18. Juli 2021, 14:15 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Farbe ist nicht gleich Farbe. Gedeckte Wandfarben sind im Grunde genommen, das ganze Gegenteil von bunten Farben und derzeit beim Einrichten sehr beliebt. Woran das liegt und wie gedeckte Wandfarben auf uns wirken, erklärt myHOMEBOOK-Redakteurin und Interior Designerin Odett Schumann.
Nie hat es weniger Mut zu mehr Farbe gebraucht als aktuell, denn derzeit sind es vor allem gedeckte Wandfarben, die man ausgesprochen häufig sieht. Zu echten Klassikern zählen hierbei wohl Oliv, Braun sowie Moosgrün. In den letzten Jahren haben sich hier jedoch noch einige andere gedämpfte Nuancen mit einem mindestens ebenso starken Wohncharakter hinzugesellt. Welche besondere Wirkung gedeckte Wandfarben also haben und warum man ihren übermäßigen Einsatz nicht scheuen sollte.
Gedeckte Wandfarben lassen uns entspannen
Mit gedeckten Wandfarben sind keinesfalls nur Töne wie Beige, Braun oder Grau gemeint. Unter dieser Farbpalette verstehen sich auch Dunkelblau oder Anthrazit. Und auch wenn es womöglich unvorstellbar erscheint, aber von diesen Farbtönen geht eine harmonische, geradezu beruhigende, Wirkung aus. Dies liegt darin begründet, dass gedeckte Farben nicht als reinbunte Farben gelten, was bedeutet, dass deren Leuchtkraft im Vergleich zu den bekannten Primärfarben Rot, Gelb und Blau deutlich weniger intensiv ist. Gedeckte Wandfarben werden mit Weiß oder Schwarz abgemischt und sind dadurch nur wenig gesättigt. Ein stets leichter Graustich bei all diesen Nuancen ist die Folge und auch der Grund, warum sie gewissermaßen sehr natürlich anmuten. Selbst wenn ein Ton sehr kräftig ausfällt, wirkt er gleichzeitig gemütlich und entspannend.
Viel Farbe, keine Überreizung
Eben weil gedeckte Wandfarben so ausgesprochen zurückgenommen in ihrer Leuchtkraft sind, können sie umso intensiver in den eigenen vier Wänden eingesetzt werden. Hier stört es nicht, wenn statt einer großen gleich alle vier Wände in ein und demselben Farbton gestrichen sind. Auf keinen Fall wird man sich an diesem Anblick so schnell sattsehen, auch nicht bei sehr kräftigen Tönen wie Anthrazit oder Dunkelblau. Setzt man diesen ein visuelles Gegengewicht, beispielsweise in Form eines Massivholzmöbels in einem warmen Kirschbaum entgegen, fängt man die Farbwirkung gekonnt auf. Eine gedeckte Wandfarbe wird den Raum niemals komplett dominieren, sondern immer harmonisch eine Symbiose mit den restlichen Farben im Raum eingehen. Auch wenn mehrere gedeckte (Wand)Farben miteinander kombiniert werden, endet dies nicht in einem wilden, unstimmigen Arrangement und damit einer Überreizung der Augen. Dafür sorgt die verbindende, gleiche Farbtonalität der gedeckten Wandfarben.
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Gedeckte Wandfarben stellen Stereotype auf den Kopf
Gedeckte Farben stellen gewissermaßen auch Klischees auf den Kopf, was sie einmal mehr interessant für den Einsatz in den eigenen vier Wänden macht. Nehmen wir als Beispiel Rosa: dem Pastellton wird gern eine feminine, verspielte Anmutung nachgesagt. Entsprechend häufig findet sich die Farbe dann in Mädchenzimmern wieder. Doch als gedeckte Wandfarbe, also mit einem höheren Grauanteil, verliert Rosa diese Wirkung nahezu komplett. Kombiniert mit eher rauen Materialien wie Betonwänden oder dunklen Farben wie Anthrazit erfährt der Farbton eine ganz neue Facette. Zwar wirkt Rosa dann immer noch feminin, aber keinesfalls mehr kitschig. Es kann sogar ein ausgesprochen edler, mondäner Look entstehen, der mittels Metallic-Akzenten in Messing noch einen besonderen Feinschliff erhält.
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Interessante Kombinationen sind möglich
Generell gelten gedeckte Wandfarben bezüglich Kombinationen als sehr viel kompromissbereiter als reinbunte Farben. Aufgrund ihrer verminderten Leuchtkraft, haben sie eine fast schon neutrale Wirkung, wodurch sie auch in vielen Stilen vertreten sind. So passen sie zum Boho Chic, genau wie auch zu einem natürlichen Ambiente und ebenso in ein modern eingerichtetes Zuhause. Grundsätzlich gibt es dabei nur wenig zu beachten: gedeckte Wandfarben aus dem Spektrum Blau-Grau-Grün, sollten wegen ihres Kaltstichs eher mit anderen warmstichigen Farbtönen kombiniert werden, um so ihre volle Wirkung ausschöpfen zu können. Akzente in Kupfer, Gelb oder Rostbraun sorgen hier für einen visuellen Ausgleich. Alternativ sind solche Kombinationen auch mit Materialien möglich: helle Holztöne wie Birke und Esche oder ein Ledersofa in Cognac bringen ebenfalls ein passendes Gegengewicht. So ein Vorgehen ist natürlich auch umgekehrt, also bei warmen gedeckten Wandfarben, möglich. Einer Wand in einem kräftigen Marsalarot stehen Accessoires aus Beton oder Möbel in Anthrazit ausgesprochen gut. Derartige Kombinationen beugen einer befürchteten düsteren Wirkung optimal vor, vielmehr verpassen sie dem Look sogar eine gewisse Würze.