20. November 2023, 15:28 Uhr | Lesezeit: 9 Minuten
Davina Potratz ist Teil des weltweit erfolgreichen Reality-TV-Formats „Selling Sunset“ auf Netflix. Was viele nicht wissen: Sie kommt aus Hamburg. myHOMEBOOK hat mit ihr gesprochen.
Luxus-Immobilien, modelgleiche Maklerinnen und vor allem eins: ganz viel Drama. So lässt sich der Netflix-Erfolg „Selling Sunset“ gut zusammenfassen. Inzwischen gibt es bereits sieben Staffeln. Folge für Folge werden die schönsten und teuersten Luxus-Immobilien in Hollywood verkauft – und unter den Maklerinnen ist auch Davina Potratz. Seit den 1990ern ist sie in den USA, kommt aber ursprünglich aus Deutschland. Im myHOMEBOOK-Interview spricht sie über die Unterschiede auf dem Immobilienmarkt, wie viel Drama wirklich in der Show steckt und worauf manche Kunden auf keinen Fall verzichten wollen.
»Ich würde zum Investieren etwas kaufen und vermieten
myHOMEBOOK: Du verkaufst Luxusimmobilien. Wie wohnst du eigentlich privat?
Davina Potratz: „Ich wohne einfach nur in einer Wohnung. Aber in einer sehr guten Lage in Hollywood. Nur 30 Sekunden vom Büro entfernt, also perfekt.“ (Anm. d. Red.: Gemeint ist das Büro der Oppenheim Group in Los Angeles auf dem Sunset Boulevard.)
Du siehst wahrscheinlich jeden Tag besondere Immobilien. Beeinflusst dich das, oder hast du komplett deinen eigenen Stil?
„Ja, das ist natürlich schon toll, aber manchmal ist es das auch nicht wert. 20 Millionen, 10 Millionen – manchmal denke ich, jetzt ist der Standard bei mir so hoch, dass ich für 20 Millionen ich auch etwas anderes bekommen würde. Ich würde lieber was kaufen und vermieten, irgendwas zum Investieren.“
Sadomaso-Zimmer, Hunde-Spa, Rage Rooms
Deine Kunden legen wahrscheinlich auf die unterschiedlichsten Dinge wert. Fitnessraum, Pool, Garten. Was war das Merkwürdigste, was dir dabei untergekommen ist?
„Manche haben da schon komische Vorstellungen. Manchmal haben sie ein eigenes Zimmer, nur um darin Geschenke zu verpacken. Andere wiederum möchten unbedingt einen Hunde-Spa. Ein Sadomaso-Zimmer habe ich auch schon mal gesehen. Es gibt ja auch so eine Sexroom-Fernsehshow, das ist also ziemlich beliebt.“
Das ist ja schon mal einiges.
„Ja, ich habe auch mal einen Rage Room gesehen (auf deutsch: „Wutraum“, Anm. d. Red.). Da soll man seine Wut entladen können und Sachen zerschmettern. Irgendwie total merkwürdig – aber ok, das gibt es auch. Wobei ich mich da frage, wie oft man das machen kann (lacht). Da wäre mir ein Meditationszimmer lieber.“
»Einen Pool wollen viele nur als Deko
Was ist denn ein typisches Must-have deiner Kunden?
„Die meisten möchten einen Pool. Beim Ausblick ist es zweigeteilt. Manche wollen einen tollen Ausblick, andere wollen lieber ein großes Grundstück und viel Privatsphäre. Aber ein Pool muss eigentlich immer dabei sein, auch wenn sie gar nicht schwimmen. Viele Kunden wollen ihn nur als Deko.“
Gibt es gerade einen Interior Trend, den du richtig gut findest? Oder einen, den du ganz schlimm findest?
„Ich mag diese ganz weißen Häuser nicht mehr. Das ist dieser klinische Look – auch wenn es mehrere Architekten gibt, die diese Häuser für 20 oder 30 Millionen verkaufen. Die sind auch alle ganz toll, aber für mich ein wenig zu klinisch. Ich mag eher wärmere Grau- oder Braun-Töne und Herringbone-Boden (Fischgrätmuster, Anm. d. Red.). Mir gefallen einfach helle Farben besser, etwa Marmor. Bunt muss es auch nicht unbedingt sein, monoton finde ich hingegen ganz gut. Mir gefällt der Kim-Kardashian-Stil.“
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Was sagst du zum Landhausstil? Den sieht man ja auch immer wieder, beispielsweise in amerikanischen Sendungen.
„Landhaus ist sehr angesagt. Das finde ich nicht schlecht, aber ich würde es nicht machen. Ich war gerade bei einem Bekannten in Arizona zu Besuch, der hat auch ein riesiges Farmhaus. Alles ist so voluminös, mir war es zu groß. Da fühlte man sich irgendwie nicht so kuschelig. Ich finde, es muss auch warm eingerichtet sein. Wenn es zu groß ist, dann fühlt man sich schnell einsam.“
Auch, wenn du seit der dritten Staffel nicht mehr bei „Selling Sunset“ dabei bist, ist die Netflix-Serie ja weiterhin wahnsinnig erfolgreich. Wie sehr hat die Show dein Leben verändert?
„Man kann sich darauf nicht vorbereiten. Die Leute erkennen uns natürlich überall auf der ganzen Welt. Wir denken aber nicht daran, dass die ganze Welt eben Netflix schaut. Und dann, wenn man uns in Deutschland oder in London auf einem Flughafen erkennt, dann ist das ein neues Level, das man nicht erwartet hat. Man muss sich da langsam an diesen neuen Bekanntheitsgrad gewöhnen. Natürlich hat einem das auch viele Türen geöffnet und neue Möglichkeiten gebracht. Aber manchmal erkennt mich auch jemand, mit dem ich nicht unbedingt in dem Moment reden möchte. Aber generell ist es toll, und man kann sich nicht beschweren.“
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»Ich bereue nicht, was ich gesagt habe
Man muss ja schon sagen, dass bei Selling Sunset es nicht primär um Immobilien geht, sondern um Mode, Mädels – und Drama! Wird das alles ein wenig übertrieben dargestellt oder ist das wirklich so?
„Ja, es ist auf jeden Fall übertrieben. Manchmal wollen wir über etwas anderes sprechen oder wir haben gerade Spaß gehabt und es ist entspannt. Aber dann müssen wir über bestimmte Situationen intensiver sprechen, und dann wird das Ganze immer heißer. Das ist die Show, aber das wussten wir vorher nicht. Wir dachten, dass es um Immobilien geht – ich habe das zumindest gedacht. Aber ich bin auch sehr direkt und bereue nicht, was ich gesagt habe, weil ich es so empfunden habe. Und es wird natürlich viel zusammengeschnitten. Manchmal sind es stundenlange Partys und am Ende werden nur fünf Minuten gezeigt. Man sieht nie das ganze Gespräch, es wird abgekürzt oder zusammengeschnitten.“
Du bist in die Show ja auch ganz spontan reingerutscht – und dann ist das so ein gigantischer Erfolg geworden.
„Total! Ich kannte Jason und Brett (Gründer der Oppenheim-Group, Anm. d. Red). Ich habe mit Brett einen Immobilien-Deal gemacht und so bin ich da reingerutscht. Ich war auch anders als die anderen Mädchen, aber man hat mir dann angeboten, mitzumachen. Eigentlich hatte ich nicht vor, Realitystar zu werden. Ich wollte Immobilien verkaufen. Und dann hat sich das so entwickelt. Ich bin allerdings dankbar, dass ich dabei gewesen bin.“
»Es ist schwer, Immobilien zu verkaufen
Ist der Makler-Beruf in Hollywood denn wirklich so aufregend, wie es in der Show aussieht?
„Normalerweise ist es nicht so dramatisch. Wir ziehen auch keine Haute Couture für die Immobilienbesichtigung an. Aber es kommt darauf an. Häufig platzen die Deals auch, was dann aber leider nicht gezeigt wird. Viele Leute sind aber inspiriert und wollen jetzt Immobilien verkaufen – das finde ich auch super und unterstütze ich. Aber es ist nicht so einfach, wie man es da sieht. Wenn Leute mich um Tipps bitten, dann frage ich: Was ist dein Netzwerk? Wo möchtest du Kunden herbekommen? Und selbst, wenn man welche hat, weiß man nicht, ob man das richtige Haus findet. Es ist schon ziemlich schwer, Immobilien zu verkaufen.“
Vor allem auch im Luxusbereich, oder?
„Genau. Und deswegen verkaufen wir auch gerne eine Immobilie für eine Million. Das ist wesentlich einfacher als eine Immobilie für 75 Millionen Dollar. Bei diesem Preis ist es total normal, dass es Jahre dauert, bis man sie verkauft. Und das erzählen die in der Show natürlich nicht.“
»Ich finde es jetzt ein bisschen übertrieben
Du hast zwar eben erwähnt, dass ihr nicht unbedingt in Haute Couture unterwegs seid – aber man hat schon das Gefühl, dass es in Hollywood modemäßig schon etwas mehr sein muss, oder?
„Doch, ja. Man zieht sich schon so an, aber nicht so ganz extrem. In der Show ist das schon sehr sexy. Am Anfang waren wir auch etwas normaler gekleidet, dann wurde das immer krasser. Wir wissen natürlich auch, dass wir eine Fernsehshow drehen, da will jeder am witzigsten und am schönsten sein. Ich finde, jetzt ist es ein wenig übertrieben. Ich meine, wer zieht so etwas überhaupt an? Besonders zu Besichtigungen? Es ist irgendwie nicht mehr glaubwürdig, aber okay (lacht).“
Konntest du selbst entscheiden oder wurde das vorgegeben, was du anziehen musst?
„Nein, wir entscheiden das selbst und da ist auch kein Budget vorhanden. Wir müssen das alles selbst bezahlen und organisieren. Aber wenn alle so angezogen sind, dann versucht natürlich jeder, noch einen obendrauf zu setzen. Das ist dann auch irgendwie komisch.“
Siehst du einen Einrichtungstrend, der vielleicht auch hier nach Deutschland schwappen könnte?
„Ich finde den Trend „his and hers bathroom“ total super. Ich will mein eigenes Bad haben und der Typ soll sein eigenes Bad haben – das finde ich toll. Hat man das mal gesehen, dann will man das auch haben. In Deutschland kann ich mir das gar nicht vorstellen, da ist ja kein Platz da. Hier ist alles wesentlich größer.“
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»In Amerika ist einfach alles größer als in Deutschland
Was ist der größte Unterschied beim Immobilienmarkt zwischen Amerika und Deutschland?
„Die Größe von den Grundstücken, von den Häusern. Und hier ist fast alles Neubau. In Deutschland ist das nicht so, aber da gibt es natürlich auch wunderschöne tolle Sachen. Es ist einfach total anders. Ich war ja auf Mallorca, und da ist auch alles eher größer und es gibt viel Neubau. Auch bei den Gärten: Die haben dort auch diesen biodynamischen Obstgarten, wo man alles selber anpflanzt. Das ist auch ziemlich populär.“
Garten ist ein gutes Stichwort – in Amerika ist das jetzt nicht so ein riesiges Thema, oder? Zumindest in der Show hatte ich immer das Gefühl, dass ein Garten nie ein Muss war.
„Also, Landscaping (auf deutsch: Landschaftsbau, Anm. d. Red.) ist auf jeden Fall beliebt, aber auch sehr teuer, weil das Wasser eben so teuer ist. Da überlegen sich viele, welche Pflanzen man benutzen kann, die nicht so viel Wasser brauchen. Außerdem muss das Grundstück größer sein. In den Hills ist ja alles ein Abhang, da ist es schwer, einen Garten zu haben. Es ist schon beliebt, aber es kommt eben auf die Umstände an.“
Du hast es von Hamburg nach Hollywood geschafft – was ist dein Erfolgsgeheimnis?
„Nie aufgeben – egal, wie viele Leute dagegen sind. Man muss immer an sich selbst glauben, auch wenn niemand anders an dich glaubt. Und ja, man muss auf jeden Fall hartnäckig sein, aber auch ehrlich. Dann kann man eine Verbindung aufbauen, weil die Leute einem vertrauen. Ich würde nie behaupten, dass eine Immobilie gut sei, wenn es das nicht ist. Und natürlich würde ich gerne das Haus verkaufen, aber ich muss ehrlich sein. Dann vertraut man mir auch. Das finde ich ganz wichtig.“