28. September 2021, 20:51 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Stilbrüche galten beim Einrichten lange Zeit als verpönt. Heute ist klar, Kontraste beleben einen Raum. Anarchie herrscht beim Kombinieren dennoch keineswegs. myHOMEBOOK-Redakteurin und Interior Designerin Odett Schumann erklärt, wie man Stilbrüche gekonnt einsetzt und auf was man achten muss.
Die Frage nach dem eigenen Einrichtungsstil wird häufig gestellt, sie zu beantworten fällt jedoch gar nicht mal so leicht. Denn genau wie die Welt immer bunter wird und Grenzen verschwimmen, experimentieren auch Liefestyle-Bereiche wie Mode oder Interior Design gern mit verschiedenen Stilen. Warum? Weil so Kontraste entstehen und ein Look deutlich spannender wirkt. Da kann schon mal das Designermöbel mit dem DIY-Projekt kombiniert werden. Lange Zeit galt eine gewisse Stiltreue als die Maxime, eine Vermischung mehrerer Stile wurde fast schon abschätzig Stilbruch genannt. Heute spricht man wesentlich positiver auch vom sogenannten Stilmix. Wie das Einrichten mit Stilbrüchen funktioniert und was es zu beachten gilt, lesen Sie hier.
Dazu passend: 7 Kontraste, die man beim Einrichten kennen sollte
Übersicht
Warum ist ein Stilbruch beim Einrichten wichtig?
Zweifelsohne haben Kontraste eine belebende Wirkung, eine Einrichtung gewinnt durch gelegentliche Stilbrüche deutlich an Spannung. Gerade bei stilreinen Einrichtungen wird dieser Aspekt mit der Zeit relevant. Denn sie neigen schnell dazu langweilig zu wirken. Zudem gibt es heutzutage eine enorme Palette an Stilen, was das Festlegen auf nur einen einzigen, zunehmend schwieriger gestaltet. Ein Stilmix befreit also davon, sich entscheiden zu müssen und lässt es zu gleich mehrere Stilrichtungen einfließen zu lassen. Und mit einem guten Gespür fürs Einrichten findet so beispielsweise die Vintage-Kommode vom Flohmarkt problemlos neben dem Bett im Scandi-Style einen Platz. Eine extremere Form eines Stilbruchs kann es sein, wenn ein Urlaubsmitbringsel aus einer fernen Kultur, das man von europäischen Wohnstilen nicht kennt, aber mit diesen kombiniert. Dann wird der Kontrast enorm gesteigert und die Elemente kommt – wie ein Solist im Orchester – besonders gut zur Geltung.
Was man über den Stilmix wissen sollte
Weil ein Stil das Bündnis aus verschiedenen einzelnen Elementen bedeutet, kann ein Stilbruch auf verschiedenen Ebenen stattfinden. So können sich beispielsweise Farben, Formen, Muster oder Materialien in einem Raum konträr gegenüberstehen. Entsprechend lässt sich ein Stilmix auch immer wieder neu anpassen und das meist ohne großen Aufwand! Textilien wie Kissen, Decken oder Teppiche sind schnell ausgetauscht und können einen ganz neuen visuellen Twist ins Interieur bringen. Etwas aufwendiger, aber dafür meist auch intensiver im Effekt, wird es, wenn Wände tapeziert oder umgestrichen werden oder das Sofa einen neuen Bezug erhält. Ein Stilbruch muss aber nicht immer extrem ausfallen, wie es bei knalligen Farben oder exzentrischen Mustern der Fall ist. Ein Stilmix kann auch sanft gehalten sein, wenn beispielsweise Pastelltöne, die tendenziell eher dem Shabby Chic zuzuordnen sind, auf den Scandi Style treffen. Dieser wird normalerweise von kräftigen Rot- und Blautönen dominiert, aber eben von so einigen hellen Hölzern und genau diese ergeben in Kombination mit zartem Pastell eine besondere Mixtur.
Und so wird der Stilbruch zum Stilmittel beim Einrichten
Will man den Stilbruch als Stilmittel einsetzen, gibt es nahezu unendlich viele Möglichkeiten. Ein prominentes Beispiel bildet hier der beliebte Industrial Style. Dieser besticht grundsätzlich durch viele raue Materialien wie Beton, Eisen, dunkle Farben und Hölzer. Weil das aber für die meisten Geschmäcker zu brachial wirkt, werden häufig für etwas mehr Gemütlichkeit komplett konträre Materialien wie ein weiches Schaffell, viel Licht für mehr Helligkeit und manchmal auch floral-verspielte Details dazu kombiniert. Auch umgekehrt, lässt sich bei tendenziell helleren Stilen wie dem Shabby Chic oder dem Scandi Style mittels grob wirkender Materialien wie Altholz und Gusseisen, leicht Spannung in den Look bringen. Ein modernes Interieur, das entsprechend viele glänzende, aber vor allem glatte Flächen enthält, wirkt weniger perfekt, wenn man bewusst einige „Makel“ einbaut. Hier kann ein Vintageobjekt wie ein alter Chesterfield-Sessel oder ein stark texturiertes Material wie eine Decke im Waffelpiqué für einen Stilmix sorgen. Dem klassischen Stil wird mit leicht exzentrischen Mustern (grafisch, organisch, floral) deutlich an Strenge genommen.
Hier eine Auswahl an möglichen Stilbrüchen:
Neu – Alt
Hell – Dunkel
Weich – Hart
Glatt – Rau
Bunt – Neutral
Warme Farbe – Kalte Farbe
Filigranes Muster – Großflächiges Muster
Organische Formen – Eckige Formen
Glänzende Elemente – matte Elemente
Design – DIY
Detailreich – Minimalistisch
Klare Struktur – Lässiges Chaos
Dramatischer Look – Leichtes Flair
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Für welche räumlichen Gegebenheiten sich ein Stilmix am besten eignet?
Weil ein Stilmix zweifelsohne eine mehr oder weniger gewaltige Wirkung auf ein Ambiente hat, sollte man ihn je nach Raumgröße wohldosiert einsetzen. So sollte es in kleinen Räumen keine zu wilden Stilbrüche in großer Menge geben. Hier eignen sich tendenziell eher abgeschwächte Formen eines Stilbruchs, damit der Raum nicht erschlagend wirkt. In größeren Wohnungen wie einem Loft kann man schon großzügiger vorgehen, da Stilbrüche hier besonders gut zur Geltung kommen. Soll ein Element oder ein Bereich innerhalb eines Raums besonders hervorgehoben werden oder ist ohnehin von außergewöhnlicher Form wie zum Beispiel eine Säule, dann kann ein Stilbruch unterstützend wirken. Auch architektonische Gegebenheiten können mittels eines Stilbruchs das Inventar deutlich betonen. Ein historisches Gebäude mit offenem Mauerwerk innerhalb der Wohnung steht in einem exzentrischen Kontrast zu einer modernen Einrichtung mit glatt-glänzenden Flächen. In einem Neubau sorgen hingegen Möbel vom Flohmarkt für einen raffinierten Look.