16. Februar 2020, 16:14 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Wer denkt Grau sei keine Einrichtungsfarbe, der irrt. Denn diese Farbe holt das Beste aus einem Zuhause heraus. Wie das geht? Interior Designerin und myHOMEBOOK-Redakteurin Odett Schumann erklärt, worauf man dabei achten sollte.
Langeweile, Tristesse, Unkreativität, Traurigkeit – die Farbe Grau wird überwiegend mit viel Negativem assoziiert. Kein Wunder, denn Grau ist die Farbe für schlechtes Wetter, für Asphalt und auch für Unauffälligkeit. Nicht umsonst spricht man von der „grauen Maus“ oder dem „mausgrauen Wetter“, beide Redewendungen sind eher abwertend konnotiert. Der Farbton bildet die Mischung aus Schwarz und Weiß und wird damit zum neutralen Zwischenton. So gilt er entsprechend auch als versöhnlich und verbindend, aber auch als mutlos und ängstlich. Grau fällt damit – genau wie Schwarz und Weiß – in die Riege der unbunten Farben, auch Nichtfarben genannt. Es ist kein Teil des Farbkreises und steht somit vollkommen isoliert da. Es stellt sich die Frage: Wie kann Einrichten mit Grau dann überhaupt funktionieren?
Denn all das spricht nicht gerade für ein Einrichten mit Grau und es wäre ein Leichtes, hierbei auf den vermeintlich tristen Farbton zu verzichten. Doch es ist an der Zeit, die positiven Seiten, mehr noch, das Potenzial der Farbe Grau hervorzuheben: myHOMEBOOK verrät, warum der Farbton in die heimischen vier Wände gehört und wie Sie ihn geschickt einsetzen können.
Grau und die Farben
Gestatten Sie eine Verbindung zur Natur: Nach einer langen, grauen Herbst-Winter-Saison freuen wir uns auf Frühling und Sommer, die Wiesen und Wälder nur so in saftige Farben tauchen. Eine willkommene Abwechslung, die auch umgekehrt funktioniert. Denn am Ende eines langen Sommers sehnt man sich fast schon nach etwas weniger Intensität, genauer noch, etwas weniger Farbe. So verhält sich Grau auch in der Farblehre in Verbindung mit knalligen Farben, denn im Zusammenspiel entwickelt Grau geradezu eine Art Booster-Funktion. Es verstärkt die Wirkung der Gegenfarbe und überlässt dieser dadurch die visuelle Bühne.
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Grau kann also die Wirkung einer Farbe deutlich intensivieren und dabei sogar auch ein wenig optisch beeinflussen. Der Grund hierfür ist übrigens der sogenannte Simultankontrast, welcher je nach Farbtemperatur des Grautons eine bunte Farbe rot- oder kaltstichig wirken lässt.
Doch nicht nur das: Grau kann anderen Farben auch eine gewisse Schleierwirkung verpassen – und das muss nicht immer von Nachteil sein. Tönt man eine sehr intensive Farbe mit ein wenig Grau ab, wird dieser die Farbsättigung genommen und die Leuchtkraft relativiert sich. Ein Effekt, der aktuell im Bereich Wohnen und Einrichten viel vertreten ist und dabei sehr gemütlich wirkt.
Einrichten mit Grau
Kommt Grau mehr oder weniger großflächig zum Einsatz, wird dem Raum zwar eine kühle Komponente verpasst, das Zuhause muss aber deswegen nicht weniger gemütlich sein. Denn dann gilt es, mit warmen Tönen auszugleichen. Hier bieten sich andere natürliche Farben wie Beige, Greige, Braun oder Grün an, sowie Materialien wie Holz, Ton oder Kork. So entsteht spielend einfach ein ruhiges Wohlfühlambiente, wofür es nicht einmal warme Intensivtöne braucht.
Doch soll das Raumambiente eher kontrastreich sein, bieten sich vor allem Kombinationen mit den Primärfarben Gelb oder Rot oder Orange als Mischung der beiden Töne an. Es würde hier schon reichen, sich nur auf Accessoires zu konzentrieren. So oder so treten diese Farben dank des ruhigen Grautons deutlich mehr hervor. Gleichzeitig wird der Gesamtlook neutralisiert. Diese „Fähigkeit“ beschert Grau einen universellen Einsatz beim Einrichten: ein graues Sofa mit bunten Kissen und Decken wirkt genauso einladend und gemütlich wie ein rotes Sofa vor einer grauen Wandfläche.
Grau als Material
Seit Jahren schon reißt der Trend um Beton und Beton-Optiken nicht ab. Gerade hippe Mode- oder Lifestyle-Läden, aber auch Altbauwohnungen im Loft-Stil setzen derzeit auf den absoluten Raw Look und lassen die Wände einfach so wie sie sind – roh! Kein Farbanstrich, keine Tapete, keine sonstige Wandverarbeitung. Damit verleiht man dem Interieur einen natürlichen Rahmen und die Verkaufsware oder die Wohnungseinrichtung steht ganz im Zentrum des Geschehens.
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Insbesondere bei Küchen sieht man immer häufiger Fronten in Beton-Optik, was den Dauertrends der letzten Jahrzehnte, weiße oder hölzerne Küchenfronten etwas entgegensetzt. Alternativ werden sogar ganze Wände im Betonlook gehalten oder Möbeloberflächen großzügig damit versehen.
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Grau mit Grau kombinieren
Aufgrund seiner zahlreichen Facetten eignet sich Grau auch hervorragend zum Einrichten mit Ton-in-Ton. Dieser Look soll nicht gemütlich sein? Oh doch und wie! Ein Beispiel: ein mittelgraues Sofa mit gräulich gemusterten Kissen vor einer Wand in Anthrazit harmoniert wunderbar zusammen und verpasst dem Raum sehr viel Ruhe. Dieser Look muss keinesfalls langweilig aussehen. Wem dies dennoch zu schlicht ist, der kann mit pointiert gesetzten Accessoires in Knallfarben oder im Metallic Look, kleine Highlights setzen.
Das Besondere beim Einrichten mit Grau ist zudem, dass dessen verschiedenen Töne äußerst vielseitig und universell in ihrem Einsatz sind. So passt Grau zu nahezu jedem Einrichtungsstil: ein kräftiger Anthrazitton ist eine ideale Wahl für ein modern eingerichtetes Zuhause und verschafft diesem eine gewisse Eleganz. Wohingegen ein hellgraues Sofa eher lässig wirkt und sich in einem skandinavisch angehauchten Setting sehr gut wiederfindet.