17. September 2019, 17:13 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Mit etwas Glück und dem Blick für Details können Sie beim nächsten Flohmarktbesuch echte Schätze ergattern. Egal ob Nierentisch, Designerlampe oder Jugendstilkommode – es lohnt sich, vor dem vermeintlichen Schnäppchenkauf genau hinzusehen. myHOMEBOOK hat bei einer Expertin nachgefragt, worauf Sie achten sollten.
Zwischen altem Trödel und abgewrackten Einrichtungsgegenständen gibt es auf dem Flohmarkt immer wieder echte Raritäten, manchmal sogar zum Schnäppchenpreis. Doch Vorsicht, denn hinter manchen augenscheinlichen Vintage-Möbeln stecken billige Plagiate, die künstlich auf alt getrimmt sind. myHOMEBOOK erklärt, woran Sie echte Antiquitäten erkennen. Und mit ein wenig handwerklichem Geschick können Sie defekte Exemplare auch noch selbst aufmöbeln.
Möbel vom Flohmarkt: Hier warten echte Schätze für die Wohnung
Shabby Chic und Vintage sind nur zwei beliebte Einrichtungsstile, die Sie mit Fundstücken vom Flohmarkt ganz leicht selbst realisieren können. Es kann sich zudem lohnen, günstige Möbel aus vergangenen Zeiten mit leichten Macken zu erstehen, die Sie mit wenigen Handgriffen selbst restaurieren. In manchen Fällen können Sie so alte Schmuckstücke aus Großmutters Zeiten zu neuem Glanz verhelfen.
Tipp: Bei schadhaften Möbeln haben Sie auch mehr Verhandlungsspielraum, da die Trödler diese nicht so leicht loswerden.
Woran erkennt man echte Vintage-Möbel auf dem Flohmarkt?
Der Schein kann trügen, denn in manchen Fällen sind augenscheinliche Retro-Möbel vom Flohmarkt kaum älter als ein paar Jahre. Da Mobiliar im Vintage-Look auch künstlich gealtert sein kann und bereits ab Werk mit unechter Patina versehen sind, sollten Sie genau auf das Material und die Verarbeitungsweise achten.
Sogar für Profis ist es manchmal schwierig, ein altes Möbelstück von einem auf alt getrimmten zu unterscheiden. „Der Fachmann schaut generell auf die Beschaffenheit von Holz und Oberflächenüberzug, mit dem das Möbel veredelt wurde“, erklärt Patricia Brozio vom Verband der Restauratoren e.V. auf Anfrage von myHOMEBOOK. „Dies zu erkennen, erfordert jedoch jahrelanges Training beim Hinsehen und eine umfangreiche Kenntnis der verschiedenen Materialien.“ Doch gibt es einige grundsätzliche Merkmale, an denen auch weniger geübte Flohmarktbesucher erkennen können, ob es sich um ein Original oder eine Nachbildung handelt.
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1. Der Blick ins Innere
„Das Holz von Schränken wurde früher in der Regel innen roh belassen oder gegebenenfalls noch mit einer Tapete ausgeschlagen“, erklärt Brozio. „Wenn die Schrankböden also gelackt oder geölt sind, kann es sein, dass es sich um eine Nachbildung handelt oder aber später nachgearbeitet wurde,“ meint die Expertin.
2. Bearbeitung der Rückwand
Außerdem kann ein Blick auf die Rückseite von Möbeln Hinweise auf die Echtheit geben. „Ovale Rillen und Riefen stammen von Schrubb-Hobeln, die vor der Industrialisierung genutzt wurden“, so Brozio. Erst später wurden die Rückwände komplett glatt gehobelt. Wenn Ihnen also ein Möbelstück mit glatt gehobelter Rückwand als echte Antiquität angeboten wird, sollten Sie vorsichtig sein.
3. Holzverbindungen kontrollieren
Außerdem können die Holzverbindungen Aufschluss über das Alter des Möbels geben. „Früher wurden die Holzbretter unter anderem miteinander mit Zapfen und Holznägeln miteinander verbunden und nicht verschraubt,“ erklärt Brozio. Diese alten Handwerkstechniken kamen in späteren Zeiten nicht mehr so häufig zum Einsatz.
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4. Achten Sie auf die Dicke der Furniere
Bei furnierten Möbeln – also Möbelstücken aus weniger wertvollem Holz, die mit edleren dünnen Holzblättern belegt sind – kann auch die Dicke des Furniers Hinweise auf den Entstehungszeitraum geben. „Erst seit der Industrialisierung ist es möglich, sehr dünnes Furnier herzustellen“, weiß die Möbelexpertin. „Früher waren Furniere dicker.“ Wenn Sie beim nächsten Flohmarktbesuch also ein Möbelstück mit dicken Furnieren sehen, können Sie relativ sicher sein, dass es sich um ein echtes Original handelt.
5. Falsche Wurmlöcher
Hier lohnt es sich, genau hinzusehen. „Bei Nachbildungen oder Fälschungen sieht man gerne auch künstlich gebohrte Löcher“, weiß Brozio. Diese sollen die Ausflugslöcher von holzzerstörenden Käfern – im Volksmund Holzwurm genannt – nachahmen. Ovale Löcher sind mit hoher Wahrscheinlichkeit echt.
6. Zierborten aus dem Baumarkt
Bei Möbeln, die im Nachhinein gealtert wurden, trifft man gelegentlich auf Zierborten, die es heute noch in Baumärkten zu finden gibt. Auch dies ist ein möglicher Hinweis, dass das Möbel nicht echt ist oder zumindest nachträglich überarbeitet wurde.
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Defekte Stellen bei Möbeln vom Flohmarkt selbst reparieren
Einige Schwachstellen bei gebrauchten Retro-Möbeln können Sie mit etwas handwerklichem Geschick auch selbst reparieren, wie zum Beispiel das Anbringen neuer Knöpfe oder Scharniere. Alter Lack lässt sich abschleifen oder abbeizen und anschließend neu auftragen. Und eine matte Holzoberfläche können Sie mit etwas Leinöl auch wieder zum Glänzen bringen.
Bei größeren Reparaturen warnt Brozio jedoch vor den anfallenden Kosten: „Fehlen etwa Schlösser, Teile des Furniers, Standfüße oder Gesimse, dann kann eine Restaurierung kostspielig werden,“ weiß die Expertin. Dann kann sich auch der Weg zum Fachhändler lohnen, zumal die Preise für Antiquitäten heute gar nicht mehr so hoch seien. Und dann können Sie sich auch sicher sein, dass es sich um echte Originale handelt.