26. Februar 2020, 14:57 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Jeder Mensch braucht zu Hause einen Rückzugsort, vor allem wenn er mit anderen zusammen lebt. Für manche ist dieser Ort ein eigenes Zimmer, für myHOMEBOOK-Redakteurin Laura ist es ein Stuhl. Aber nicht irgendein Stuhl, sondern ihr ganz persönlicher Schmollstuhl. Ein Meinungsstück, nein, ein Loblied auf Schmollstühle.
Wenn mir als Kind etwas nicht gepasst hat, habe ich das Weite gesucht. Meine Eltern wussten trotzdem immer, wo sie mich finden. Auf meinem Schmollstuhl. Ein kleiner, unspektakulärer, dunkelbrauner Holzstuhl mit geflochtener Sitzfläche, eingekesselt zwischen einem Regal und einem Schrank in der Laube unseres Schrebergartens. Dort saß ich – und schmollte. Daher trug besagter Stuhl auch seinen Namen. Was Sie jetzt vielleicht zum Schmunzeln bringt, war für mich ein wichtiger Bestandteil meiner Kindheit. Denn dieser Stuhl war nicht nur ein Zeichen meines Protests, sondern auch ein Rückzugsort, der mich auffing und vor dem Gemeinen – damals eigentlich immer in Form meiner Eltern – beschützte.
Je größer ich wurde, desto schwieriger wurde es für mich, Platz in meinem geliebten Schmollstuhl zu finden. Obwohl es dafür genügend Anlässe gegeben hätte. Irgendwann musste ich mich also zwangsläufig von ihm verabschieden. Nicht aber von einem Schmollstuhl generell! Denn heute, etwa 25 Jahre später, habe ich einen neuen, großen Schmollstuhl in meiner eigenen Wohnung stehen.
Was macht einen Schmollstuhl aus?
Auch wenn ich den Zweck meines Schmollstuhls erklärt habe, können die meisten wohl immer noch nichts mit dem Sinn eines solchen Stuhls anfangen. Manche sehen darin vielleicht sogar eine Bestrafung – falsch! Im Prinzip ist ein Schmollstuhl nichts anderes als ein privater Rückzugsort. Bei Stress, Ärger oder schlechter Laune stehen seine Lehnen offen, seine Sitzfläche lädt immer zu einer Verschnaufpause ein. Mit den richtigen Polstern wird er zur persönlichen Wohlfühloase. Es mag verrückt klingen, immerhin sprechen wir von einem handelsüblichen Stuhl, aber für mich fühlt es sich wie ein Platz an, an dem ich mich sicher und geborgen fühlen kann. Und in gewisser Weise auch abgekapselt von anderen, die womöglich den Stress ausgelöst haben.
Je bequemer, desto besser lautet natürlich die Devise. Mit der Zeit haben sich meine Ansprüche an meinen Schmollstuhl deshalb weiterentwickelt. Vom klassischen Holzstuhl bin ich mittlerweile bei einem großen, geflochtenen Rattanstuhl angelangt. Ausgestattet mit gemütlichen Fransenkissen in Boho-Optik und einem Pouf, um die Füße hochlegen zu können. Was spricht dagegen, mit Stil zu schmollen?
Wohin mit dem Schmollstuhl?
Um das bestmöglich tun zu können, braucht der Stuhl natürlich auch einen geeigneten Platz. Mitten im Raum dürfte das Gefühl von Sicherheit nicht dasselbe sein, als wenn der Stuhl in einer Raumecke steht. Feng Shui spielt hierbei also auch eine Rolle – je versteckter oder eingekesselter der Stuhl steht, desto geborgener fühlt man sich letztendlich auch in ihm.
Mein Schmollstuhl steht in der Wohnzimmerecke. Dort habe ich das Zimmer im Blick, fühle mich aber völlig zurückgezogen und durch die Wände in meiner unmittelbaren Nähe sicher. Im Sommer zieht der Stuhl nach draußen auf den Balkon – dort schmollt es sich in lauen Sommernächten bei Vogelgezwitscher oder einem Sonnenuntergang einfach noch schöner.
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Muss es zwangsläufig ein eigener Stuhl sein?
Warum tut es nicht auch mein Schreibtischstuhl, der Stuhl am Esstisch oder der Klappstuhl aus dem Keller, fragen sich einige jetzt vielleicht. Das muss wohl jeder für sich selbst entscheiden. Letztendlich geht es darum, dass man sich in seinem Schmollstuhl wohlfühlt und er seinen Zweck erfüllt. Kürzlich habe ich übrigens in einem Schaufenster meinen Traum-Schmollstuhl entdeckt: ein geräumiger Rattan-Stuhl mit einer geflochtenen, halb geschlossenen Stuhllehne, die sich wie schützende Arme über die Sitzfläche erstreckt. Kostenfaktor: knapp 400 Euro. Da ließe es sich bestimmt stundenlang herrlich drin schmollen – allein schon wegen des Preises…