11. November 2024, 5:50 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die Fermentation von Lebensmitteln feiert ein Comeback. Die bayerische Fermentista Sibylle Hunger beschäftigt sich mit dieser uralten Konservierungsmethode schon von klein auf. Auf myHOMEBOOK verrät sie, wie aus frischem Gemüse mit Salz und ein bisschen Geduld würzige und gesunde Fermente entstehen.
Sibylle Hunger, Fermentista aus dem bayerischen Mangfalltal, hat eine Leidenschaft: Sie verwandelt einfaches Gemüse in überraschende Geschmackserlebnisse – und das allein mithilfe der Natur. Ihren ersten Kontakt mit Fermentation hatte sie schon als Kind, als sie im Herbst Jahr für Jahr mit ihrer Mutter das Fass mit dem selbsthergestellten Sauerkraut öffnen durfte. Diese Momente waren für sie wie ein Sprungbrett in die Welt des Fermentierens. Angefangen mit einfachen Sauerkraut-Rezepten entwickelte sie mit der Zeit ihr kreativ-vielseitiges, kulinarisches Kunsthandwerk. Heute gibt Sibylle Hunger Fermentations-Kurse, erklärt im Bayrischen Fernsehen die Grundlagen des Fermentierens und teilt ihr Wissen in ihrem im letzten Jahr erschienenen Buch „Gemüse und Obst einfach fermentieren“. Ein zweites Buch, in dem es um asiatische Fermentation mit heimischen Zutaten geht, ist bereits in der Mache.
Bei der Fermentation sind Mikroorganismen am Werk
Fermentation begegnet uns viel häufiger, als uns oft bewusst ist. Sie steckt in Tee, Bier, Wein, Schokolade, Sojasauce, Käse, Kimchi, Sauerteig, Sauerkraut, Salzgurken und vielen anderen Lebensmitteln. „Zwar gibt es unterschiedliche Arten der Fermentation, doch im Kern bedeutet es immer, dass lebende Mikroorganismen wie Bakterien oder Pilzkulturen für uns arbeiten, um Lebensmittel haltbar zu machen“, erklärt Sibylle Hunger. Diese Technik ist nicht neu. Sie ist die vermutlich älteste Methode der Lebensmittelkonservierung und wird seit Jahrtausenden weltweit praktiziert.
Fermentieren mit der Trockensalz-Methode
Bei der Fermentation von Gemüse wird in der Regel die Milchsäuregärung eingesetzt. Zunächst wird das Gemüse kleingeschnitten oder geraspelt und mit zwei Prozent Salz vermengt, wobei sich die Salzmenge auf das Gesamtgewicht des Gemüses bezieht. Die Salzzugabe führt dazu, dass aus dem Gemüse Zellflüssigkeit austritt.
Die Mischung wird anschließend so in ein Glas gepresst, dass das Gemüse vollständig von seiner eigenen Flüssigkeit bedeckt ist. Dann wird das Glas luftdicht verschlossen. Unter diesen anaeroben Bedingungen können schädliche Bakterien und Schimmelpilze nicht überleben. Die gewünschten, natürlich vorkommenden Milchsäurebakterien jedoch gedeihen unter diesen Bedingungen bestens.
Milchsäurebakterien treten überall in der Umwelt natürlicherweise auf – in der Luft, auf dem Gemüse und auf unseren Händen – und sind entscheidend für den Fermentationsprozess. Sie fermentieren die Zucker im Gemüse und produzieren Milchsäure, die für den charakteristischen sauren Geschmack sorgt und das Gemüse haltbar macht.
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Fermentieren mit der Lake-Methode
Neben der gerade beschriebenen Trockensalz-Methode gibt es die sogenannte Lake-Methode. Sie kommt bei härteren Gemüsearten wie Möhren oder Kohlrabi zum Einsatz und auch bei gröber geschnittenem Gemüse. Bei dieser Methode wird Wasser zu dem Gemüse-Salz-Mix dazugegeben. Wichtig ist hierbei, die Salzmenge von zwei Prozent auf das Gesamtgewicht von Gemüse und Wasser anzupassen.
Warum fermentierte Lebensmittel gesund sind
Fermentierte Lebensmittel sind nicht nur schmackhaft, sondern auch gesund. Sie sind reich an Nährstoffen, und viele Vitamine bleiben während des Fermentationsprozesses erhalten oder werden sogar neu gebildet. Besonders die probiotisch wirkenden Milchsäurebakterien fördern die Gesundheit der Darmflora.
Mehr dazu (via FITBOOK): Was passiert eigentlich beim Fermentieren?
Fermentation: Alte Technik, neuer Trend
In Deutschland war die Fermentation lange Zeit gang und gäbe. Doch durch das Aufkommen des Einkochens geriet sie in Vergessenheit. Bis vor etwa 10 oder 15 Jahren wurde sie fast nur noch für die Herstellung von Sauerkraut eingesetzt. In den letzten Jahren jedoch feiert sie ihr Comeback. Sibylle Hunger erklärt sich das folgendermaßen: „Das Interesse an fermentierten Lebensmitteln wächst, möglicherweise auch, weil das Internet viele kreative Ideen bietet. Aus den USA und aus Asien schwappten neue Impulse zu uns, und auch in der vegetarischen oder veganen Küche gewinnen fermentierte Lebensmittel zunehmend an Beliebtheit.“
Fermentation ist eine nachhaltige Konservierungsmethode
Ein weiterer Vorteil der Fermentation ist ihre Nachhaltigkeit. Der gesamte Prozess kommt ohne zusätzliche Energiezufuhr aus – weder bei der Herstellung noch bei der Lagerung müssen die Produkte gekühlt oder erhitzt werden. Das gilt allerdings nur, wenn Weckgläser verwendet werden. Andere Gärgläser können nicht unbedingt dieselben Bedingungen garantieren. „Es ist übrigens nicht einmal nötig, die Gläser zu sterilisieren. Wenn man sie gründlich spült, reicht das aus“, erklärt die Expertin. Nach dem ersten Öffnen sollte das Gemüse jedoch gekühlt werden.
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Einsteiger-Rezept von Sibylle Hunger: „Pink Pastinake“
Ein einfaches, farbschönes Rezept mit der Lake-Methode, bei dem Pastinake mit Roter Bete kombiniert wird.
Benötigte Materialien:
- ein 850-ml-Weckglas mit Deckel
- 1 Gummi
- 2 Klammern
- 1 kleiner Verschlussdeckel, der als Fermentationsgewicht dient
- 1 Stampfer
Benötigte Zutaten:
- 400 g Pastinake
- 200 g Rote Bete
- 1 kleine Zwiebel
- 1 Teelöffel Schwarzkümmel
- 100 ml Wasser
- 14 g Salz (2 % des Gesamtgewichts von Gemüse und Wasser)
Und so geht’s:
- Pastinake und Rote Bete waschen und gegebenenfalls schälen.
- Beide Gemüse in hauchdünne Scheiben hobeln oder fein raspeln.
- Zwiebel schälen und in halbe Ringe schneiden.
- Pastinake, Rote Bete und Zwiebeln in einer Schüssel mit dem Salz vermengen und 30 Minuten abgedeckt ziehen lassen.
- Das Wasser und den Schwarzkümmel ins Gemüse mischen und das Ganze dann portionsweise ins Glas füllen und mit dem Stampfer verdichten.
- Den kleinen Deckel einlegen, so dass das Gemüse vollständig von der Flüssigkeit bedeckt ist.
- Das Glas mit Deckel, Gummi und den beiden Klammern verschließen.
Die Gärung bei 19-21 Grad dauert 5-7 Tage. Die anschließende Reifezeit bei 15-18 Grad beträgt 2-3 Wochen. Extra-Tipp von Fermentista Sibylle Hunger: „Verwenden Sie am besten naturbelassenes Salz ohne Zusatzstoffe und Rieselhilfen.“