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Sara und Michael Niedrig

Früher Profisportler, jetzt Selbstversorger: „Natürlich kaufen wir auch Schokolade oder mal eine Ananas“

Sara und Michael Niedrig
Sara und Michael Niedrig sind ehemalige Profisportler – nun versorgen sie sich selbst auf dem Land Foto: Martin Misere / Droemer Knaur
Katharina Petzholdt
Garten-Autorin

8. April 2024, 17:49 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten

Vor rund fünf Jahren stürzten sich die ehemaligen Profisportler Sara und Michael Niedrig in ein wildes Abenteuer: Sie tauschten ihre Kölner Dreizimmerwohnung gegen ein sechs Hektar großes Gut in der Eifel. Was sie dort mit drei Kindern, Oma und Opa sowie fünf Schafen, zwölf Hühnern, zwei Leih-Eseln und vier Katzen bisher erlebt haben, erfahren Sie hier.

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Wenn Sara und Michael Niedrig vor ihre Haustür treten, hören sie Vögel zwitschern, Blätter rascheln und den Wind rauschen. Ab und an gackern die Hühner oder es blökt ein Schaf. Idylle pur auf Gut Neuwerk in der Eifel.

Im Mai 2019 ist das Ehepaar zusammen mit den beiden kleinen Kindern hier eingezogen. Eigentlich war das gar nicht so geplant. Die Familie lebte vorher mitten in Köln in einer Dreizimmerwohnung, in der das Kinderzimmer gleichzeitig als Wäsche- und Gästezimmer diente. Weil es auf Dauer viel zu eng war, machte sich das Paar auf die Suche nach einem familientauglichen Zuhause. Ein Häuschen mit Garten sollte es sein. Ein Traum, den viele junge Familien träumen. Doch alle Angebote, die sie bekamen, waren entweder schlechte Kompromisse oder viel zu teuer.

Sechs Hektar Land für Sara und Michael Niedrig

Beim Durchblättern von Maklerprospekten blieb Sara Niedrig immer wieder an alten Mühlen, Vierkanthöfen oder anderen besonderen Objekten hängen. „Aber Michi zeigte mir dann immer einen Vogel“, erinnert sie sich. Doch als sie Gut Neuwerk im Angebot entdeckte, war auch ihr Mann interessiert, das gut 250 Jahre alte Anwesen mit seinen sechs Hektar Land, einem eigenen Wald, einem See, einem Bachlauf, einem Haupt- und mehreren Nebenhäusern zu besichtigen. „Wie waren beide total geflasht als wir dort waren und wussten sofort, dass es das ist. Michi, der ja auch Kaufmann ist, sah gleich die Perspektiven, die das Gut bot mit Ferienhäusern und so“, erzählt Sara Niedrig.

Sara und Michael Niedrig
Sara und Michael Niedrig sind ehemalige Profisportler – nun versorgen sie sich selbst auf dem Land Foto: Martin Misere / Droemer Knaur

Von Profisportlern zu Gutsbesitzern

Der Besuch auf dem Gut nährte die Idee, als Selbstversorger durchzustarten, naturnah und nachhaltig zu leben. Dabei war so ein Lebensstil absolutes Neuland für die beiden Großstädter. In ihrem alten Leben waren sie Profisportler. Sara Niedrig ist ehemalige Europameisterin im Beachvolleyball und Michael Niedrig war Profi-Fußballer beim 1. FC Köln, bevor er ins Management des Vereins wechselte, wo er auch heute noch tätig ist.

Selbstversorgung mit Gemüse und Obst

Selbstversorgung bedeutet für Sara und Michael Niedrig „auf dem Weg zu sein, wohl wissend, dass wir nie ankommen werden. Wir machen einfach was uns sinnvoll und möglich erscheint, ohne verbissen zu werden. Und natürlich kaufen wir auch Schokolade oder mal eine Ananas und andere Dinge, die wir eben nicht selbst anbauen oder herstellen können.“

Im Dezember 2019 hat das Ehepaar seinen Obst- und Gemüsegarten angelegt. Unterstützung holten sie sich dabei von Permakultur-Designer Jonas Gampe, der die Planung machte und bei der Umsetzung half. Entstanden ist ein halbkreisförmiges Beet umrahmt von Obstbäumen und -sträuchern. Hier wachsen hauptsächlich einjährige Kulturen wie Salate, Tomaten oder Kürbis. Aber auch Mehrjähriges wie Spargel, Rhabarber, Topinambur, Bärlauch und ab diesem Jahr auch Winterheckenzwiebeln.

Permakultur auf Gut Neuwerk
Permakultur auf Gut Neuwerk Foto: Gut Neuwerk

Mehr dazu: Wie die Selbstversorgung im eigenen Garten gelingt

Ernten auch im Winter

Zu viert ist die Familie vor rund fünf Jahren auf das Gut gezogen. Mittlerweile sind sie zu siebt. Erst kam ein drittes Kind dazu, dann zogen Saras Niedrigs Eltern ein. Dass es gar nicht so leicht ist, ohne fundiertes Vorwissen Nahrungsmittel für sieben Personen anzubauen, merkt sie immer wieder. „Wir sind hier immer noch ganz viel am Lernen, was den Anbau und auch die benötigten Mengen betrifft“, sagt sie. Einzukochen für den Winter gehört inzwischen zur Routine.

Weil die Familie auch im Winter gerne frische Lebensmittel ernten würde, soll ein zweites Gewächshaus das bereits vorhandene ergänzen. Denn das Problem beim Anbau im Winter sei nicht so sehr die Kälte, sondern die Feuchtigkeit. Ein Wissen, das Sara Niedrig aus einem Buch des österreichischen Wintergemüse-Experten Wolfgang Palme hat. Überhaupt ist passende Literatur für sie und ihren Mann ein wichtiger Begleiter auf dem Weg in die Selbstversorgung.

Dazu passend: Wie die Selbstversorgung im eigenen Garten gelingt

Tiere auf Gut Neuwerk

Auf Gut Neuwerk leben aktuell fünf Schafe, zwölf Hühner, zwei Esel und vier Katzen. Die Schafe sind „Rasenmäher“ und Atmosphärengeber für die Feriengäste, die in den geschmackvoll eingerichteten Ferienwohnungen in den Nebengebäuden untergebracht werden. Außerdem dient ihre Wolle im Garten als Mulchmaterial und Dünger. Die Hühner liefern Mist, der ebenfalls ein guter Dünger ist und sie geben Eier. Darüber hinaus sind sie geschätzte Mitarbeiter im Garten, denn sie picken Schnecken, Apfel- und Pflaumenwickler und viele andere Schädlinge weg. Die Esel, die eigentlich nur Leih-Esel sind, dienen als „Rasenmäher“ und erfreuen die Feriengäste. Und die Katzen jagen Mäuse und Ratten.

Sara und Michael Niedrig
Auf Gut Neuwerk gibt es fünf Schafe, zwölf Hühner, zwei Esel und vier Katzen Foto: Martin Misere / Droemer Knaur

Gegessen werden die Tiere von Gut Neuwerk nicht. Darüber herrscht Einigkeit. Dennoch isst die Familie hin und wieder auch Fleisch, das sie von einem befreundeten Jäger und einem ebenfalls befreundeten Rinderhalter bekommt.

Heizung, Strom und Wasser

Während sich viele Selbstversorger in erster Linie auf Ernährung beschränken, gehen Sara und Michael Niedrig ein paar Schritte weiter. Seit 2021 nutzen sie eine Stückholzheizung mit Kombikessel, der mit Holz aus dem eigenen Wald und mit Pellets beheizt wird. Überdies produzieren sie mit einer Photovoltaikanlage auf dem Dach ihren eigenen Strom.

Und auch im Hinblick auf Wasser steht die Familie auf eigenen Füßen. Einen Anschluss an die städtische Versorgung gibt es nicht. Ein Brunnen versorgt sie mit Trink- und Brauchwasser. Das Abwasser wird in abflusslose Gruben gepumpt, die ein- bis zweimal im Jahr von einem Unternehmen geleert werden.

Wasserkraft für noch mehr Strom

Die Urft, ein Nebenfluss der Rur, fließt mäandernd durch Gut Neuwerk. Für Sara und Michael Niedrig eine günstige Situation. „Wir wollen perspektivisch aus Wasser Energie gewinnen. Das Gut war nämlich früher mal ein Eisenverhüttungswerk. Daher haben wie eine günstige Infrastruktur für so ein Projekt: Wasserwege, einen See und ein altes Wasserrecht. Dieses Wasserrecht bezieht sich aber nur auf das Recht, Wasser aus der Urft zu entnehmen und umzuleiten, nicht aber auf das Recht, das Wasser zur Gewinnung von Energie zu nutzen. Michi kämpft da jetzt schon seit einiger Zeit für, aber es ist sehr kompliziert“, erzählt Sara Niedrig.

Eine Luftaufnahme von Gut Neuwerk
Eine Luftaufnahme von Gut Neuwerk Foto: Gut Neuwerk

Wertvolle Niederlagen

Dass sie sich einmal mit so vielen unterschiedlichen Dingen befassen würden, damit hätten Sara und Michael Niedrig nicht gerechnet: „Als wir hier angekommen sind, konnten wir gerade mal einen Nagel in die Wand schlagen. Es wäre schon schön gewesen, wenn wir ein paar mehr Fähigkeiten mitgebracht hätten. Aber so lernen wir die ganze Zeit dazu und machen, was mit unseren bescheidenen Möglichkeiten eben möglich ist.“

Dass Scheitern dazugehört, ist für die ehemaligen Profisportler vollkommen klar. „Als Sportler haben wir gelernt, dass Siege zwar Spaß machen, aber dass man erst durch Niederlagen wirklich etwas lernt“, sagt Sara Niedrig.

Als das Hühnerhaus davonschwamm

In die Großstadt zurückgesehnt haben sich die beiden noch kein einziges Mal. Nicht einmal als eine Flut im Jahr nach dem Einzug große Teile des Guts überschwemmte. „Wenn das Hühnerhaus plötzlich an einem vorbeischwimmt, denkt man einfach nicht an die alte Dreizimmerwohnung in Köln, sondern man ist handlungsorientiert und rettet erst die Schafe, dann die Hühner und bei steigendem Wasser nochmal die Hühner. Nach der Flut haben wir zum Glück ganz viele Hilfsangebote aus dem Dorf bekommen. Allein hätten wir das nicht geschafft“, erinnert sich Sara Niedrig. Inzwischen ist der Garten, den die Flut völlig zerstört hat, besser geschützt und auch das Hühnerhaus ist sicherer gebaut.

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Das Landleben: idyllisch, aber auch wild und unberechenbar

Menschen aus der Großstadt stellen sich das Landleben oft sehr idyllisch vor mit bunten Wiesen, leichten Brisen, mit gackernden Hühnern und freundlichen Schafen. „Und mit Kindern, die Zuckererbsen aus Schoten pulen. Und so ist es ja auch“, meint die ehemalige Kölnerin und ergänzt: „Aber es ist auch wild und unberechenbar, wie man an der Flut gesehen hat oder an dem Baum, der kurz nach unserem Umzug vor dem Haus auf ein paar Autos gefallen ist.“

Besonders beeindruckt war Sara Niedrig von ihrem Sohn, als der mit einem Fliegenfischer an der Urft einen Fisch auseinandergenommen hat. Sie erzählt: „Der Fischer legte Leber und Herz des Fisches in die Hände meines Sohnes. Erst war ich beunruhigt, wie er das wohl aufnimmt. Aber für ihn war das vollkommen in Ordnung wie er so mit blutigen Händen dastand. Das ist eben auch die Natur.“

Sara Niedrigs Top 6 Gemüsearten für Selbstversorger

  1. Kartoffeln, weil sie Kohlenhydrate liefern, vielseitig und lagerfähig sind und zudem Goldgräberstimmung bringen.
  2. Zucchini, weil sie sehr ertragreich, vielseitig und außerdem leicht anzubauen sind.
  3. Zwiebeln, weil sie wichtige Mischkulturpartner für viele Gemüse sind und bei uns in kaum einem Essen fehlen. Und weil sie gut lagerfähig sind.
  4. Möhren, weil sie ebenfalls lagerfähig und wichtige Mischkulturpartner und für Haushalte mit Kindern essenziell sind.
  5. Kohlrabi, weil sie leicht anzubauen sind, den Kindern roh und gekocht schmecken und leichte Fröste vertragen.
  6. Rote Bete, weil sie robust und leicht im Anbau sind und weil man sie für den Winter gut einmachen kann. Zudem vertragen sie leichten Frost und geben Farbe auf den Teller.

Buchtipp: In ihrem im September 2023 erschienenen Buch „Auf Gut Glück – Unser abenteuerlicher Neustart als Selbstversorger“ erzählen Sara und Michael Niedrig über ihren wahr gewordenen Traum in der Eifel.

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