1. Februar 2024, 10:46 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Wollen Vermieter ihre Immobilie selbst nutzen, dann können sie Eigenbedarf anmelden. Das bedeutet allerdings nicht, dass Mieter dann auch immer ausziehen müssen, wie ein aktuelles Urteil zeigt.
Meldet der Vermieter Eigenbedarf an und schickt die entsprechende Kündigung, dann bedeutet das für die Mieter nicht gleich den Auszug aus der Wohnung. Denn Eigentümer müssen bei Eigenbedarf genau begründen, warum die Mieter ausziehen müssen. Sind die Gründe nicht ausreichend oder greift die sogenannte Sozialklausel, dann können Mieter bleiben. Ein aktuelles Urteil des Berliner Landgerichts (Az.: 67 S 264/22) zu einer Eigenbedarfskündigung zeigt jetzt, dass diese Sozialklausel auch bei einem Mangel an Wohnraum greifen kann.
Eigenbedarfskündigung ist wirksam, aber …
Eine Vermieterin hatte vor dem Amtsgericht Berlin-Mitte eine Räumungsklage erhoben – das Gericht wies diese ab, mit der Begründung, die Eigenbedarfskündigung sei formunwirksam. Daraufhin reichte die Vermieterin Berufung ein. Das Landgericht sah es etwas anders und hat die Eigenbedarfskündigung für wirksam erachtet. Und trotzdem dürfen die Mieter erst einmal bleiben.
Heißt laut Urteil, die Eigenbedarfskündigung ist wirksam, die Mieter können aber in der Wohnung weiterhin wohnen. Was erst einmal widersprüchlich klingt, hat das Landgericht mit der Sozialklausel begründet.
Sozialklausel kurz erklärt
Auf die sogenannte Härtefall- beziehungsweise Sozialklausel (Paragraf 574 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) können sich Mieter berufen, um eine Kündigung zu verhindern. Zu den Härtefallgründen gehören verschiedene Faktoren. Darunter das Alter eines Mieters, die Mietdauer, eine Schwangerschaft oder auch die Verwurzelung im Umfeld. Aber die Klausel beinhaltet auch den Fall, wenn die Mieter keinen angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen beschaffen können.
Aktuelles Urteil Keine gute Begründung! Gericht lehnt Kündigung wegen Eigenbedarf ab
Wichtig für Mieter Wann eine Eigenbedarfs-Kündigung ungültig wird
Urteil Hochbetagter Mieter muss bei Eigenbedarfskündigung nicht ausziehen
Bemühungen der Mieter zeigen Wirkung
Die Mieter hatten nach Erhalt der Eigenbedarfskündigung fast zwei Jahre lang nach einer neuen Wohnung gesucht. Dabei bewarben sie sich im gesamten Stadtgebiet für zahlreiche Wohnungen – allerdings ohne Erfolg. Diese Tatsache berücksichtige das Gericht in seinem Urteil im Januar 2024. Denn die Entscheidung wurde damit begründet, dass es den Mietern nicht möglich sei, angemessenen Ersatzwohnraum zu zumutbaren Bedingungen zu beschaffen.
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Mieter sich unter Umständen auf die Sozialklausel berufen können, auch wenn die bereits ausgesprochen Eigenbedarfskündigung wirksam ist. Das Gericht berücksichtigte allerdings auch, dass die Begründung der Vermieterin für den Eigenbedarf nicht als besonders dringlich eingeordnet wurde.
Die Richter haben aber nicht nur für die Mieter entschieden, sondern auch für die Vermieterin. Denn sie haben die bisherigen Vertragsbedingungen von Amts wegen geändert und die Dauer des Mietverhältnisses auf zwei Jahre befristet. Außerdem wurde die Nettokaltmiete auf ein marktübliches Niveau angehoben. Das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.