29. September 2024, 6:05 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Herrenhäusern begegnet man heutzutage eher bei Ausflügen ins Umland. Doch was zeichnet diese prächtigen historischen Gebäude eigentlich aus? Was gehört alles zum Anwesen? myHOMEBOOK stellt das Herrenhaus genauer vor.
Bis heute kann man in ganz Europa noch Herrenhäuser finden, die sowohl in ihrer Architektur als auch bei der Einrichtung an eine andere Zeit erinnern. Die im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit entstandenen herrschaftlichen Anwesen, auch Gutshäuser genannt, wurden vor allem vom Landadel bewohnt. So diente ein Herrenhaus primär einem wohlhabenden Landbesitzer und dessen Familie als Wohnsitz.
Klassischerweise bekam der Gutsherr das Stück Land vom König überlassen. Während die adlige Familie das Herrenhaus als Hauptgebäude bewohnte, lebten alle anderen Personen, die auf dem Anwesen arbeiteten und etwa das Land bewirtschafteten, in einer der anderen Unterkünfte des Gutshofs. Daneben gibt es noch einige weitere charakteristische Merkmale für ein Herrenhaus, die wir Ihnen im Folgenden näher vorstellen.
Das Herrenhaus und sein Anwesen
Typisch für ein Herrenhaus waren zahlreiche Räume und weitere Gebäude. So gab es stets große Empfangs-, Speise- und auch Ballsäle, eine eigene Kapelle, die Privatgemächer des Gutsherrn und seiner Familie sowie Schlafzimmer für Gäste, eine großzügige Küche (für Bankette), Speise-, Schuh- und Waffenkammern. In Nebengebäuden befanden sich häufig die Dienstbotenquartiere für das Personal, das nicht im Haus arbeitete, wie etwa Gutsverwalter, Gärtner, Pferdepfleger und Wildhüter.
Grundsätzlich diente ein Herrenhaus als herrschaftlicher Hof und war gleichzeitig Zentrum des gemeinschaftlichen Lebens. Ansonsten stellte es einen großen landwirtschaftlichen Hof dar, zu dem für gewöhnlich Ackerland und Wirtschaftsgebäude wie Scheunen und Ställe sowie Forst, Land und Wasser gehörten.
Entsprechend diente ein solches Anwesen nicht nur dem Familienleben, sondern vorrangig auch der Unterhaltung. Gemeint waren damit typische ländliche Freizeitaktivitäten wie Angeln, Jagen und Reiten. Für alle diese Beschäftigungen bedurfte es viel Platz, weswegen zu dem Herrenhaus auch weitläufige Parkanlagen zählten.
Auch interessant: Was ist eigentlich ein Umgebindehaus?
Reichtum, so weit das Auge reicht
Im Allgemeinen war ein Herrenhaus vor allem auf Komfort ausgerichtet. Es brachte das Repräsentationsbedürfnis des Gutsherrn sowie die Standes- und Prestigegedanken zum Ausdruck. Entsprechend war alles, vom Eingangstor mit langer Auffahrt bis zu den Türen und Decken, außerordentlich großzügig und elegant angelegt.
Zur Innenausstattung gehörten selbstverständlich luxuriös ausgestattete Innenräume. Gärten wirkten meist malerisch und sorgfältig angelegt. Gern wurde bei der Gestaltung des Geländes mit Geometrie und Symmetrie gearbeitet, was besonders akkurat aussah. Insbesondere in Gegenden, wo mehrere Herrenhäuser recht nah beieinanderlagen, war die Schönheit und Größe ihres Anwesens für die Gutsbesitzer von enormer Bedeutung. Man wollte mit seinem zur Schau gestellten Reichtum nicht nur Eindruck schinden und einschüchtern, sondern bestenfalls alle anderen übertrumpfen.
Prachtvolle Gärten
Zu einem Herrenhaus gehörte stets auch ein prachtvoll gestalteter Garten, der das Wohlergehen und den sozialen Status des Gutsbesitzers zur Schau stellte. Die meist weitläufige Grünfläche bot der Familie und ihren Gästen die Möglichkeit für Spaziergänge und andere Freizeitgestaltungen. Umgeben von farbenfroh angelegten Blumenbeeten gab es beim Lustwandeln an der frischen Luft viel Schönes fürs Auge zu sehen. Außerdem gehörten zur Anlage größtenteils auch Brunnen, Labyrinthe, Seen, Skulpturen sowie Parterres. Neben einem Ziergarten fand sich auch noch ein Nutzgarten auf dem Anwesen.
Dekoration über Dekoration
Nichts geht über Dekor in einem Herrenhaus. Immerhin demonstrierte dies Prunk und Reichtum. Gewählt wurde zwischen besonderen Oberflächen und exquisiten Materialien. Von handgemalten Tapeten und Täfelungen an den Wänden über sorgfältig dekorierte Zierleisten und aufwendig gestaltete Stuckarbeiten an der Decke bis hin zu prachtvollen Treppengeländern und hochglanzpolierten Parkettböden – alles sollte möglichst einzigartig sein. Außerdem gehörten in ein ansehnliches Herrenhaus auch eine Vielzahl hoher, höchst dekorativer Fenster mit reichlich Buntglas.
Auch interessant: Was ist eigentlich ein Townhouse?
Repräsentativ waren auch großzügige Kamine mit Verzierungen. Die beachtliche Größe kam damals nicht von ungefähr, immerhin war dies zu jener Zeit die einzige Möglichkeit, das Haus zu heizen. Daher gab es die riesigen Kamine meist in zahlreichen Räumlichkeiten. Von den Decken baumelten schließlich noch üppige Kronleuchter aus Kristall und Messing, die Wände und Gänge waren ebenfalls mit vielen Leuchten ausgestattet.
Eindrucksvolle Treppe
Insbesondere die Treppe eines Herrenhauses war beeindruckend. Groß und imposant, aber vor allem mit reichlich Verzierung versehen, erhielt das historische Gebäude so einen besonderen Akzent. Schmuckreiche Zierleisten aus Stein und Galerien aus Ahnengemälden, die zuvor bereits die Wände der Empfangshalle vollständig bedeckten, verliefen entlang des Aufgangs.
Häufig fanden sich im Treppenhaus auch noch farbenfrohe Holzleisten sowie aufwendige Dekorarbeiten an der hohen Decke. Der Boden war mit schwerem Teppich ausgelegt. Gelegentlich fanden sich schöne Skulpturen sowie Antiquitäten im Treppenbereich. Auch ganze Treppentürme als eigenständiger Gebäudeteil waren oftmals Teil eines Herrenhauses.
Stil-Epoche Was zeichnet eine Wohnung aus der Gründerzeit aus?
Interior im Check Hollywood-Star Gwyneth Paltrow zeigt ihr spektakuläres Haus
Aus vergangenen Zeiten 5 Möbel, die kaum einer kennt
Historische Bibliothek
Im 16. und 17. Jahrhundert galt vor allem das Buch als vorherrschendes Medium. Und weil Lesen gesellschaftlich als außerordentlich wichtig erachtet wurde, gab es in Herrenhäusern ganze Räume voller Bücher. In einer historischen Bibliothek wie dieser fanden sich wertvolle Werke in Blattgold- und Ledereinbänden. Passend zur antiken Optik waren die entsprechenden Bücherregale meist zudem aus dunklem Holz gefertigt. Zum Studieren der Lektüre gab es vorwiegend noch ein nicht weniger prunkvolles Inventar in Form von Schreibtischen, Stühlen und Schränken im Raum.