29. August 2023, 14:55 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Glycerin hört sich nach einem hochgradig chemischen Stoff an, mit dem man nur selten in Berührung kommt. Beides stimmt allerdings nicht – zumindest nicht ganz. Worum es sich bei Glycerin handelt und wie man sich den Stoff im Haushalt zunutze machen kann.
Leicht zähflüssig, durchsichtig und ein süßlicher Geschmack: So kann man Propan-1,2,3-triol beschreiben. Diese komplizierte Bezeichnung wird von Chemikern für Glycerin verwendet. Doch auch bei diesem Namen klingelt nicht bei allen Nichtchemikern etwas. Dabei kann man Glycerin in vielen verschiedenen Mitteln und Produkten finden und es auch im Haushalt nutzen.
Übersicht
Was ist Glycerin?
Der süßliche Geschmack von Glycerin ist kein Zufall, denn der Stoff zählt zu der Familie der Zuckeralkohole. Propan-1,2,3-triol ist ein Dreifachalkohol, bestehend aus drei Kohlenstoffatomen mit Hydroxylgruppen in den Stellungen eins, zwei und drei – welches den chemischen Namen erklärt.
Thorsten Kessler vom Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW) erklärt gegenüber myHOMEBOOK: „Der Stoff liegt in allen natürlichen Fetten und Ölen (z. B. Pflanzenölen) chemisch gebunden als Fettsäureester vor.“ Der Zuckeralkohol kann somit aus natürlichen Fetten und Ölen gewonnen werden, dazu zählen etwa Raps, Soja oder Kokos.
„Eine synthetische oder biotechnologische Darstellung von Glycerin ist ebenfalls möglich“, so der Experte. Bei der technischen Herstellung von Glycerin werden meist Talg und recycelte Öle verwendet. Häufig ist der Dreifachalkohol sogar ein Nebenprodukt, wenn etwa Biodiesel oder Seife hergestellt werden. Bei letzterer Prozedur wurde der Stoff übrigens entdeckt. 1779 verseifte Carl Wilhelm Scheele Olivenöl. Dabei erhielt der Apotheker und Chemiker allerdings nicht nur Seife, sondern auch die weiße, süßliche Flüssigkeit, die wir heute als Glycerin kennen.
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Glycerin ist in Lebensmitteln, Kosmetika und mehr enthalten
Glycerin ist ein häufiger Begleiter sowohl im Haushalt als auch abseits dessen. Es wäre vermutlich leichter, eine Liste von Produkten aufzuzählen, in denen der Stoff nicht zu finden ist. Als Zusatzstoff E422 wird Glycerin in Lebensmitteln genutzt. Es dient als Süßungs- und Feuchthaltemittel wie etwa in Kaugummi. Auch in der Kosmetikbranche findet man den Stoff in Cremes und Zahnpasta.
Es gibt nahezu keinen Bereich, der heutzutage ohne Glycerin auskommt. Man findet den Stoff in Schmierstoffen, Desinfektionsmitteln und Kunststoffen. Selbst in der Technikbranche wird Glycerin genutzt, beispielsweise in Mikrochips. In Aquarellfarben findet man den Zuckeralkohol sowie in Liquids für E-Zigaretten. Und auch in Medikamenten, Gleitgel und Kondomen findet sich Glycerin. Es wird deutlich, Glycerin scheint Eigenschaften zu haben, die in vielen Bereichen nützlich sind. Davon ist auch der eigene Haushalt nicht ausgeschlossen.
Welche Vorteile bietet Glycerin im Haushalt?
Die Vorteile von Glycerin sind vielfältig. Allein die Produkte, in denen der Stoff zu finden ist, zeigt, um welch nützliches Hausmittel es sich handelt. Kessler meint: „Glycerin ist biologisch leicht abbaubar. Sein (öko-)toxikologisches Profil ist unbedenklich.“
Glycerin hat viele vorteilhafte Eigenschaften. Es ist ein wasserlösliches Lösemittel und wird daher in wasserbasierten Reinigungsmitteln eingesetzt. „In Maschinenpflegern für Spülmaschinen trägt es bspw. zur Verstärkung der Reinigungswirkung anderer Mittel bei, indem es beispielsweise dünne Fettschichten beseitigt oder Speisereste entfernt“, erklärt der Experte.
Gleichzeitig hat das dickflüssige Mittel eine pflegende Wirkung, etwa für Gummi. „Zusätzlich ändert die Anwesenheit von Glycerin die Viskosität von flüssigen Reinigungsmitteln und macht diese dickflüssiger. Diese Eigenschaft wird bspw. in Toilettenreinigern ausgenutzt, damit der Reiniger länger auf der Oberfläche einwirken kann“, so Kessler.
Birgt Glycerin auch Nachteile?
Auf Nachfrage beim Experten, welche Nachteile Glycerin hat, antwortet Kessler: „Mir sind keine Nachteile bekannt.“ Das bedeutet, man kann den Stoff ohne Bedenken im Haushalt einsetzen.
Glycerin im Haushalt nutzen – 5 Möglichkeiten
Im Haushalt kann man Glycerin in vielen Bereichen nutzen.
Fenster und Fliesen putzen
Dank Glycerin strahlen Fensterscheiben und Fliesen wieder wie neu. Hierfür löst man einige Tropfen in warmen Wasser auf. Damit kann man die Oberflächen abwischen. Das Glycerin sorgt dabei nicht nur für Glanz, sondern hat auch noch den Nebeneffekt, dass sich für kurze Zeit weder Staub noch Schmutz auf dem Fenster oder den Fliesen absetzen.
Flecken entfernen
Um selbst hartnäckige Flecken zu entfernen, kann man auf ein Tuch oder Wattepad etwas Glycerin geben. Damit behandelt man dann den Fleck. Tupfende Bewegungen sind dabei ideal. Nach etwa einer Stunde Einwirkzeit spült man die Stelle mit klarem Wasser ab. Anschließend die Textilen wie gewohnt waschen.
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Gefrierfach enteisen
Zugeben kann Glycerin nicht dabei helfen, dass Eisfach abzutauen – das muss man noch selbst erledigen. Allerdings lohnt es sich, die Wände des Gefrierfachs anschließend mit Glycerin abzuwischen. Das Mittel verhindert für eine Weile, dass sich erneut Eis bildet.
Blumen bleiben länger frisch
Damit Schnittblumen so lange wie möglich halten, ist man auf der Suche nach den besten Tipps. Etwa hilft es, das Wasser täglich auszutauschen. Zusätzlich lohnt es sich, Glycerin im Verhältnis 1:2 ins Blumenwasser zu geben. Dieser Trick funktioniert übrigens auch beim Weihnachtsbaum.
Kratzige Stoffe weicher machen
So gut wie jeder kennt es: Der Pullover oder die Decke ist furchtbar kratzig. Der Kontakt mit bloßer Haut ist kaum auszuhalten. Auch hier kann Glycerin helfen. Alles, was man dafür tun muss: etwa zwei Esslöffel davon in das Fach der Waschmaschine geben und die Wäsche wie gewohnt waschen. Anschließend sollten Decken und Pullover weicher sein.
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Worauf sollte man beim Umgang mit Glycerin achten?
Wasch-, Pflege- und Reinigungsmittel, die in Deutschland zum Verkauf angeboten werden, sind bei bestimmungsgemäßem Gebrauch ungefährlich. „Das gewährleisten freiwillige Sicherheitsmaßnahmen der im IKW organisierten Reinigungsmittelhersteller, und ein anspruchsvoller, gesetzlicher Rahmen in Deutschland und in der Europäischen Union“, so der Experte. Und weiter: „Glycerin ist gemäß dieser Verordnung nicht als gefährlich eingestuft.“ Dennoch informiert Kessler, dass es Folgendes im Umgang mit Glycerin zu beachten gilt:
- keinesfalls in Lebensmittelbehältnissen (z. B. Getränkeflaschen) umfüllen oder darin aufbewahren
- stets getrennt von Lebensmitteln aufbewahren
- nicht in Sicht- und Reichweite von Menschen mit Demenz oder Kindern aufbewahren