12. Juni 2023, 5:41 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ausgerechnet in bienenfreundlichen Zierpflanzen steckt oft Bienengift. Das hat eine aktuelle Auswertung von Naturschützern ergeben. Hier sind Tipps, wie wir den Insekten wirklich helfen können.
Wer es mit den Insekten gut meint und bienenfreundliche Pflanzen kauft, kann den Tieren trotzdem schaden. Denn viele beliebte Sommerblumen haben eine hohe Pestizidbelastung. Das ist das Ergebnis einer Studie des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).
Pestizide in bienenfreundlichen Pflanzen
22 Stauden aus Gartencentern und Baumärkten mit dem Etikett „bienenfreundlich“ wurden auf giftige Rückstände untersucht. Das Ergebnis: 38 Pestizide wurden gefunden, 5 Wirkstoffe sind „hoch gefährlich“ für Bienen und 7 haben keine Zulassung in Deutschland. Außerdem prekär: 20 gefundene Pestizide sind laut BUND auch für Menschen „hoch gefährlich“ – betroffen sind Arbeitende in den Aufzuchtplantagen, Gärtnerinnen und Floristen, die täglich in Kontakt mit den Pflanzen stehen.
Wie schaden die Pestizide den Bienen?
„Schon wenige Nanogramm solcher Stoffe, wie wir sie gefunden haben, sind schädlich für die Bienen und andere bestäubende Insekten“, sagt BUND-Pestizidexpertin Corinna Hölzel. Die Insekten erleiden Funktionsstörungen: Bienen finden etwa nicht mehr zurück in ihren Stock, Sammelaktivitäten oder Fortpflanzungsfähigkeit sind eingeschränkt. Oder ihr Immunsystem wird geschwächt.
Warum enthalten bienenfreundliche Gewächse diese Stoffe?
Pestizide sollen die Gesundheit der Pflanzen erhalten, indem sie vor Krankheiten und Schädlingen schützen. Der Nachteil ist: Was Schädlinge vernichtet, schadet oft auch nützlichen Insekten.
„Über 80 Prozent der Beet- und Balkonpflanzen im Handel kommt aus dem globalen Süden“, sagt BUND-Expertin Corinna Hölzel. Vor allem aus Ländern in Lateinamerika und Afrika. Dort sei die Produktion billiger und die klimatischen Bedingungen für die Aufzucht seien besser. „Drittens: Es gibt dort weniger Gesetzgebung, also weniger Kontrollen – man kann mehr Pestizide einsetzen, was gut ist für den schnellen Profit.“
Erkennen können Hobbygärtner die Herkunft nicht. Auf den Etiketten an den Pflanzen steht lediglich, „in welchem Land der letzte Kultivierungsschritt war“, sagt Corinna Hölzel. Das seien vor allem Deutschland und die Niederlande. Hier werden die kleinen Pflanzen weiter herangezogen, umgetopft und gegebenenfalls noch mal mit Pestiziden behandelt. „Aber in der Regel sind es hier nicht diese ganz heftigen Mittel“, so Hölzel.
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Wie lassen sich so behandelte Pflanzen beim Einkauf erkennen?
Gar nicht, sagt die BUND-Expertin für Pestizide, Corinna Hölzel. Es gibt weder Kennzeichnungspflichten noch Grenzwerte. „Selbst Experten können den Pflanzen nicht ansehen, wo sie aufgezogen wurden und was für eine Produktionskette sie hinter sich haben.“
Aber Hölzel nennt eine Alternative: „Unsere Haupt-Empfehlung an Verbraucher und Verbraucherinnen sind Pflanzen mit Bio-Siegeln. Diese garantieren die Nicht-Anwendung von chemisch-synthetischen Pestiziden – und das wird auch von unabhängiger Stelle kontrolliert.“ Der BUND empfiehlt Zierpflanzen von den bekannten Bio-Anbauverbänden Demeter, Bioland und Naturland sowie Grün mit dem EU-Biosiegel.
Und man sollte lokale Gärtnereien mit eigener Aufzucht unterstützen – „am besten auch Bio-Gärtnereien, aber die gibt es nicht überall“, so Corinna Hölzel. Ihr Tipp: Fragen zur Herkunft stellen. „Das heißt nicht, dass die lokalen Gärtnereien gar nichts auf dem Großmarkt kaufen. Aber man kann fragen und bei entsprechender Antwort, dass dies im eigenen Gewächshaus geschieht, kann man sich auch darauf verlassen.“
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Soll ich all meine kürzlich gekauften Pflanzen rausreißen?
„Das ist immer so eine Gewissensfrage“, antwortet Corinna Hölzel. „Aber ich würde im Sinne des Ressourcenschutzes niemandem empfehlen, Pflanzen, die schon gekauft und eingepflanzt wurden, wieder rauszureißen und was anderes zu kaufen. Was einmal drin ist, soll drin bleiben – und beim nächsten Kauf achtet man dann darauf.“
Die gute Nachricht: Die Gifte bauen sich ab – auch wenn das je nach Stoff Monate bis Jahre dauern kann, gerade wenn sie in den Boden übergegangen sind. Deswegen lautet Hölzels letzter Tipp: Ableger von den bienenfreundlichen Pflanzen ziehen oder Stauden teilen, die man schon länger im Garten oder auf dem Balkon hat. Damit kann man dann etwa zu Pflanzentauschbörsen gehen.