltigen Alternativen es gibt.
Der erste Eindruck ist erschreckend: In allem und jedem steckt Plastik. Ob Gartengerät, Blumentopf oder Gießkanne: Plastik scheint in Gärten und auf Balkonen so selbstverständlich wie das sprießende Grün selbst zu sein – und so lästig wie manches Unkraut.
Mit jedem neuen Bepflanzen füllt sich die heimische Mülltonne mit Einweg-Blumentöpfen und Pflanzgefäßen. Auch der globale Abfallberg wächst weiter, denn recycelt werden die kleinen schwarzen Töpfchen selten. Höchste Zeit also, sich nach nachhaltigen Alternativen umzuschauen. Wie diese aussehen und wie Sie plastikfrei gärtnern können, erfuhr myHOMEBOOK im Gespräch mit Sandra von Rekowski, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bundesverbands Deutscher Gartenfreunde e. V.
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Tipp 1: Kaufen Sie weniger Plastik
Klingt simpel und ist es eigentlich auch: Kaufen Sie weniger Plastikprodukte! Besonders in puncto Anzuchtgefäße bieten sich Ihnen vielfältige nachhaltige Alternativen. Greifen Sie zu biologischen oder kompostierbaren Pflanzgefäßen aus Kokosfasern, nachwachsenden Pflanzenbestandteilen oder Holzabfällen. Sandra von Rekowski empfiehlt Anzuchttöpfchen aus feuerverzinktem Stahlblech oder Vollholz aus dem Fachhandel. Diese können Sie jahrelang nutzen. „Anzuchtpaletten aus Plastik haben leider den Nachteil, dass sie bereits meist schon im zweiten Jahr der Nutzung brüchig werden und spätestens im dritten Jahr ausgetauscht werden müssen“, gibt die Expertin zudem zu bedenken.
Mitunter können Sie auf Märkten und in Gärtnereien auch Pflanzen ohne Töpfe kaufen. Denken Sie in diesem Falle unbedingt an geeignete Gefäße für den Transport nach Hause. Mitunter nehmen Gärtnereien auch leere Pflanzgefäße zurück. Nachfragen lohnt sich!
Tipp 2: Werfen Sie nicht weg, sondern upcyceln Sie
Wer keine große Investition anstrebe, könne genauso gut auf Materialien zur Anzucht zurückgreifen, die er eh schon im Haus hat. Eierkartons, Eierschalen oder zu Töpfchen gefaltetes Zeitungspapier seien praktikable Alternativen. Vor allem können die Jungpflänzchen gleich samt Topf in die Erde gepflanzt werden. Auf die Verwendung von Produkten aus Torf sollten Sie der Umwelt zuliebe jedoch besser verzichten:
„Finger weg von Torfprodukten aller Art! Bis ein Zentimeter Torf nachgewachsen ist, vergehen bis zu 100 Jahre. Durch den Torfabbau gehen zudem wertvolle Lebensräume für Tiere und Pflanzen verloren, die dann vom Aussterben bedroht sind.“
Sandra von Rekowski, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bundesverbands Deutscher Gartenfreunde e. V.
Greifen Sie stattdessen lieber zu nachhaltigen Alternativen, wie Anzuchttöpfchen aus Holzfasern und Naturkautschuk oder zu Holzkisten, Ton- und Metalltöpfen.
Ganz im Sinne des Upcyclinggedankens lassen sich ebenso gut leere Joghurtbecher verwenden. Gereinigt und mit Abzugslöchern versehen, sind sie ideal zum Vorziehen von Pflanzen auf dem Fensterbrett.
Tipp 3: Verwenden Sie Plastik mehrfach
„Nutzen Sie Dinge, die Sie haben“, rät die Expertin des Bundesverbands Deutscher Gartenfreunde e. V.. Umweltproblematisch seien ja vor allem Produkte, die nur ein- oder zweimal genutzt werden können und danach entsorgt werden müssen. Bei entsprechender Pflege lassen sich aber viele Plastikgegenstände über Jahre wiederverwenden. Gießkannen, Gartengeräte und Blumentöpfe aus Plastik müssen Sie nun also nicht zwingend entsorgen. Vielmehr empfiehlt von Rekowski bei benötigten Neuanschaffungen auf langlebige, hochwertige Materialien, wie beispielsweise Stahlblech, zurückzugreifen.
Tipp 4: Nutzen Sie Komposterde statt Blumenerde
Blumenerde wird herkömmlich in Plastiksäcken verpackt. Doch auch hierfür gibt es beim plastikfreien Gärtnern eine nachhaltige Alternative. Die plastikfreie Lösung für Blumenerde heißt: Komposthaufen. Zum Standardinventar eines Haus- und Kleingartens gehöre ein Komposthaufen, so von Rekowski. Ideal sei nicht nur einer, sondern gleich zwei oder drei, empfiehlt die Expertin. Aus einem können Sie den reifen Kompost entnehmen. Die anderen beiden können Sie über das Jahr hinweg mit Gartenabfällen bestücken und reifen lassen. Bei Bedarf mischen Sie den eigenen Kompost mit anderen Materialien (z. B. Lehm, Sand, Gartenerde), je nachdem für welche Pflanzen Sie die Erde benötigen.
Eine weitere Alternative zum eigenen Kompost oder für Balkongärtner: Kompost und Erdenwerke. Hier können Sie relativ preisgünstig Kompost und andere Erden kaufen. Bringen Sie unbedingt Transportbehälter mit!
Tipp 5: Düngen Sie plastikfrei mit natürlichem Dünger
Möchten Sie bei der Gartenarbeit auf Dünger aus der Plastikflasche verzichten, können Sie alternativ auf selbstgemachte Jauchen setzen. Die Grundlage für eigens hergestellten Dünger, wie z. B. Brennnesseln, Beinwell oder Schachtelhalm, wächst idealerweise sogar in Ihrem eigenen Garten:
„Die verschiedenen Jauchen sind reich an Stickstoff, Kalium, Phosphat, wichtigen Spurenelementen und Kieselsäure. Die Rezeptur ist denkbar einfach. Sammeln Sie etwa ein Kilogramm frische Pflanzenmasse, zerschneiden Sie die Pflanzenteile und legen Sie sie in einen Eimer. Nun gießen Sie 10 Liter Regenwasser auf und fügen eine Schippe voll Gesteinsmehl hinzu. Das Gesteinsmehl bindet üble Gerüche. Decken Sie den Eimer ab und lassen Sie das Ganze 10 bis 14 Tage stehen. Alle zwei Tage umrühren nicht vergessen! Sobald sich keine Bläschen mehr bilden, ist der Gärungsprozess abgeschlossen und die Jauche kann durch ein Sieb gegossen werden. Im Verhältnis 1:10 können Sie Ihre Pflanzen nun mit dem selbst hergestellten Flüssigdünger gießen.“
Sandra von Rekowski, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Bundesverbands Deutscher Gartenfreunde e. V.
Rasen düngen
Wer einen guten Rasendünger sucht, kann sich den Rasen selbst zunutze machen. Lassen Sie den frisch gemähten Rasenschnitt einfach auf dem Rasen liegen. Der Rasenschnitt zersetzt sich und die Nährstoffe können von den Gräsern wieder aufgenommen werden. „Mähen Sie den Rasen dazu lieber häufiger“, rät von Rekowski. Ein kurzer Rasenschnitt zersetze sich schneller als zu langer Rasenschnitt.
Düngen mit Pferdemist
Komplizierter wird es, wenn Sie zu Pferdemist als Dünger greifen möchten. Pferdemist zu verwenden, erfordert einiges an Kenntnis. „Sie sollten keinen frischen Pferdemist als Dünger ausbringen, weil dieser zu scharf ist und viele Pflanzen dies nicht vertragen. Auch der Nährstoffgehalt schwankt recht stark je nach Fütterung und Pferderasse“, gibt von Rekowski zu bedenken. Erfahrene Gärtner legen daher einen separaten Komposthaufen mit Mist an. Diesen würden sie mit Laub oder Rasenschnitt mischen und ein Jahr lang reifen lassen, bevor er als Dünger auf die Beete ausgebracht wird.
Gründüngung
Auch Düngungen mit Phacelia, Dinkel, Feldsalat oder Lupinen eignet sich hervorragend, um dem Boden wieder die benötigte Energie zuzuführen. Dafür wird die Saat auf das abgeerntete Beet ausgebracht. Nach einer Wachstumsphase werden die Pflanzen in den Boden eingearbeitet und das Beet mit ihnen bedeckt. Die Bodenlebewesen übernehmen dann die Zersetzung der Pflanzen. Der dadurch entstehende Humus macht den Boden wieder fruchtbar. Der Boden ist besser belüftet und hat eine lockere Struktur.
Tipp 6: Verwenden Sie Gartenmöbel aus Metall oder Holz
Auch beim Thema Gartenmöbel gibt es nachhaltige, plastikfreie Alternativen, beispielsweise aus Holz: „Holzmöbel halten, wenn sie regelmäßig geölt werden, jahrelang im Freien“, empfiehlt von Rekowski. Dabei harmonieren Holzmöbel als natürlicher Werkstoff besonders gut mit dem Garten selbst. Auch Gartenmöbel aus Metall sind eine langlebige Alternative zu Möbeln aus Plastik für Garten und Balkon.
Tipp 7: Greifen Sie zu qualitativ hochwertigen Werkzeugen
„Wer billig kauft, kauft zweimal“, besagt ein bekanntes Sprichwort. Und in der Tat rät die Expertin des Bundesverbands Deutscher Gartenfreunde e. V. nicht dazu, Plastik grundsätzlich zu verteufeln und aus dem Garten zu verbannen: „Werkzeuge, deren Griffe aus Plastik sind, müssen nicht per se schlecht sein. Viele qualitativ hochwertige Gartenscheren haben Griffe aus hochwertigem Kunststoff. Auch bei längerer Gartenarbeit liegt die Schere dabei angenehm in der Hand.“ Alternativ können Sie Werkzeuge mit Holz- oder Metallgriffen für die Gartenarbeit nutzen.
Tipp 8: Verwenden Sie Blumentöpfe aus umweltfreundlichen Materialien
Die Auswahl an Blumentöpfen im Gartenhandel ist groß. Statt der herkömmlichen Blumentöpfe und Übertöpfe aus Plastik können Sie so einfach Ton- und Terrakottatöpfe zum Bepflanzen nutzen. Diese sind besonders standfest und machen auch optisch einiges her. Auch Zinkeimer und -wannen, Holztöpfe oder selbst hergestellte Pflanzgefäße aus Beton und Weide liegen derzeit im Trend.
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Tipp 9: Pflanzen Sie Bodendecker
Um wild wucherndes Unkraut einzudämmen, greifen viele Hobbygärtner zu Unkrautvlies aus Plastik. Ein No Go, wie Sandra von Rekowski findet: „Unkrautvlies aus Plastik ist absolut nicht zu empfehlen!“ Es hindere alle Pflanzen daran von unten hindurch zu wachsen, Regenwasser könne schlechter vom Boden aufgenommen werden und Bodenlebenwesen würden verdrängt, so ihre Begründung.
Auch in puncto Optik mache das Unkrautvlies aus Plastik nichts her. Die deutlich bessere Alternative: Bodendecker. Bepflanzen Sie Ihre Beete dabei ruhig üppig, „sodass Wildwuchs kaum eine Chance hat, Wurzeln zu fassen. Setzen Sie dabei auf eine standortgerechte Pflanzenauswahl. Wenn sich die Pflanzen an einem Standort wohlfühlen, entwickeln sie sich auch entsprechend prächtig“, so Sandra von Rekowski. Eine große Auswahl an passenden Bodendeckern finden Sie im Gartenhandel.
Eine weitere Alternative, um unliebsamen Wildwuchs plastikfrei aus Ihrem Garten zu verbannen: Mulchen Sie Ihre Beete mit Rasenschnitt oder Stroh. Im Allgemeinen jedoch dürfen Sie sich ruhig mit einigen Wildpflanzen im Garten anfreunden, sind sie doch eine wertvolle Nahrungsgrundlage für viele Insekten.
Der Bundesverband Deutscher Gartenfreunde e. V., der Dachverband für 14.000 Kleingartenvereine mit über einer Million Kleingärten, stellt durch eine Vielzahl professionell geführter Schulungs- und Beratungs- und Informationsmöglichkeiten, wie der Fachberatung, in Verbänden und Vereinen sicher, dass fachkompetentes Wissen bis zum einzelnen Kleingärtner gelangt.