24. Februar 2021, 20:48 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Die 80er-Jahren waren ein buntes und facettenreiches Jahrzehnt. Doch spiegelten sich die Lebendigkeit und der wilde Lebensstil auch im Interieur wider?
Die 80er-Jahre waren in vielerlei Hinsicht eine äußerst bemerkenswerte Dekade. Und zwar so sehr, dass sie schon seit einiger Zeit in Mode und Musik, aber zunehmend auch im Interior Design wieder aufgegriffen und neu interpretiert wird. Doch was war damals eigentlich typisch für den Wohnstil und wie kann man heute im Stil der 80er einrichten?
Übersicht
Die 80er, eine Zeit der Kontroverse
Definitiv war diese Ära eine Zeit der Kontroverse. Der Konsumwahn nahm zu, Stimmungen heizten sich immer mehr auf. Bunte, knallige Relikte aus den vorherigen Jahrzehnten waren auch in den 1980ern noch präsent, sahen sich aber zunehmend mit einem populären, vergleichsweise farblosen Antistil konfrontiert und verblassten allmählich. Verschiedene Lebensmodelle wie das des Yuppies waren en vogue, brauchten aber nicht lang auf eine passende Gegenbewegung zu warten. Denn der Landhausstil und das Rückbesinnen auf die Natur fanden damals ebenso Anklang in Teilen der Bevölkerung.
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Einrichten wie in den 80er-Jahren – bunt, wild, grenzenlos?
Zunächst begannen die 1980er-Jahre genauso bunt wie es die 1970er-Jahre vorgemacht hatten, nur dass sich statt Kunststoff Plüsch in den Wohnungen breit machte. Gern hüllte der kuschelige Stoff Sofas, Sessel oder Hocker in schrillen Farben. Mindestens genauso wild waren die Muster der damaligen Zeit, häufig im Zebra- oder Leoparden-Look. Aus visueller Sicht wurden sämtliche Grenzen gesprengt, einfach alles schien erlaubt. Ein komplett konträrer Gegenentwurf bot dem Ganzen schließlich Einhalt: Der sogenannte Antistil kam auf und mit ihm zahlreiche farblose Designermöbel.
Weniger Mainstream, mehr Design
Es war vor allem das Streben nach Ästhetik, das sich in puncto Möbeldesign immer mehr ausgebreitet hatte. Dies wurde besonders mit dem Aufkommen der Yuppies deutlich. Sie standen exemplarisch für ein modernes, selbstbestimmtes, individuelles Dasein und wandten sich bewusst gegen den bunten Mainstream. Sie zogen es vor, in einem charismatischen Loft mit reichlich stilvollen Designerprodukten und Ledermöbeln zu wohnen. Dazu kombinierten sie neumodische Jalousien am Fenster, Neonröhren an der Decke und Pop-Art-Kunst als einzigen knalligen Akzent im Raum.
Sitzmöbel, Schränke, Regale und Co. waren zunehmend minimalistisch in ihrem Design gehalten, allerdings dafür umso opulenter in Größe und Form. Natürlich, denn sie wurden als Statement für einen gehobenen Lebensstil verstanden. Dabei trafen häufig schwarz oder weiß glänzende Lederpolster auf Beine und Gestelle aus Chrom. Diesem massiven Look gegenüber stand ein filigraner(er) Glastisch, der ebenfalls mit verchromten Beinen versehen war.
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Form und Funktion
Viele Entwürfe der 1980er-Jahre muteten äußerst futuristisch an. Man sprach zwar erstmals von „Form follows Function“, aber Produkte wie das Regal „Carlton“ von dem italienischen Designer Ettore Sottsass bewiesen das Gegenteil. Das ausgefallene Regal machte leer und unbenutzt eindeutig mehr her, als wäre es prall mit Büchern gefüllt gewesen. Später wurde dann bestätigt, dass es sich bei den damaligen Designs keineswegs um Massenproduktionen handeln sollte. Vielmehr repräsentierten diese Unikate oder Kleinstserien ein Statement gegen den Konsumwahn.
80er – Einrichten mit Farbe oder ohne?
Klassiker „Carlton“ sorgte aber auch deswegen für viel Aufsehen in der Designszene, weil sämtliche Einzelteile des Regals in verschiedenen Farben ertönten. Eine Hommage an die Popkultur und gleichzeitig eine markante Note des Möbelstücks. Auch an den Wänden sah man im Kontrast zum eher farbarmen Ensemble oftmals knallige Pop-Art-Drucke von Andy Warhol oder Roy Lichtenstein. Generell lösten bei der Wandgestaltung allmählich großformatige Fototapeten mit karibischem Ausblick die floralen und ornamentalen Tapeten der Jahre zuvor ab. Alternativ wurden damalige Wände auch ganz in Weiß gehalten.
Holzmöbel ja, aber bitte günstig
Auch Holz war in den 1980er-Jahren nach wie vor ein Thema, allerdings anders als in den Jahr(zehnt)en zuvor. So waren es in dieser Dekade Sperrholzmöbel, die den Markt und damit die Wohnungen und Häuser der Bevölkerung eroberten. Tische, Regale, Schränke und vieles mehr wurden jetzt schneller und günstiger aus Eiche oder Birke gefertigt – vorher waren es Massivholzmöbel aus Nussbaum oder Teak. Platten, die aus zusammengepressten Spänen und einem Folienüberzug als Holzimitat bestanden, genügten viele Menschen und eröffneten ihnen den Zugang zu „Holzmöbeln“.
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Die 80er beim Einrichten ins Heute übersetzen
Besonders in der Mode- und der Musikwelt wird sich aktuell reichlich an den 1980ern bedient. Auch in den Bereich des Interior Designs kehrt das beliebte Jahrzehnt aktuell wieder zurück. Markante Details wie Pailletten und Glanzeffekte findet man heute in Form von Metallic-Akzenten in den heimischen vier Wänden wieder. Schon seit Jahren sind Leuchten und Accessoires geprägt von diesem Look.
Auch ist derzeit ein Abwenden von (kräftigen) Farben zu beobachten. Stattdessen sind es die sanften oder Naturtöne, die das Zuhause kleiden. Eine Entwicklung also, wie sie etwa in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre bereits stattgefunden hatte. Damals wollte man sich allmählich dem poppigen Ausschweifen der 1960er und 70er entziehen und setzte stattdessen auf unbunte Farben wie Schwarz, Weiß oder Grau sowie metallene Akzente durch zahlreiche verchromte Möbelbeine. Auch war damals schon eine kleine Öffnung in Richtung Landhausstil zu spüren.
Der Hang zum Minimalismus und dem damit verbundenen Infrage-stellen eines ausgeprägten Konsumverhaltens lebt heute wieder mehr denn je auf. Nicht zuletzt auch, weil ein gesteigertes Bewusstsein für das Thema Nachhaltigkeit unseren momentanen Zeitgeist bestimmt.