23. September 2023, 13:44 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Le Corbusier schaffte mit seiner berühmten, gleichnamigen Chaiselongue ein Meisterwerk für die Ewigkeit. Bis heute gilt die LC4 als Meilenstein der modernen Möbelgeschichte – und das, obwohl die bekannte Liege zunächst stark polarisierte. myHOMEBOOK-Autorin und Interior Designerin Odett Schumann klärt über einen echten Möbel-Klassiker auf.
Wenn man eines über die Werke von Le Corbusier behaupten kann, ist es wohl der Fakt, dass er nicht gerade zimperlich mit seinen Entwürfen umging. Sie folgen stringent einer Linie, wirken wenig kompromissbereit und tragen geradezu eine brachiale Note in sich. Nicht anders verhält es sich bei einem seiner Meisterwerke, der Chaiselongue LC4. Auch diese polarisierte zunächst stark, doch anders als erwartet, schrieb die berühmte Liege Designgeschichte. Heute gilt die LC4 als zeitlos schöner Möbel-Klassiker.
Ein Möbel mit revolutionärem Charakter
Bei der Premiere der Corbusier-Liege während des Pariser Herbstsalons im Jahr 1928 rief das für damalige Verhältnisse ungewöhnliche Design gespaltene Meinungen hervor. Mit einer maschinenähnlichen Konstruktion aus einem Stahlrahmen sowie einem -untergestell sprengte der Entwurf sämtliche vorherrschenden Vorstellungen von Ästhetik und Schönheit.
Ein Grund für viele, das Produkt zunächst abzulehnen. Andere wiederum, insbesondere Design-Interessierte und auch einige Kritiker, erkannten das besondere Potenzial und waren ganz angetan von der revolutionären, unkonventionellen Formensprache, aber auch vom enormen Komfort der Liege.
Ebenso begeistert zeigte sich der italienische Möbelhersteller Cassina, weswegen er das Möbelstück seit 1964 bis heute produziert. Im Übrigen verfügt Cassina auch als einziges Unternehmen über die Lizenz für die Herstellung der originalen Chaiselongue LC4.
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Design made by Le Corbusier
Vielmals gilt Le Corbusier mit seinem enormen Einfluss auf die moderne Möbelgeschichte als alleiniger Designer der LC4. Doch tatsächlich waren noch zwei weitere Personen am legendären Entwurf beteiligt: Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand. Gemeinsam entwickelte das Trio die Original-Liege als Teil einer avantgardistischen Kollektion.
Weil Le Corbusier ausgesprochen fasziniert vom Purismus war, setzte er Elemente dessen prägnant in seiner Architektur, aber auch in seinen Designs ein. Mit kubistischen Formen und simplen Stahlkonstruktionen gewann die LC4 so an eleganter Zeitlosigkeit: Dank ihres ergonomischen Schwungs sowie dem stufenlos verstellbaren Rahmen, der keinen weiteren Mechanismus benötigte, steht sie seit Jahrzehnten für Entspannung.
Aufgrund ihres hohen Komforts bezeichnete Le Corbusier selbst seine Chaiselongue als Rest Machine (zu dt. Ruhe-Maschine). Im Laufe der Zeit entwickelte sich eine komplette Le Corbusier-Kollektion, die Sofas, Sessel, Tische sowie Stühle umfasste.
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Multitalent Le Corbusier
Charles-Édouard Jeanneret-Gris, wie Le Corbusier bürgerlich hieß, hatte viele Talente. Der gelernte Graveur aus der französischsprachigen Schweiz bewies sein Können im Laufe seiner künstlerischen Schaffenszeit auf vielen verschiedenen Ebenen: Malerei, Architektur, Stadtplanung und später dann auch im Möbeldesign.
Während der 1920er-Jahre entstanden erste Bauwerke von Le Corbusier, unter anderem das Corbusierhaus „Unité d’Habitation“ in Berlin-Westend. Mit seinen Konzepten prägte er nicht nur den modernen Städtebau, sondern auch diverse Inneneinrichtungen.
Der geniale wie gleichermaßen auch kreative Kopf schuf zahlreiche revolutionäre Entwürfe, die dabei nicht selten aneckten. Kein Wunder: Le Corbusier stand zu seiner Zeit sowohl für eine gewisse Form der Kompromisslosigkeit, als auch Radikalität. Genau diese Unerschrockenheit verschaffen dem Designer und seinen polarisierenden Werken bis heute einen enormen Bekanntheitsgrad.