30. Mai 2024, 12:03 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Ralf Jakumeit war in seiner Karriere bei zahlreichen TV-Shows als Koch zu Gast, seine Königsdisziplin ist allerdings das Grillen über offenem Feuer. Mit seinem Grill-Ungetüm namens „Hydra“ und den „Rocking Chefs“ tourt er wie eine Band durch Deutschland und Europa. Im Interview mit myHOMEBOOK erzählt der Grill-Profi mit dem wilden Erscheinungsbild über seine große Leidenschaft.
Im Hintergrund scheppert laute Rockmusik aus einem Radio, als Ralf Jakumeit den Anruf entgegennimmt. Im Gespräch mit myHOMEBOOK-Redaktionsleiter Felix Mildner wird schnell klar, dass Jakumeit weiß, wovon er spricht – und zwar mit urigem, bayrischem Akzent. Seit vielen Jahren ist der gebürtige Straubinger hinter dem Grill zu Hause und mit seinen „Rocking Chefs“ unterwegs, am liebsten mit seiner „Hydra“, einem kolossalen Grill-Ungeheuer. Warum Grillen für ihn mehr als nur Kochen ist, was das ganze mit Heavy Metal zu tun hat und worauf man beim Grillen unbedingt verzichten sollte, verrät der Grill-Profi im Interview.
Ralf Jakumeit: „Bei mir wird das ganze Jahr über gegrillt“
myHOMEBOOK: Haben Sie in diesem Jahr schon angegrillt?
Ralf Jakumeit (lacht): „Ich habe nie aufgehört. Bei mir wird das ganze Jahr über gegrillt. Das ist wie beim Motorradfahren: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.“
Worauf kommt es an, wenn man das ganze Jahr über grillt?
„Vor allem natürlich auf den Grill. Hier brauchst du eine gewisse Materialstärke, damit dem Grill auch Minustemperaturen und Schneefall egal sind. Mit einem klapprigen Grill wäre es reine Ressourcenverschwendung. Man muss ja Holz und Kohle reinwerfen, damit das Ding auch glüht und heiß ist.“
Holzkohle, Gas oder Elektro?
„Ich bin absoluter Fan von Holz und Kohle. Das ist für mich das Ehrlichste, aber auch das Schwierigste. Denn dafür braucht man viel Gefühl. Das Holz kann mal etwas feuchter sein, die Kohle war nicht richtig gelagert und so weiter. Man sollte auch immer die gleiche Kohle kaufen, damit man die gleichen Temperaturen hat. Für mich ist das die Königsdisziplin.“
Passend dazu: Die 10 besten Holzkohle-Grills im großen Vergleich – welcher lohnt sich?
Und was halten Sie von Elektro-Grills?
„Wenn ich wo wohne, wo ich nicht anders grillen darf, dann lieber Elektro-Grillen als gar nicht Grillen. Aber Elektro-Grills können in keiner Weise Gas, vor allem aber Holz und Kohle ersetzen. Elektro bringt auch die Leistung nicht, die ich brauche. Da entstehen nicht die Röstaromen wie bei Holz und Kohle, oder auf der ‚Sizzle-Zone‘ beim Gasgrill (Anm. d. Red.: Fläche mit waagrechten Keramik-Brennern unter dem Rost für sehr hohe Temperaturen).“
Was legen Sie denn am liebsten auf den Grill?
„Ich kombiniere immer gerne Fleisch und Fisch, also das klassische Surf’n’Turf, eigentlich ja ein Rinderfilet mit Hummerschwanz. Aber auch Schweinebauch und Waller passen sensationell zusammen. Sie haben auch ungefähr die gleiche Garstufe und sind deshalb ziemlich zeitgleich fertig. Das grillen wir sehr gerne.“
Auch interessant: Lachs vom Grill – Rezept und Tipps von Ali Güngörmüş
Ralf Jakumeit: »Beim Grillen gibt es verschiedene Religionen
Welchen Fehler machen Ihrer Meinung nach viele beim Grillen?
„Da gibt es einige Sachen. Wichtig ist vor allem, dass der Grill richtig heiß ist und die Kohle glüht. Nicht zu früh auflegen! Der Grill muss von der Hitze gesättigt sein, damit man auch ein anständiges Ergebnis bekommt. Ein absolutes No-Go ist zudem, das Grillgut mit irgendwelchen Flüssigkeiten abzulöschen. Das ist krebserregend und braucht kein Mensch. Außerdem hat man dann den ganzen Ascheflug überall. Und dann gibt es noch die Frage, ob man vorher oder nachher würzt. Da gibt es verschiedene Religionen, für eine muss man sich entscheiden. Generell gilt: Alles, was verbrennen kann, wird nicht vorher gewürzt. Den Rest bestimmt der eigene Geschmack.“
Grillen ist also eine Religion für Sie?
„Das ist Religion, definitiv.“ (lacht)
»Ich brauche kein Ersatzteil, das aussieht wie ein Rinderfilet
Worauf haben Sie dieses Jahr besonders Lust? Was wären Ihre Grill-Trends?
„Gegrilltes Gemüse wäre ein Trend für mich. Vegane Produkte sind stark im Kommen. Allerdings brauche ich kein Ersatzteil, das aussieht wie ein Rinderfilet. Das finde ich albern. Deswegen empfehle ich gegrilltes Gemüse in verschiedenen Schnittarten. Gerne auch mal grob geschnitten, etwa als Long Chop, wie man es aus dem Kamado-Grill kennt. Oder auch im Ganzen – egal ob ganzer Sellerie oder ganzer Krautkopf, dazu verschiedene Dips und Soßen. Das Fleisch dient dabei eigentlich nur als Beilage. Ich glaube, dass das der ganz große Trend ist.“
Passend dazu: 3 praktische Tipps, wie Gemüse vom Grill gelingt
Bei Ihnen käme also kein Seitan-Steak auf den Grill …
(lacht): „Was ist das? Nein, Quatsch – das kommt bei mir nicht auf den Rost. Aber ich habe mal über einen Kollegen vegane Produkte kennengelernt, die er mir mitgebracht hat. Er hat zwei Sterne, vor ihm habe ich einen Heiden-Respekt, deshalb habe ich es überhaupt erst probiert. Ich war schwer begeistert, welche Produkte er da mitgebracht hat. Das war tatsächlich ein Beißgefühl wie bei Fleisch. Das bestand nicht nur aus Soja-Eiweiß, sondern da wurden auch Lupinen- oder Mungo-Bohnen-Eiweiß gemischt, um verschiedene Konsistenzen zu erreichen. Das ist eine Philosophie für sich. Meins ist das nicht, aber es gibt auch tolle Produkte zum Selbermachen, etwa Tofu. Bei mir kommt regelmäßig Kichererbsen-Tofu auf den Grill, aber da weiß ich auch was drin ist. Und das schmeckt man auch.“
Welche Utensilien verwenden Sie? Ihr Grill ist eine Spezial-Anfertigung, oder?
„Die Hydra kann man kaufen, die ist in Serie gebaut. Die wichtigsten Utensilien sind eine anständige Grillpinzette, ein gutes Messer und ein Spachtel. Mehr braucht man nicht.“
»Wir haben die klassische Feuerstelle neu interpretiert
Sie sind ja auch unterwegs mit den „Rocking Chefs“. Worum geht es dabei?
„Die Rocking Chefs sind eine Event- und Präsentations-Catering-Firma. Wir kochen überall da, wo andere nicht mal ans Essen denken. Wir kochen am offenen Feuer, die Hydra ist dabei unsere Energiequelle. Da brauchen wir keinen Strom. Wenn es dunkel wird, reichen die Akkus für die Beleuchtung. Ansonsten sind wir völlig autark. Wir haben die klassische Feuerstelle, die bereits der Neandertaler hatte, neu interpretiert. Das entschleunigt unglaublich.“
Vor allem auch interessant in Zeiten, in denen jeder über teure Strompreise schimpft.
„Absolut! Und dabei schaffen wir irre schöne Stimmungen. Wir haben auch schon bei einer Hochzeit ein 5-Gänge-Menü auf einer Waldlichtung gemacht. Klar, das geht auch nur, wenn der Schwiegervater der Förster ist (lacht). Wir grillen an Orten, wo eine Infrastruktur unmöglich oder irrsinnig teuer wäre. Wir werfen nicht einfach Würstchen oder Steak auf den Grill, wir kochen komplette Menüs. Der Grill ist dabei unsere Energiequelle. Wenn man so kocht, hat man ein ganz anderes Verhältnis zu den Produkten, die man verarbeitet. Ein Beispiel: Ich kann auch was aus der Mikrowelle essen, das geht schnell. Aber welchen Bezug habe ich dann zu dem Lebensmittel? Genau, gar keinen. Wenn ich aber ein Feuer mache, dann muss man warten, weil es auf die richtige Temperatur ankommt. So kann ich mich viel besser mit dem identifizieren, was ich verarbeite. Es ist für mich einfach ehrlicher, am offenen Feuer beziehungsweise am Grill zu arbeiten.“
Kostet bis zu 40.000 Euro Spitzenkoch Ralf Jakumeit über teuersten Grill der Welt: „Der Preis ist für viele nicht nachvollziehbar“
Tipps und Rezepte Grill-Bloggerin verrät 7 einfache Beilagen zum BBQ
Hartnäckige Irrtümer 9 Fehler, die viele beim Grillen machen
Ralf Jakumeit: „Die Hydra ist 400 Kilogramm pures Heavy Metal“
Was hat für Sie Grillen mit Rockmusik und Heavy Metal zu tun?
„Die Hydra ist 400 Kilogramm pures Heavy Metal. Da kann man keine andere Musik dabei hören (lacht). Nein, es geht einfach um das Lebensgefühl. Ich habe noch nie andere Musik gehört. Mich inspiriert Musik auch sehr beim Kochen. Das Eine geht nicht ohne das Andere.“
Auch interessant: Grillen mit der Feuerplatte – was steckt hinter dem Grilltrend?
Blöde Frage zum Abschluss: Die Hydra ist in der griechischen Mythologie eigentlich ein Wasser-Ungeheuer. Wäre ein Drache da nicht sinniger?
„Ja das stimmt. Die klassische Hydra ist eigentlich im Wasser zu Hause. Wenn man ihr den Kopf abschlägt, wachsen zwei neue nach. Ich weiß auch gar nicht genau, was sich der Antonio Basile (Erfinder der Hydra, Anm. d. Red.) gedacht hat, als er die Hydra gebaut hat. Vielleicht kann man sie auch nur mit Wasser bändigen.“
Was möchten Sie unseren Lesern noch mit auf den Weg geben?
„Kauft anständige Lebensmittel und keine vormarinierte Ware aus dem Supermarkt. Lieber weniger Fleisch und Fisch, dafür qualitativ hochwertig. Oder auch mal eine marinierte Karotte.“
Dieses Interview erschien erstmals am 23. April 2023 bei myHOMEBOOK.