8. Mai 2019, 11:46 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
220,5 Kilo Verpackungsmüll produziert jeder Deutsche durchschnittlich in einem Jahr. Viel zu viel! Wer heute umweltbewusst leben möchte, kommt nicht um eine Mülltrennung herum. Aber auch die Menge an Müll, die wir produzieren, lässt sich leicht reduzieren. myHOMEBOOK sprach dazu mit Philipp Sommer, Abfallexperte bei der Deutschen Umwelthilfe.
Was viele nicht wissen: Der sogenannte gelbe Sack ist Teil des „dualen Systems“ in Deutschland. Anders als beim normalen Rest- oder Papiermüll tragen die Entsorgungskosten für den Verpackungsmüll nicht die Verbraucher, sondern Industrie und Handel. In vielen deutschen Gemeinden werden die gelben Säcke rationiert ausgeben, das heißt zu Jahresbeginn erhält man mit Coupons eine bestimmte Anzahl an Müllsäcken.
Und damit muss man eben auskommen. In der Schweiz kostet jeder Müllsack, der entsorgt werden soll gleich Geld. In der Stadt Bern im Jahr 2018 etwa für 10 Säcke á 35 Liter etwa 12,30 Euro. Da lohnt sich Müllvermeidung mit den Tipps von Philipp Sommer von der Deutschen Umwelthilfe auch in finanzieller Hinsicht.
1. Einweg-Produkte vermeiden
Das geht am einfachsten bei Getränken, erklärt Sommer: „In Deutschland haben wir die Besonderheit, dass es Getränke in Mehr- und Einwegflaschen gibt, aber beide haben Pfand.“ Welche also nehmen? Der Experte empfiehlt: Zur Mehrwegflaschen greifen – egal, ob Plastik oder Glas.
„Das ist auf jeden Fall die umweltfreundlichere Wahl, weil diese Flaschen mehrmals befüllt werden“, stellt Sommer klar. Auch Joghurt sollte man im Pfandglas kaufen. Damit entfällt auch das mühsame Trennen von Alu-Deckel, Papier-Etikette und Plastikbecher.
Wer glaubt, er tue der Umwelt schon mit Einweg-Glasflaschen etwas Gutes, hat sich leider auch getäuscht. Die Sortierung und Wiederaufbereitung der Scherben verbraucht deutlich mehr Energie, als die Reinigung einer Mehrwegflasche.
Auch bei Camping- und Plastikgeschirr können Sie sich Plastik- oder Metallgeschirr zulegen, dass Sie mehrfach verwenden können.
2. Beim Bestellen auf Mehrweg achten
„Immer mehr Restaurants bieten in verschiedenen Städten Mitnehmboxen an, die gegen einen Pfandbetrag bei teilnehmenden Restaurants auch wieder zurückgegeben werden können und nach der Reinigung wiederverwendet werden.“
Philipp Sommer
Auch beim Coffee-To-Go setzt sich der Pfandbecher immer mehr durch. Das ist nicht nur umweltbewusst, sondern spart auch Geld. Viele Läden bieten dann eine Vergünstigung an. Also bei der nächsten Bestellung beim Lieferdienst, einfach mal die Optionen checken, wie das Essen geliefert wird. Wer über einen Internetdienst bestellt, kann oft zwischen verschiedenen Lieferoptionen wählen. Teilnehmende Restaurants machen oft auf die Mehrweglieferoption aufmerksam. Ein Verzeichnis, wer bereits bei den verschiedenen Systemen dabei ist, gibt es bisher leider nicht.
Ähnliche Systeme setzen sich sogar langsam beim Shopping durch: Erste Online-Händler testen bereits wiederverwendbare Bestellboxen des finnischen Start-ups „RePack“. Zwar setzt sich diese Idee erst bei kleineren Händlern mit einem Onlineshop durch, aber auch Versandriese Amazon setzt mit seiner „frustfreien Verpackung“ zumindest darauf, Müll zu reduzieren.
3. Stoffbeutel für Einkäufe verwenden
„Der wohl einfachste Schritt ist es, einfach einen Rucksack oder Stoffbeutel einzupacken, wenn man einkaufen geht“ Immer mehr Menschen benutzen Einkaufstüten, die sie immer wieder benutzen können. „Jetzt müssen nur noch die Papiertüten durch abfallarme Mehrwegtaschen ersetzt werden“, sagt Sommer. Denn die werden eigentlich auch nur einmal benutzt.
4. Obst und Gemüse brauchen selten eine Verpackung
„Obst und Gemüse muss man in der Regel nicht verpacken“, stellt Sommer fest. Von Natur aus sind die Früchte durch ihre Schale geschützt. Auf die kleinen Plastiktütchen in der Obst- und Gemüseabteilung sollten Sie sowieso dringend verzichten, denn diese landen zuhause meistens direkt im Mülleimer. „Immer mehr Läden haben auch hier spezielle, kleine Stoffbeutel für Obst und Gemüse im Verkauf“, so Sommer. Diese sind wiederverwertbar und leicht zu reinigen.
5. Vorratsboxen beim Einkauf verwenden
„Mittlerweile akzeptieren das so gut wie alle Supermärkte. Dann können Sie ganz unkompliziert und ohne zusätzliche Verpackung zum Beispiel ihre Wurst, Fleisch, Käse und Feinkostsalate direkt in eine Tupperdose geben lassen. So entsteht kein zusätzlicher Abfall“, erklärt Sommer.
Auch Brot. Brötchen, Kuchen und Gebäck beim Bäcker kann man sich problemlos direkt in einen mitgebrachten Behälter oder Beutel geben lassen.
6. Auf recycelbare Verpackungen achten
Manchmal geht es eben doch nicht, Produkte ganz ohne Verpackung zu kaufen. Dann sollten Sie wenigstens darauf achten, dass die Verpackungsmaterialien recycelt werden können. „Das ist nicht ganz einfach zu erkennen, aber zum Beispiel Verbundverpackungen sollte man meiden oder bei der Entsorgung die verschiedenen Materialien voneinander trennen.“
Philipp Sommer
Achten Sie außerdem auf Verpackungen mit einem hohen Anteil an Recycling-Materialien. Meistens steht das hinten auf der Verpackung drauf. Auch einige Siegel, wie der „Blaue Engel“ oder „flustix“ für Plastikfreie Verpackung geben darüber Auskunft. „Wenn bei der Verpackung Mehrweg nicht möglich ist, ist der Einsatz von Recyclingmaterialien wichtig für eine verbesserte Ökobilanz“, erklärt der Abfallexperte.
7. Konzentrate in Pulverform kaufen
Pulverwaschmittel ist für die Umwelt wesentlich besser als Flüssigwaschmittel – und bewahrt Sie so vor überquellenden Mülltonnen. „Konzentrate halten länger – dadurch kauft man weniger und produziert weniger Abfall“, weiß Sommer. Ein weiterer Tipp von ihm: „Nachfüll-Packs kaufen.“ Ihre Verpackung ist oftmals kleiner und weniger aufwendig.
8. Auf die Art der Verpackung achten
Das beste Beispiel ist Schokolade, wie Sommer erklärt: „Da gibt es oft Sorten die doppelt in Plastik verpackt sind oder noch einmal mit Papier ummantelt sind. Gerade teure Sorten haben noch einmal eine zusätzliche Alufolie. Dabei wäre eine einzige Plastikverpackung ausreichend – und selbst diese ist mit dem richtigen Konzept vermeidbar.“
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Denn es geht es auch ohne: Entweder nur in Papier oder nur in einer Schicht Folie verpackt. Zwei Mal in Papier verpackt ist übrigens nicht besser als zwei Mal in Folie: „Von der Umweltbilanz nimmt sich das nicht viel“, erklärt Sommer. Bei Papierverpackung komme etwa ein höherer Energie- und Wasserverbrauch zum Tragen. „Doppelte Verpackungen bedeuten immer eine Mehrbelastung“, sagt Sommer.
Darauf, wie Produkte verpackt sind, sollte man viel häufiger achten. Je weniger zusätzliche Verpackung, desto besser. Zum Beispiel bei Zahnpasta, wo die Tube oft noch in einen Karton steckt. Kaufen Sie einfach eine ohne zusätzliche Verpackung.
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9. „Unverpackt“-Läden ausprobieren
Wer komplett auf Verpackungen verzichten möchte, sollte am besten in sogenannten unverpackt-Läden einkaufen. „Davon gibt es allerdings noch nicht sehr viele in Deutschland“, sagt Sommer. Wenn Sie allerdings einen in Ihrer Stadt gefunden haben, bekommen Sie dort alles, was es in einem normalen Supermarkt auch gibt – nur eben ohne Verpackung. Mehl, Pasta, Reis oder Müsli können Sie dort direkt in Gläser, Dosen und andere Mehrweg-Behältnisse einfüllen. Und sparen sich so sehr viel Müll. Das Beste: Die Vorratsdosen und Gläser sehen in Ihrer Küche auch noch top aus!