14. Juni 2023, 15:27 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Seit Jahren ist das Insektensterben ein großes Thema, allerdings gibt es auch Mittel, dem entgegenzuwirken. Eine Blumenwiese könnte Insekten und auch Vögeln von großem Nutzen sein. Ein Experiment aus England kam dabei zu überraschenden Ergebnissen.
Die Universität Cambridge in England hatte einen perfekten „englischen Rasen“. 2020 hat sich das dazugehörige King’s College allerdings entschieden, ein Experiment durchzuführen. Ein Teil des Rasens sollte nicht mehr gemäht werden, er sollte einfach wachsen, man wollte sogar ein paar Pflanzen dazu säen. So entstand eine Blumenwiese mit Mohn, Margeriten und Kornblumen. Die Entwicklungen wurden überwacht und die aktuellen Ergebnisse überraschten selbst die Forschenden. Blumenwiese oder Rasen – was ist besser?
Blumenwiese statt Rasen – Studie mit erstaunlichen Ergebnissen
Im Laufe der wenigen Jahre, die die Studie bisher andauert, hat sich schon Erstaunliches auf der Fläche, die nur so groß ist wie ein halbes Football-Feld, getan. Die Leiterin der Studie, Dr. Cicely Marshall, hat festgestellt, dass die Blumenwiese nicht nur ein schöner Anblick ist, sondern auch die Artenvielfalt fördert und widerstandsfähiger ist als der übliche Rasen.
Dazu passend: So umwelt(un)freundlich sind die Deutschen, wenn es um ihren Rasen geht
Die Blumenwiese bietet einen Lebensraum für dreimal mehr Pflanzen, Spinnen,- und Käferarten als der restliche Rasen, erklären die Forschenden im Fachmagazin „Ecological Solutions and Evidence“. Außerdem läge die Zahl der Landwirbellosen um das 25-fache höher als auf dem Rasen. Darüber hinaus konnte man dreimal häufiger Fledermäuse auf der Blumenwiese registrieren, 14 Arten davon stünden unter Naturschutz.
Die Blumenwiese hat sich nicht nur positiv auf die Artenvielfalt ausgewirkt
Die Studie hat gezeigt, dass durch die Wiese im Vergleich zum Rasen schätzungsweise 1,36 Tonnen Kohlenstoffemissionen pro Hektar und Jahr einspart werden. Dies ist auf das wenige Mähen und Düngen zurückzuführen. Außerdem bietet die Blumenwiese einen weiteren Klimavorteil. Sie kann 25 Prozent mehr Sonnenlicht reflektieren als der Rasen. Damit trägt sie dazu bei, dem sogenannten „städtischen Wärmeinseleffekt“ entgegenzuwirken.
Hinweis: Der städtische Wärmeinseleffekt meint, dass in urbanen Ballungsräumen in Bodennähe wesentlich höhere Lufttemperaturen zu beobachten sind, als in ländlichen Regionen.
Die Blumenwiese ist außerdem weniger anfällig für Dürre. Auf der Homepage der Universität heißt es, dass im vergangenen Sommer die meisten der schönen Rasenflächen vertrocknet wären. Die Blumenwiese habe sich um sich selbst gekümmert, da die Wildblumen als Tiefwurzler auch in Trockenperioden noch immer an Wasser herankommen.
Ein weiterer positiver Effekt, der aus dieser Studie hervorgeht, ist, dass die Blühwiese einen größeren ästhetischen, pädagogischen und psychischen Nutzen bietet statt des Rasens. Das geht aus Umfragen unter den Studierenden und Mitarbeitenden hervor.
Eine Blumenwiese kann überdies auch Kosten einsparen. Ein Rasen muss regelmäßig gemäht werden. Diese Kosten entfallen, wenn man statt eines Rasens eine Blumenwiese anlegt. Die Forschenden prognostizieren der Universität eine mögliche jährliche Ersparnis von umgerechnet rund 760 Euro je Hektar.
Studie Bäume in der Stadt sorgen für mehr Kühlung als Grünflächen
Naturgarten 3 Möglichkeiten, den Rasen in eine Blühwiese für Bienen zu verwandeln
Studie in Berlin und Stuttgart Warum urbane Gemeinschaftsgärten so wichtig sind
Die Universität ist begeistert
Die Frage, ob eine Blumenwiese besser als ein Rasen sei, stellt sich in Cambridge nun nicht mehr. Die Forscher zeigten sich überrascht, wie schnell die Natur sich die Fläche zurückerobert habe. Die Einführung der Wiese sei ein voller Erfolg gewesen, heißt in einer Pressemitteilung der Universität. Eine Blumenwiese statt eines Rasens hätte einen positiven Einfluss auf die Artenvielfalt, das Klima, die Kosten und auf das Wohlbefinden. Mit „überwältigender Mehrheit“ hat sich die Cambridge-Gemeinde dazu entschieden, in Zukunft mehr Blumenwiesen anstelle von Rasen anzupflanzen, geht aus der Pressemitteilung hervor.