17. August 2023, 11:12 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Offene Flächen und Bäume meiden sowie Fenster und Türen schließen: Das sind nur einige der grundlegenden Verhaltensregeln während eines Gewitters. Zusätzlich heißt es, dass es gefährlich sein kann, wenn Lampen und weitere Netzkabel mit dem Stromnetz verbunden sind.
Bei einem Unwetter mit Gewitter ist Vorsicht geboten. Hält man sich im Freien auf, sollte man schleunigst in ein Auto steigen oder in einem Gebäude Schutz suchen – im Idealfall natürlich zu Hause. Doch auch in den eigenen vier Wänden gilt es verschiedene Regeln zu beachten, während es draußen blitzt und donnert. So heißt es etwa, dass man bei einem Gewitter den Stecker von Elektrogeräten ziehen sollte. Stimmt das wirklich?
Übersicht
Gewitter kann zur Überspannung des Stromnetzes führen
Den Mythos, dass man bei Gewitter den Stecker ziehen sollte, gibt es nicht grundlos. Tatsächlich kann es gefährlich sein, wenn ein Blitz einschlägt und den Weg ins Haus findet. Richtig gehört, das Gewitter muss nicht einmal das eigene Wohnhaus treffen, um für Schaden zu sorgen. Etwa drei Kilometer kann ein Blitz unterirdisch wandern. Doch warum ist das nun so gefährlich?
Die Gefahr besteht in der Überspannung des Hausstromnetzes. Die Spannung des Hausstromnetzes beträgt normalerweise etwa 230 Volt, wie der Verband der Elektrotechnik (VDE) informiert. Reguläre Stromanschlüsse besitzen entsprechend eine Stromstärke von etwa 16 Ampere. Ein Blitz hingegen verfügt über eine Stärke von bis zu 20.000 Ampere und Spannung von mehreren Millionen Volt. „Schlägt ein Blitz in ein Gebäude oder in dessen Umgebung ein, so kann sich die gefährliche Energie als sogenannter Sekundärstrom über alle stromleitenden Materialen, wie z.B. Strom- , Kommunikations- und Wasserleitungen bis in die umliegenden Häuser auswirken“, erklärt Hendrik Schäfer vom VDE gegenüber myHOMEBOOK. Die Leitungen sind für die Stromstärke des Blitzes jedoch nicht ausgelegt, weshalb es zu einer Überspannung kommt.
Die Folgen einer Überspannung hängen von der Stärke des Blitzes ab, so der VDE. Am Stromnetz angeschlossene Geräte können beschädigt oder sogar zerstört werden. Der Verband berichtet, dass es im Extremfall auch zu Explosionen und Bränden kommen kann. Ebenfalls kann die Isolation der Leitungen durch den Kurzschluss zerstört werden.
Stecker ziehen bei Gewitter – ja oder nein?
Damit die elektronischen Geräte keinen Schaden nehmen, ist es zu empfehlen, die Stecker bei einem Gewitter aus der Steckdose zu ziehen. Gerade bei empfindlichen Geräten wie Computer, Fernseher oder Telefon kann eine Überspannung große Schäden anrichten. Insbesondere in Altbauten kann das sinnvoll sein, da der innere Blitzschutz meist nicht den heutigen Standards entspricht. So sind etwa die Leitungen vornehmlich aus Metall und nicht geerdet. Auch Überspannungsschutzgeräte sind selten vorhanden.
In Neubauten ist das meist anders. Schäfer weiß: „Für neu gebaute Häuser ab 2019 ist ein Überspannungsschutz in der Gebäudeinstallation vorgeschrieben.“ Sind Schutzgeräte vorhanden und die Leitungen geerdet, muss man nicht zwingend den Stecker während eines Gewitters ziehen. „Tatsächlich ist es aber immer noch der beste Schutz für empfindliche Elektrogeräte mit viel Elektronik (PCs, Router, Spielekonsolen etc.), wenn man bei einem Gewitter den Netzstecker und auch die Kommunikationsverbindungen – wie z.B. Netzwerkkabel – trennen“, informiert der Experte.
Reicht es auch, den Fernseher auszuschalten?
Viele schalten bei einem Gewitter elektronische Geräte aus – darunter auch den Fernseher – um ihn vor Überspannung zu schützen. Allerdings ist dies keine gute Idee. Denn um das Gerät wirklich zu schützen, muss es vom Stromnetz getrennt sein, wie die Allianz Versicherung informiert. Deshalb: Stecker ziehen! Das gilt auch für andere Elektrogeräte.
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Inneren und äußeren Blitzschutz nachrüsten
Neben dem inneren ist auch der äußere Blitzschutz wichtig. Dieser ist in der Regel in Form eines Blitzableiters auf dem Dach zu finden. Über Ableitungen und Erdungsanlage kann der Blitz in den Erdboden umgeleitet werden.
Ist man sich unsicher, ob sowohl der innere als auch der äußere Blitzschutz der Mietwohnung oder des Eigenheims auf dem neusten Stand ist, kann man beide auch nachrüsten lassen. Es ist zu betonen, dass es sich hierbei um keine Eigenleistung handelt. Der Blitzschutz sollte von einem Profi angebracht werden. „Man kann zudem einzelne Geräte schützen“, so Schäfer. Hierfür setzt man eine Mehrfachsteckdose oder einen Steckeradapter mit Überspannungsschutz ein. „Dieser wirkt dann auch bei Geräten, deren Stecker nicht so einfach im Zugriff sind, wie zum Beispiel der Kühlschrank oder die Spülmaschine.
Mehr dazu (via TECHBOOK): Technische Geräte vor Überspannungsschäden schützen
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Wann kann man die Stecker wieder einstecken?
Nachdem das Unwetter vorbei ist, stellt sich die Frage, wann man die Steckdosen wieder sicher benutzen kann. Dafür gibt es eine Faustregel. Diese besagt, dass etwa eine halbe Stunde nach dem letzten Donner das Gewitter vorbeigezogen ist. Also etwa 30 Minuten nach dem letzten Groll kann man die Netzkabel wieder einstecken.