
23. März 2022, 17:11 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Friedensreich Hundertwasser (1928 – 2000) war nicht nur ein visionärer Architekt – er war Maler und Ökologe zugleich. Seine Bauwerke sind ungewöhnlich und von der Natur inspiriert. Seine organische Bauweise und auffällige Farbgebung machen seine Architektur beispiellos.
Wer Hundertwassers Architektur noch nicht gesehen hat, hat sicherlich schon eines seiner Gemälde bestaunen können. Die außergewöhnlich lebhaften Bilder springen einem sofort ins Auge. Nicht nur, dass er keine exakten geometrischen Formen entwarf, er machte die Spirale zu seinem Markenzeichen. Diese zieht sich auch durch seine Architektur, die myHOMEBOOK in diesem Porträt genauer beleuchtet.
Übersicht
Hundertwassers Kindheit und Jugendjahre
Friedensreich Hundertwasser kam am 15. Dezember 1928 in Wien zur Welt. Sein ursprünglicher Name war Stowasser, den er später im Leben zu Hundertwasser änderte. Er wuchs alleine mit seiner Mutter in ärmlichen Verhältnissen in einem jüdischen Arbeiterviertel in Wien auf. Sein Vater, ein Ingenieur, verstarb leider kurz nach seiner Geburt. Hundertwasser besuchte mit sieben Jahren eine Montessori-Schule in Wien. Bereits von Kindesalter an kreierte er unentwegt Bilder von Häusern und Landschaften.
Der Donaukanal in Wien war für Hundertwasser ein besonderer Ort. Vor allem in den Kriegsjahren verbrachte der Künstler dort sehr viel Zeit. Hundertwasser hat den Donaukanal oft zu seinem zentralen Motiv gemacht. Aus den Jugendjahren existieren daher einige Abbildungen davon. Er nannte den Donaukanal auch sein „erstes großes Meer“.
1938 mussten er und seine Mutter vor den Nazis fliehen. Die Annexion Österreichs durch die Nationalsozialisten war der Auslöser. Sie kamen unterdessen bei der Tante und Großmutter unter. Hundertwassers Jugend war somit nicht nur von Armut, sondern auch vom Alptraum der Nazizeit geprägt. Er überlebte diese Zeit nur, weil sein Vater Katholik war und er getauft wurde. Die Kriegsjahre hinterließen bei Hundertwasser tiefe emotionale Spuren.
Studium und Reisen
Als der Krieg vorbei war, studierte Hundertwasser nach seiner Matura nur drei Monate lang an der Wiener Kunstakademie, bevor er mehrere Reisen unternahm. Es verschlug ihn dabei nach Paris, in die Toscana und nach Nordafrika. Er war nicht gerade ein Befürworter der Moderne und orientierte sich mehr am Jugendstil. Ein großes Vorbild für Hundertwasser waren die österreichischen Maler Gustav Klimt und Egon Schiele. Als er nach zwei Jahren von seinen Reisen wieder nach Österreich zurückkehrte, hatte er schon bald seine erste Einzelausstellung in Wien.
Nachkriegsarchitektur
Hundertwasser war kein Verfechter der geraden Linie – ganz im Gegenteil, er empfand sie als lasterhaft. In seinem „Architektur-Boykott-Manifest“ kritisiert er das Architektur-Verbrechen, was nach seiner Meinung von Österreich in die Welt gebracht wurde. Ganz besonders kritisiert er dabei den österreichischen Architekten Adolf Loos und dessen Manifest „Ornament und Verbrechen“ und machte ihn für die geradlinige Architektur der Nachkriegszeit verantwortlich. Er sah sich als „Wiedergutmacher“ und sah es als moralisch verpflichtend an, den Groll, der durch den Modernismus entstanden ist, durch seine Kunst auszugleichen.
Die gerade Linie ist gottlos und unmoralisch.
Friedensreich Hundertwasser
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Hundertwasser, der Visionär

Fast schon trotzig widersetze sich Hundertwasser allem, was symmetrisch, vertikal oder horizontal war. Lieber widmete er sich kreisförmigen und gebogene Formen. Die Natur war für den erfolgreichen Künstler Inspiration und Lehrmeister zugleich. Er kam zur Architektur, weil er diese als abstoßend und als nicht bewohnbar stigmatisierte. Er lobte hingegen die menschengerechte und organische Architektur. Hundertwasser wollte demnach eine Integration von Natur in der Architektur und somit bessere Wohnbedingungen schaffen. Er hielt seine visionären und gesellschaftspolitischen Vorträge auf der ganzen Welt. Obwohl man seine Ideen gut fand, waren sie für viele Bauherren zunächst schier unrealisierbar.
Hundertwassers Gemälde florieren
Auch wenn seine visionären Vorstellungen von einer Dachbewaldung und von wachsenden Bäumen aus Häusern für viele noch zu fremd erschien, war Hundertwasser auf dem Kunstmarkt schon sehr erfolgreich. Seine farbenfrohen Bilder, in denen er seine Visionen von einer besseren Welt kunstvoll darstellte, waren weltweit beliebt und seine Ausstellungen florierten. Seine Kunstwerke wurden sogar in mehreren Museen in den USA ausgestellt.
1974 reiste Hundertwasser wegen einer laufenden Museumswanderausstellung bis nach Neuseeland. Weitere Ausstellungen folgten im Haus der Kunst in München sowie im Museé d’art moderne de la Ville de Paris. Seine Gemälde und Grafiken wurden unterdessen in zahlreichen Wanderausstellungen auf der Welt gezeigt. Hundertwasser war zudem der erste europäische Maler, dessen Kunst von japanischen Meistern in Holzschnitten verewigt wurde.

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Die Architektur von Hundertwasser
Nach mehreren erfolglosen Versuchen in der Architektur gelang ihm schließlich der Durchbruch in Zusammenarbeit mit dem Architekten Peter Pelikan mit dem Hundertwasser-Haus in Wien. Zum Tag der offenen Tür kamen circa 70.000 Besucher. Aus Angst vor einem zu großen Touristen-Ansturm wurde ein weiteres Projekt in Wien abgelehnt. Seine Popularität nahm enorm zu und die Architekturaufträge boomten.

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In seinem Leben setzte Hundertwasser bis zu 40 herausragende Architekturprojekte um. Von Osaka City bis Tel Aviv – ganz nach seinen Vorstellungen und im Einklang mit der Natur. Seine organische Architektur ist geprägt durch Vielfalt und Unregelmäßigkeiten. Ihm widerstrebte die Eintönigkeit der Moderne und schuf visionäre und ökologische Gebäude. Seine nachhaltigen Themen sind heute wichtiger denn je. Er hat mit seiner Architektur, seiner Kunst und seinen Vorträgen wichtige Anstöße für eine nachhaltigere Welt gesetzt. Friedensreich Hundertwasser starb mit 71 Jahren an Bord eines Kreuzfahrtschiffes auf dem Weg von Neuseeland nach Europa.