1. Dezember 2022, 14:49 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten
Guido Heinz Frinken ist Set- und Interior-Designer und verschönert seit Jahrzehnten Wohnungen, Häuser oder auch TV-Sets. In der zweiten Staffel „Das Haus des Jahres: Deutschland“ ist er mit prominenter Unterstützung im ganzen Land unterwegs, um das schönste Haus zu küren. Im Interview mit myHOMEBOOK spricht er über seine Leidenschaft – und was aus seiner Sicht bei der Weihnachtsdeko gar nicht geht.
Bei dem Namen Guido Heinz Frinken klingelt es vielleicht nicht bei jedem sofort – doch sobald man sein Gesicht vor Augen hat und den langen, mächtigen Bart sieht, erkennen ihn die meisten. Bekannt ist der 53-Jährige aber insbesondere für seine Arbeit hinter der Kamera. Für das Setdesign der Show „Das große Backen“ erhielt er 2019 in der Kategorie „Beste Ausstattung Show“ den Deutschen Fernsehpreis. Jetzt ist er wieder einmal vor der Kamera zu sehen – gemeinsam mit prominenten Kolleginnen wie Cathy Hummels, Enie van de Meiklokjes, Natascha Ochsenknecht oder auch Eva Brenner. In der Sendung „Das Haus des Jahres: Deutschland“ beim Spartenkanal HGTV bewertet er besondere, schöne und außergewöhnliche Eigenheime. Im myHOMEBOOK-Interview spricht Guido Heinz Frinken über seinen Beruf als Set-Designer, gibt Tipps für ein kleines Umgestaltung-Budget und verrät, was im kommenden Jahr in keinem Zuhause fehlen darf.
»Man braucht Liebe, um ein Haus zu gestalten
myHOMEBOOK: Gemeinsam mit anderen Prominenten suchst du „Das Haus des Jahres“ – worauf können wir uns in der zweiten Staffel freuen?
Guido Heinz Frinken: „Im Großen und Ganzen kann man sich darüber freuen, dass es wahnsinnig unterschiedliche Häuser sind, die ganz unterschiedliche Schwerpunkte haben. Dabei geht es um liebevoll renovierte alte Häuser, aber auch Neubauten oder sogar ein Hausboot. Und was besonders schön ist, wenn sich unterschiedliche Jurorinnen die Häuser anschauen: Jede achtet auf andere Details. Das war für mich auch sehr interessant.“
Wie bist du denn bei der Punktevergabe vorgegangen, wo lag dein Fokus?
„Ich versuche immer, das Gesamtbild zu erfassen. Manchmal ist der Anfang gut, aber dann ebbt es ab. Man hat dann das Gefühl, dass die Kreativität oder das Durchhaltevermögen ein wenig auf der Strecke geblieben sind – am Schluss ist es dann fast schon etwas lieblos. Ich finde es ganz wichtig, dass man einen grünen Faden hat. Und mir ist auch wichtig, dass ich inspiriert werde. Ich freue mich darüber, neue Dinge und Kombinationen zu sehen. Wenn jemand mutig ist, dann finde ich das super. Und ich lasse mich gerne überraschen – das fließt schon sehr in meine Punktevergabe mit ein.“
„Im Endeffekt muss es mir persönlich gar nicht unbedingt gefallen. Manchmal sind es Kombinationen aus vielen Kriterien und kleine Nuancen, die das Zünglein an der Waage ausmachen und eine entsprechende Punktevergabe herauskitzeln. Manchmal ist es auch gar nicht so mein Geschmack – aber in der Gesamtheit, wenn konsequent ein Stil umgesetzt wurde, begeistert es mich dann schon. Das muss ich dann wirklich wertschätzen – auch, wenn ich da vielleicht gar nicht wohnen wollen würde. Und ich bin überzeugt, dass man Liebe braucht, um ein Haus zu gestalten. Der eine hat die mehr, der andere weniger – und das sieht man auch bei meinen Punkten.“
»Mein Beruf wurde mir in die Wiege gelegt
Du bist Set-Designer – was kann man sich unter diesem Beruf vorstellen? Was macht denn eigentlich ein Set-Designer?
„Im Großen und Ganzen kann ein Set-Designer alles gestalten. Ich kann zum Beispiel Messestände, ganze Messen, aber auch Fotoshootings gestalten. Aber genauso gehören dazu auch Wohnungen oder ganze Häuser. Alles, was man gestalten kann, ist bei dem Beruf mit inbegriffen.“
Und wie wird man Set-Designer?
„Ich glaube, das wurde mir in die Wiege gelegt. Bei uns zu Hause wurde auch immer viel umgestaltet. Ich kam aus der Schule und meine Mutter hatte den Flur neu tapeziert. Ich glaube, das ist etwas, wo man reinwächst. Schon von klein auf wurde ich ständig mit neuen Farben oder mit neuen Bodenbelägen und Fliesen konfrontiert. Inzwischen habe ich auch viele Epochen mitgemacht und weiß, was es schon mal gab – und was jetzt als total neu und crazy verkauft wird.“
Und wie muss man sich das vorstellen, wenn du beispielsweise ein Set für eine Fernsehsendung gestaltest? Hast du da freie Hand und kannst deinen persönlichen Stil einbringen oder gibt es Vorgaben?
„Ich halte es für wichtig, dass auch die persönliche Handschrift zu erkennen ist. Da habe ich das große Glück, dass ich das oftmals auch ohne Weiteres darf. Das liegt wahrscheinlich daran, dass ich fast schon ein Urgestein bin, weil ich bereits so viele Dinge gemacht habe. Trotzdem gibt es immer ein paar Vorgaben, an die man sich halten sollte. Je nach Sendung gibt es ganz bestimmte Kriterien, die erfüllt werden müssen und daran halte ich mich.“
„Wenn da beispielsweise drei Kandidaten sind, die in Sitzsäcken sitzen müssen, dann geht das nicht. Genauso kann ich bei einer Talkshow nicht irgendein Sofa auswählen, in dem die Gäste einsinken. Das sieht nicht hübsch aus. Set-Design beinhaltet auch, dass die Leute, die sich dort aufhalten, gut aussehen. Das fängt schon bei den Farben, Materialien und eben den Sitzflächen an. Es ist ein Rundum-Paket. Mir wurde aber auch schon häufiger gesagt, dass man erkennt, wenn ich ein Set designt habe.“
»Ein schrilles Pink auf einem schlichten Sofa bringt viel Atmosphäre
Wie würdest du denn deinen persönlichen Einrichtungsstil beschreiben?
„Ich würde sagen, der ist ein bisschen durchgedreht und verrückt. Ich mag gerne die Kombination aus beispielsweise ganz schlichten Grautönen mit etwas Irrsinnigem wie Neonfarben. Und ich mag sehr gerne bunte Kissen. Ich finde einfach die Kombination aus vielen Dingen gut. Und ich habe das Bedürfnis, dass man sieht, dass da mit Herz gearbeitet wurde. Das finde ich wichtig und so habe ich es bei mir Zuhause auch eingerichtet. Mir wird immer gesagt, dass man sich bei mir direkt wohlfühlt, wenn man reinkommt. Was vielleicht auch daran liegt, dass nach drei Schritten schon der Esstisch erreicht ist und du dich direkt zum Essen hinsetzen kannst (lacht).“
„Ich finde, ein schrilles Pink und Lila und Blau auf einem relativ schlichten Sofa bringen ganz viel Atmosphäre in das Zuhause. Man braucht immer den kleinen Wahnsinn. Ich mag es nicht, wenn alles eine Suppe ist. Eine Wohnung muss überraschen und man muss die Persönlichkeit desjenigen, der da wohnt, spüren.“
Als Einrichtungsexperte hast du den besten Überblick über aktuelle Trends. Kannst du uns einen kleinen Vorausblick auf 2023 geben? Was kommt und was ist nicht mehr angesagt?
„Im Moment ist es ja so, dass eigentlich nichts mehr verpönt sein sollte. Es geht viel mehr um Kombinationen. Auch wenn Dinge gar nicht mehr so hundertprozentig aktuell sind – kombiniert man sie mit anderen Dingen, kann man trotzdem wieder im Trend liegen. Ich weiß, dass es gerade in so eine Richtung geht, die ein wenig schlichter ist. Der Japandi-Stil ist sehr angesagt. Alles ist ein bisschen geradliniger und die Farben werden schlichter.“
„Ich liebe kräftige Farben und finde, man darf da auch mal mutig sein und seinen kompletten Flur in einer Trendfarbe streichen. Der Rest kann ja dann ruhig etwas braver sein. Bei Tapeten hatten wir ja viele, große Blätter – auf einmal sollte man einen ganzen Dschungel an der Wand haben. Ich finde, das geht alles in Maßen. Und ich denke, dass der Trend zu Tieren an der Wand gehen wird. Das sagt mir mein Bauch.“
Du gestaltest auch Wohnungen und Häuser um. Wenn dich jemand bittet, sein Wohnzimmer neu zu gestalten, wie würdest du dabei vorgehen?
„Als Erstes würde ich mich natürlich mit der Person unterhalten, um zu fühlen, wie sie tickt. Denn ich gestalte ja nicht, sodass es mir gefällt, sondern der Person. Die muss allerdings auch im Vorhinein wissen, worauf sie sich einlässt. Ich bin niemand, der sagt, wir machen jetzt alles beige und weiß. Ich bin da schon etwas mutiger. Im Gespräch finde ich dann heraus, was die Lieblingsfarben und Lieblingsmaterialien sind und wie die Person auf welche Farben reagiert. Es gibt ja zum Beispiel auch Leute, die wollen ihre Küche keinesfalls grün haben, weil sie sonst einen Fress-Flash oder so bekommen.“
„Meistens ist es mit einer Person einfacher. Mit zwei Menschen kann das auch mal eine Herausforderung werden. Oft haben sich beide gar keine Gedanken gemacht, aber es muss ja beiden gefallen. Ich bin dann eine Art Schlichter und kann die Leute dann immer relativ gut zusammenbringen.“
»Einfach mal probieren, es kann nichts passieren
Ich möchte meine Wohnung umgestalten, habe aber nur ein kleines Budget. Hast du drei Tipps, wie ich dabei vorgehen sollte?
„Auf jeden Fall würde ich nicht einfach irgendwelche Farben und Tapeten kaufen, sondern vorher mal online schauen. Manche Leute kaufen zu viel von ihrer Tapete oder Farbe und geben sie dann günstig ab. Und, was viele nicht wissen: Im Baumarkt kann man auch einen guten Schnapp machen. Manchmal werden Farben angemischt, aber nicht abgeholt. Diese fertigen Farben stehen dann in einer Ecke und wenn man Glück hat, ist die perfekte Farbe mit dabei. Dann bekommt eine tolle Farbe für einen kleinen Preis, denn oftmals sind die nochmal um 30 bis 40 Prozent reduziert.“
„Auch mit Möbeln aus zweiter Hand oder beispielsweise auf Ebay Kleinanzeigen lässt sich Geld sparen. Da findet man wirklich tolle Sachen, die man zum Beispiel mit einem schönen Lack anmalen kann. Ich glaube, es ist gar nicht so schwer, einen Raum für wenig Geld einzurichten. Man braucht da auch keine Angst zu haben. Einfach mal probieren, es kann ja nichts passieren.“
Besonders zum Jahreswechsel wollen viele Menschen etwas verändern – auch in ihren eigenen vier Wänden. Wo würdest du da am besten anfangen?
„Zunächst sollte man sich von allem befreien, was einem vielleicht seit zwei Jahren nicht mehr in die Hände gefallen ist. Als Erstes alles wegsortieren. Und dann sollte man sich bewusst machen, wie denn das neue Jahr werden soll. Erfrischend und schön? Dann kann man auch frischere Farben einsetzen. Ich würde da mit dem Flur beginnen, weil der oftmals vergessen wird. Dabei ist der Flur das Erste, was man sieht, wenn man die Wohnung betritt. Und wenn der einem schon gute Laune macht, dann macht es auch Spaß, die anderen Zimmer zu gestalten.“
„Ich bin ein großer Küchenfreund, also würde ich als Nächstes die Küche gestalten und dann das Schlafzimmer. Der letzte Raum wäre bei mir das Wohnzimmer, weil ich finde, dass alle anderen Räume einfach mehr benutzt werden. Und wenn es Kinder gibt, dann würde ich zuerst die Kinderzimmer gestalten, denn das mache ich besonders gerne.“
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»Lametta und Engelshaar – das geht gar nicht
Zum Thema Weihnachtsdeko – was geht und was geht deiner Meinung nach gar nicht?
„Weihnachten geht alles! Ob da jetzt ein Weihnachtsbaum mit tollen, einfarbigen Weihnachtskugeln steht oder es auch ein paar Farbakzente gibt – ich finde, man kann hier alles machen und sämtliche Farben kombinieren. Das Einzige, was nicht geht, ist Lametta. Aber das liegt nur daran, dass man es nicht mehr vom Baum runterbekommt. Es gibt ja immer noch Leute, die den Weihnachtsbaum einfach in den Wald werfen und meinen, da wird sich die Natur schon kümmern. Aber so ein Weihnachtsbaum braucht zwei bis drei Jahre, bis er verrottet ist – mit Lametta ist das unmöglich. Und Engelshaar finde ich auch nicht cool.“
„Aber sonst ist alles erlaubt. Ich selbst habe Zuhause zum Beispiel immer einen großen Magnolienzweig, an den ich diese alten Glasvögel mit dem Glasfaser-Schwanz ran klippe. Das ist total schön, dezent und stilvoll. Oder ich hänge einen Kiefernzweig auf. Nur mit Kerzen habe ich es nicht so. Da habe ich immer Angst, dass ich vergesse sie auszumachen und dann etwas Schlimmeres passiert.“
„Haus des Jahres: Deutschland“ ab 12. Dezember 2022 immer montags um 20:15 Uhr auf HOME & GARDEN TV