14. Juli 2019, 9:21 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
In Deutschland gibt es laut Bundesverband Schwimmbad und Wellness e.V. fast 800.000 private Wasserbecken – Tendenz steigend. myHOMEBOOK erklärt, woher diese Liebe zum Swimmingpool kommen könnte, und auch: warum es am Ende sogar nachhaltig sein kann, literweise Wasser in ein Becken zu füllen.
Die große Liebe wird vielleicht schon mit dem ersten eigenen Kinder-Planschbecken geweckt. Die Sonne knallt, und voller Wonne steigt man ins kühle, türkis schimmernde Nass. Der Rest der Welt existiert nicht mehr. Der eigene Pool – ein Sehnsuchtsort, der gar nicht so schwer zu realisieren ist. Es gibt für jeden Geschmack, jede Gartengröße und jede Finanzlage eine Lösung. Viele starten mit einem Aufstellbecken aus dem Baumarkt und investieren später in einen fest installierten Pool vom Profi. „Abtauchen ohne Anreise“ wird immer beliebter. Und obwohl der Swimmingpool als Umweltsünder und Wasserverschwender (jeder vollgefüllte Pool verdunstet pro Jahr die gleiche Menge Wasser, die er fasst) in Verruf geraten ist, kann er mit etwas Nachhilfe genau das Gegenteil beweisen.
1. Grünes Potential
Die Pool-Branche reagiert auf die steigende Nachfrage mit energie-effizienten Lösungen. Beheizt wird immer mehr mit Solaranlagen. Und auch flexible Poolüberdachungen sind gefragt, da sie die Wassertemperatur um bis zu 10 Grad höher halten können. Warum also nach Mallorca fliegen, wenn man auch von der Terrasse aus Urlaub machen kann und damit seine ökologische Bilanz sogar verbessern kann?
Die Landschaftsplanerin Paula Polak ist Expertin für Wasseranlagen im Garten. Sie empfiehlt im Interview mit myHOMEBOOK: „Am sinnvollsten ist es, keinen Chlorpool sondern einen Schwimmteich zu bauen. Er braucht keine Chemie. Das Wasser bleibt klar durch die natürliche Selbstreinigungskraft der Mikroorganismen, den Nährstoffentzug durch die Teichpflanzen und durch Sedimentation.“ Ein Schwimmteich habe, wie in der Natur, flache Teichufer. Wenn durch Verdunstung im heißen Sommer der Wasserspiegel absinke, sei das auch kein Problem. „Das Teichsubstrat ist durch die Kapillarwirkung immer feucht genug für die Pflanzen. Der nächste Regen füllt den Teich wieder auf. Gut geplant, kann man auch Dachwässer über eine Reinigungsstrecke in den Schwimmteich einleiten“, erklärt Polak.
Schwimmteiche und Naturpools gehören aber immer noch zu den Exoten. „Wir haben bei rund einer Million privat genutzter Pools in Deutschland ungefähr 50.000 Schwimmteiche und Naturpools. Green Swimming ist ein noch recht junges Phänomen“, sagt Dieter C. Rangol, Geschäftsführer des Bundesverbandes Schwimmbad und Wellness e. V.
2. Gut für den Körper
Laut Rangol spielt auch das gestiegene Gesundheitsbewusstsein eine Rolle bei der Anschaffung eines eigenen Pools. „Die Menschen wollen solange wie möglich fit und gesund bleiben. Dafür sind sie bereit, etwas zu tun – und auch Geld dafür auszugeben. Es soll aber so bequem wie möglich sein. Ein eigener Pool hat immer geöffnet. Und Rücksichtnahme auf Fremde ist nicht nötig. Ein Poolbesitzer entscheidet, mit wem er wann baden möchte. Außerdem ist Schwimmen eine der gesündesten Sportarten überhaupt. Es schont die Gelenke und birgt eine minimale Verletzungsgefahr. Dabei wird die Ausdauer verbessert, die Abwehrkräfte gestärkt, das Herz-Kreislauf-System sowie eine Vielzahl von Muskelgruppen trainiert.“ Die heilende Wirkung des Wassers – später Hydrotherapie genannt – war schon im antiken Rom bekannt. Hierzulande populär wurde sie vor allem durch die berühmtem Kneipp-Kuren.
3. Gesellschaftswunder
Der Swimmingpool befindet sich genau an der Trend-Schnittstelle zwischen Outdoor-Mentalität und dem neuen Hang der Deutschen zum „Cocooning“. Man holt sich die Wildnis sozusagen in den Garten. Und kann sich fern von überfüllten Stränden und Freibädern mit den Menschen, die einem wirklich etwas bedeuten zurückziehen. Das Wasser wird zur sozialen Ressource. Natürlich hat Wasser auch auf Kinder eine magische Anziehungskraft. Paula Polak beschreibt ihre persönliche Erfahrung: „Mein Favorit ist mein eigener kleiner Schwimmteich. Die Nutzzone hat nur 12,5 m², aber da er im Schatten liegt, kühlt er auch bei 38 Grad noch wunderbar ab. Mein erster Weg in der Früh ist immer zum Teich. Was blüht gerade? Sind schon Kaulquappen geschlüpft, oder Libellen? Er bietet täglich Neues. Toll finde ich es auch, wenn Kinder den Teich schon während des Baus nutzen, wenn er nicht mal voll mit Wasser ist, und noch die letzten Handgriffe am Steg gemacht werden. Die Freude von Kindern ist schon wunderbar.“
4. Glamourfaktor
Ein eigener Pool strahlt auch immer einen gewissen Glamour aus. Als Ambiente wertet er jede Gartenparty und jedes Foto für Instagram auf, sofern er stilvoll geplant wurde. Die Message: Hier wohnt lässige Eleganz. Die Historie des Swimmingpools ist eng mit der Geschichte Hollywoods verknüpft. 1919 ließen sich die Stummfilmstars Douglas Fairbanks und Mary Pickford einen der ersten riesigen Pools neben ihr Anwesen in Beveryl Hills bauen. Er war groß genug, dass die beiden darin Kanu fahren konnten. In den 1920er-Jahren zog der Medien-Mogul William Randolph Hearst nach mit seinem extravaganten „Neptune Pool“. Dieser umfasste etwa 1,3 Millionen Liter Wasser und war mit italienischem Marmor ausgekleidet. Frank Sinatras Pool mutete dagegen klein an, aber war dafür in Form einer Gitarre angelegt.
Bis zur Nachkriegszeit konnte sich nur die finanzstarke Oberschicht einen eigenen Pool leisten. Ab 1947 brachte die Firma Doughboy Recreational Pool-Kits auf den Markt. Fiberglas-Schalen und Bauweisen mit Spritzbeton revolutionierten die Branche und machten Swimmingpools für jedermann erschwinglich. Die bekannteste Referenz auf das amerikanische Pool-Leben ist wohl das Gemälde „A bigger Splash“ von David Hockney.
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5. Balsam für die Seele
„Ohne Wasser kein Leben!“ So bringt Paula Polak den Stellenwert von Wasser im Garten auf den Punkt. „Ohne Wasser verdurstet der Mensch schon binnen weniger Stunden bzw. Tage. Pflanzen würden vertrocknen. Wasser bedeutet auch Abkühlung.“ Das werde in Zeiten des Klimawandels immer wichtiger. „Auch wenn man nicht badet, ist der Bereich um einen Teich doch durch die Verdunstungskälte um einige Grad kühler“, so die Expertin. Schwimmteiche seien auch ein ganz eigener Lebensraum mit speziellen Pflanzen und Tieren.
Die Sehnsucht, sich in der Nähe des Wassers aufzuhalten, liegt wahrscheinlich einfach in der Natur des Menschen. Der Meeresbiologe Wallace Nichols schreibt in seinem Buch „Blue Mind“, dass die Affinität zu Wasser tief in unserem Unterbewusstsein verankert sei. Schließlich haben wir ganze 40 Wochen vor unserer Geburt im Wasser verbracht. Menschen finden es beruhigend, aufs Wasser zu schauen. Wer ein Ufergrundstück möchte, muss dafür oft den doppelten Preis zahlen. Da ist es doch einfacher, sich das Wasser direkt in den eigenen Garten zu holen, inklusive aller Freunde und ein paar aufblasbarer Einhörnern.