3. Februar 2020, 15:58 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Alle fünf Jahre müssen Mieter tapezieren und streichen? Wer vorzeitig auszieht, muss die Kosten anteilig zahlen? Nicht alles, was man über Schönheitsreparaturen hört, stimmt. Von angemessenen Fristen bis zu unwirksamen Klauseln: Was Mieter und Vermieter wissen müssen.
Schönheitsreparaturen sind „alle malermäßigen Arbeiten, die erforderlich sind, um die Räume in einen zur Vermietung geeigneten Zustand zu versetzen“, heißt es im Mieterlexikon des Deutschen Mieterbundes (DMB).
Was das in der Praxis bedeutet, erklärt DMB-Pressesprecher Ulrich Ropertz: „Schönheitsreparaturen durchzuführen bedeutet zu streichen und zu tapezieren“, sagt der DMB-Geschäftsführer. „Wenn ich in der Wohnung wohne, vergilbt der Anstrich irgendwann oder wird unansehnlich.“
Der Bundesgerichtshof (BGH) zählt dazu ((Az.: VIII ZR 210/08):
- Anstreichen und Tapezieren der Wände und Decken
- Streichen der Fußböden
- Anstreichen der Heizkörper und Heizungsrohre
- Streichen der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen
Gibt es besonders viele Dübellöcher, kann deren Verschließen auch dazugehören (Az.: VIII ZR 10/92).
Abschleifen der Böden zählt nicht zu Schönheitsreparaturen
- das Streichen der Fenster und Türen von außen oder des gemeinsam genutzten Hausflurs
- das Abschleifen, Grundieren und Lackieren von Wandschränken
- das Abschleifen und Versiegeln von Holzfußböden
Ebenfalls haftet der Mieter nicht für eine normale Abnutzung. Der Mieter muss zwar sorgsam mit der Wohnung umgehen, der Vermieter hat sie aber während der Mietzeit grundsätzlich in einem geeigneten Zustand zu erhalten. Das heißt: „Nach dem Gesetz müssen Mieter keine Schönheitsreparaturen durchführen. Sie können nur über wirksame Klauseln dazu verpflichtet werden“, erklärt DMB-Sprecher Ropertz. Viele Vorschriften in älteren Mietverträgen sind aber nicht zulässig – und deshalb unwirksam.
Der erste Haken aus Sicht von Vermietern: Nach der aktuellen BGH-Rechtsprechung muss die Wohnung beim Einzug vollständig renoviert sein. „Das ist so zu verstehen, dass sie in einem Zustand ist, der derzeit im Wesentlichen keine Schönheitsreparaturen nötig macht“, erklärt Erik Reinke, Fachanwalt für Mietrecht. „Wenn im Detail etwas nicht renoviert ist, ist das kein Problem“, so Reinke. Seien aber lediglich drei von fünf Zimmern renoviert, sehe das anders aus.
Wenn ein Mieter zwar in eine unrenovierte Wohnung gezogen ist, aber für die nötigen Renovierungsarbeiten entschädigt wurde, kann er trotzdem zu Schönheitsreparaturen verpflichtet sein.
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Übergabeprotokoll kann wichtig werden
Kommt es später zum Streit, muss der Mieter beweisen, in welchem Zustand sich die Wohnung beim Einzug befand. Fachanwalt Reinke rät deshalb, ein Übergabeprotokoll anzufertigen, in dem der Zustand festgehalten wird – wie zum Beispiel: „ein ungemalertes Wohnzimmer, Heizungsrohre nicht entsprechend hergestellt“. Auch können Fotos, Videos oder Zeugen helfen.
Selbst wenn es um eine renovierte Wohnung geht, gilt: Sind einzelne Vorgaben zu Schönheitsreparaturen unzulässig, sind alle Bestimmungen dazu unwirksam. „Dann gilt das Gesetz und nach dem Gesetz muss der Mieter nicht renovieren“, so Ropertz vom Deutschen Mieterbund.
Unzulässig sind demnach zum Beispiel Regeln, welche Farben die Wände während der Mietzeit haben dürfen. Gleiches gilt für Vorgaben, dass „nach Bedarf“ renoviert werden soll – denn dann müsste der Mieter unter Umständen auch für Abnutzungen aufkommen, die sein Vormieter verursacht hat. Nicht erlaubt sind auch die pauschale Aussage, dass beim Auszug zu renovieren ist und feste Angaben, wie oft Schönheitsreparaturen durchzuführen sind.
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Starre Klauseln sind unzulässig
Beim letzten Punkt kommt es auf die genaue Formulierung an. Die Fristen dürfen nicht verbindlich sein, also zum Beispiel nicht vorsehen, dass „spätestens“ oder „mindestens“ oder gar fest nach einer bestimmten Zeit zu renovieren ist. Zulässig sind dagegen Bestimmungen, dass „im Allgemeinen“, „üblicherweise“, „grundsätzlich“ oder „in der Regel“ nach einer bestimmten Zeit renoviert werden muss.
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Diese Fristen sind für Schönheitsreparaturen angemessen
Bei älteren Verträgen hat der BGH angenommen, dass folgende Fristen im Allgemeinen angemessen sind (Az.: VIII ZR 230/03):
- Küche, Bäder und Duschen alle drei Jahre
- Wohn- und Schlafräume, Flure, Dielen und Toiletten alle fünf Jahre
- andere Nebenräume alle sieben Jahre
Bei Verträgen, die ab 2008 geschlossen wurden, müssen die Fristen möglicherweise länger sein (Az.: VIII ZR 143/06). Neuere Formulare gehen daher oft von fünf, acht und zehn Jahren aus.
„Aber das ist nur eine Richtschnur“, erklärt Reinke. „Die Vermutung ist, dass die Abnutzung nach Ablauf dieser Fristen so stark ist, dass Schönheitsreparaturen notwendig wären. Der Mieter kann aber das Gegenteil beweisen.“
Wenn etwa jemand in der Wohnung wohnt, der sich so gut darum kümmert, dass gar keine Abnutzungserscheinungen vorhanden sind, dann kann derjenige auch nach zehn oder 15 Jahren gegebenenfalls nicht verpflichtet sein, Schönheitsreparaturen durchzuführen. Umgekehrt können bei starker Abnutzung auch schon früher Arbeiten nötig sein.
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Vermieter kann Schadenersatzanspruch haben
Wenn es eine wirksame Klausel gibt und die Räume entsprechend abgenutzt sind, ist der Mieter in der Pflicht. Weigert er sich, verletzt er den Vertrag. Während der Mietzeit könnte der Vermieter auf Durchführung der notwendigen Arbeiten klagen oder einen Vorschuss dafür fordern – einen Anspruch auf Schadenersatz habe er aber nicht unmittelbar. „Praktisch gibt es diese Fälle so gut wie gar nicht“, sagt Ropertz.
„Der Vermieter hat vor allem ein Interesse, dass die Wohnung in einem guten Zustand zurückgegeben wird, wie oft während Mietzeit gestrichen wird, ist ihm egal.“ Spätestens beim Auszug müssen die fälligen Malerarbeiten aber nachgeholt werden. Geschieht dies trotz einer gesetzten Frist nicht oder nicht fachgerecht, kann der Vermieter Anspruch auf Schadenersatz haben.
Schönheitsreparaturen während der Mietzeit: Darf der Vermieter Umsetzung überprüfen?
Im Fall einer wirksamen Schönheitsreparaturklausel müsse „der Mieter tätig werden, wenn er nicht ausnahmsweise belegen kann, dass trotz des Zeitablaufs noch kein Renovierungsbedarf besteht“, erklärt DMB-Sprecher Ulrich Ropertz auf Nachfrage von myHOMEBOOK. Der Vermieter könne die erforderlichen Renovierungsarbeiten anmahnen und Nachweise fordern, dass renoviert worden sei. „In diesem Zusammenhang kann er auch einen Termin für eine Wohnungsbesichtigung vereinbaren“, so Ropertz.
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Wann Mieter Geld zurückverlangen können
Quotenabgeltungsklauseln, die vorsehen, dass ein Mieter einen anteiligen Betrag zahlen muss, wenn die Fristen beim Auszug noch nicht abgelaufen sind, sind laut BGH ungültig, erklärt Reinke (siehe zum Beispiel Az.: VIII ZR 52/06). Ohne zusätzliche Regelung müssen Mieter ihre Wohnung besenrein zurückgeben, sagt Reinke.
Wer Schönheitsreparaturen durchgeführt hat, obwohl die Klausel unwirksam war, oder wegen einer unwirksamen Quotenklausel Geld gezahlt hat, kann die Kosten vom Vermieter zurückverlangen. Der Anspruch verjährt allerdings sechs Monate nach Rückgabe der Wohnung (Az.: VIII ZR 12/12). Der Deutsche Mieterbund rät, Rechnungen für gekauftes Material oder die Beauftragung eines Fachbetriebs aufzubewahren.