12. Juli 2019, 8:18 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Muss man jeden Tag Staub wischen? Und wie gründlich sollte der Fußboden gereinigt werden? Beim Thema Sauberkeit in den eigenen vier Wänden werden unterschiedliche Meinungen vertreten. Deshalb erklären jetzt Experten, wie sauber es zu Hause wirklich sein sollte.
Staub und Schmutz in der Wohnung werden oft als Zeichen mangelnder Hygiene gesehen. Es heißt auch, wer zu wenig oder zu schlecht putzt, gefährdet die Gesundheit seiner Familie. Aber wie sauber soll ein Haushalt denn nun sein? Hanne Tügel hat dazu eine klare Meinung. „Wir sind völlig hysterisch, was die Hygiene anbelangt.“ Die Autorin des Buches „Sind wir noch ganz sauber?“ hält das Putzverhalten vieler Mitmenschen für übertrieben und stellt die Behauptung auf, dass falsch verstandene Sauberkeit ungesund sein kann. „Panik vor Staub und Keimen ist genauso falsch wie Gleichgültigkeit“, so Tügel. „Wichtig ist zu erkennen, wo und wann welcher Schmutz gefährlich sein kann.“
Unsauberkeit und mangelnde Hygiene unterscheiden
Während Staub auf den Möbeln zwar unschön, aber harmlos ist, ist bei Schneidbrettern in der Küche Vorsicht geboten. „Sie müssen nach dem Kontakt mit rohem Fleisch, Fisch und Salat gut abgewaschen werden“, sagt Tügel. „Denn in diesen Lebensmitteln können unwillkommene Keime wie Salmonellen stecken. Erhitzen macht sie unschädlich, aber bei der Verarbeitung gelangen sie auf die Arbeitsgeräte.“
Zu viel Putzmittel mit Chemie können schaden
Bei der Frage, wie sauber ein Haushalt sein soll, muss man genauso beim Einsatz der Putzmittel abwägen. Statt dem Schmutz mit scharfen Reinigungsmitteln zu Leibe zu rücken, rät Tügel zur Abrüstung. Denn in vielen Produkten stecken Substanzen, die schwer abbaubar sind und teils Allergien auslösen können. Auch Bernd Glassl vom Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel erklärt: „Einen Haushalt bekommt man nie keimfrei und das ist auch gar nicht nötig. Man kann viel Chemie einsparen, wenn man das richtige Putzmittel für seinen bestimmten Zweck einsetzt.“
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Desinfektionsmittel sind meist unnötig
Ein Problem stellen gerade Desinfektionsmittel dar. Von deren Nutzung im üblichen Privathaushalt rät das Umweltbundesamt grundsätzlich ab. „Es besteht die Gefahr, dass Desinfektionsmittel falsch angewendet werden, wodurch sich Resistenzen bilden und auch Gefahren für die Gesundheit oder die Umwelt ergeben können“, sagt Experte Christoph Stang. Zumal bei vielen antimikrobiellen Zusätzen in Reinigungsmitteln die Wirksamkeit nicht erwiesen sei. Daher sollten Desinfektionsmittel nur nach ärztlicher Anweisung angewandt werden.
Ein weiterer Grund für den Verzicht: „Das sind aggressive Chemikalien, die im Abfluss weiter wirken und in den Kläranlagen auch die Bakterien dezimieren, die das Wasser reinigen sollen“, so Tügel.
Der Allzweckreiniger reicht
„Für die Hygiene in Küche, Bad, WC und auf anderen Flächen im Haushalt genügen einfache Reinigungsmittel“, erklärt Stang. Ein hautfreundliches Spülmittel, ein milder Allzweckreiniger sowie ein saurer Reiniger zum Beispiel auf Basis von Zitronensäure gegen den Kalk und Scheuermilch bei stärkerer Verschmutzung – dieses Sortiment reicht völlig aus, um einen Haushalt sauber zu halten. Durch die waschaktiven Substanzen in den Mitteln werden Bakterien in ausreichendem Umfang beseitigt.
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Herstellerangaben beachten
Und dann kommt es auf den Putzenden selbst an: Er muss die Reinigungsmittel nach Herstellerangaben anwenden. Die Dosierung ist vom Grad der Verschmutzung und auch von der Härte des Wassers abhängig. „Man sollte die Putzmittel möglichst lange einwirken lassen, denn sie entfalten ihre volle Kraft oft besser nach längerer Zeit“, rät Glassl. Entscheidend ist auch, dass das Mittel für die Oberfläche geeignet ist. Essigessenz etwa kann Armaturen schädigen.
Ecken nicht vergessen
Und doch: So gut man es auf diese Weise auch angeht, es bleiben die heiklen Stellen. Zwar könne man sich manches Putzmittel „fast ganz sparen“, sagt Glassl. Wird zum Beispiel nach dem Duschen die Kabine sofort mit einer Gummilippe und die Ecken mit einem Lappen getrocknet, entstehen erst gar keine Kalkflecken, die später beseitigt werden müssen. „Aber wer ist schon so diszipliniert?“
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Ein bisschen gelassener werden
Gibt es hierfür nicht Tricks? Tügel rät zu Gelassenheit. „Hygiene bedeutet nicht keimfreie Ultrareinheit. Unser Immunsystem ist durchaus in der Lage, mit Schmutz und Bakterien fertig zu werden“, sagt sie. „Überall, wo wir uns bewegen und wo wir hinfassen, lauern Keime in gigantischer Zahl, viele harmlose, aber auch tückische. Trotzdem sind sehr viele Menschen sehr oft ziemlich gesund.“