22. Juni 2020, 11:07 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Früher verschrien, heute Trend: Holz als Baustoff. myHOMEBOOK erklärt, warum Holzbau stark im Kommen ist.
Holz als Baustoff – davor haben Bauherren früher einen großen Bogen gemacht. Zu sehr hatten viele das Klischee von der rustikalen Blockhütte im Kopf, sobald das Stichwort Holz fiel. Die Zeiten haben sich geändert. So ist inzwischen fast jedes fünfte Wohnhaus in Deutschland aus Holz gebaut. Technologisch passierte da gerade viel, so dass die bisherigen Probleme wie Brandschutz und Schallschutz eigentlich keine Nachteile mehr darstellen.
Holz ist in Fachkreisen immer mehr gefragt
Ein sicheres Indiz, dass Holzbauten im Trend liegen: Auf Fachmessen ist Holzbau das großes Thema. So wurden im Frühjahr auf der „Bautec“ in Berlin gerade die Preisträger im Holzbau-Wettbewerb vorgestellt. In der Hauptstadt sollen zudem die Ausführungsvorschriften des Senats viel mehr in Richtung Holzbau verändert werden. Bedeutet: Holz soll auch bei öffentlichen Gebäuden mehr eingesetzt werden.
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Was macht Holz so besonders als Baustoff?
Die Vorteile liegen auf der Hand. Holz ist ein nachwachsender Rohstoff. In Zeiten schwindender Rohstoffe ist das zunehmend von Bedeutung. Zudem ist bei Holz auf der Baustelle die Bauzeit kurz. Der Baustoff ist leichter als Stahl. Wie dieser ist Holz jedoch ebenso tragfähig. Und weil Holz Kohlendioxid (CO2) speichert, gilt Bauen mit Holz als sehr klimafreundlich.
Im Gegensatz zum Baustoff Zement. Denn bei der Zement-Herstellung wird sehr viel klimaschädliches CO2 freigesetzt. Und es werden bei der Produktion Unmengen an Sand verbraucht. Ein Rohstoff, der langsam knapp wird. Beton ist darüber hinaus kaum zu recyclen.
Holzbauten werden schnell und leise errichtet
Anders bei Holz als Baustoff. Baustellen bei Holzgebäuden produzieren generell viel weniger Abfall. Dazu ist der Bauablauf mit Holz schneller und auch leiser. Ein weiterer wichtiger Punkt für jedes Bauwerk: die Anpassungsfähigkeit des Bauteils. Fällt dieses etwas größer oder kleiner aus als geplant, kann das auf der Baustelle böse Folgen haben. Bei Holz hingegen ist die Maßtoleranz viel geringer. Der organische Baustoff Holz fügt sich besser ein.
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Besseres Raumklima und bessere CO2-Bilanz
Man sagt, dass Holz atmet. Das macht sich auch in Innenräumen bemerkbar. Holz bietet insbesondere als Innenfläche ein gesünderes Raumklima. Angenehmer Nebeneffekt: Schüler, die die Schulbank in Räumen aus Holz drückten, seien messbar entspannter, hätten beispielsweise einen geringeren Puls.
Was fürs Raumklima gilt, gilt auch für das globale Klima: Pro Einfamilienhaus aus Holz lassen sich rund 80 Tonnen CO2 einsparen. Und wie ein Forscherteam des Potsdam-Instituts für Klimaforschung gemeinsam mit der Yale Universität (USA) in einer aktuellen Studie vorrechnet, sind bei einem fünfgeschössigen Wohnhaus aus Holz rund 180 Kilo CO2-Ersparnis drin – pro Quadratmeter.
Klar ist: Der natürliche Baustoff bindet den Klimakiller CO2. Und zwar eine Menge davon. Rund 200 Kilogramm Kohlenstoff sind in einem Kubikmeter Holz gebunden. Denn Bäume brauchen CO2, um Photosynthese zu bilden und Energie zum Wachstum zu erzeugen. Zumindest so lange, bis das Holz verrottet oder verbrennt. Bedeutet: Je länger das Holz als langlebiger Baustoff oder hochwertiges Möbel weiterverarbeitet wird, desto besser für das Klima.
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Killt ein Bauboom mit Holz unsere Wälder?
Eher unwahrscheinlich. Denn nach der Schweiz und Österreich liegt Deutschland an dritter Stelle mit dem höchsten Vorrat an Holz in den hiesigen Wäldern. Wie die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald verbildlicht, könnte man mit dem deutschen Holzvorrat einen drei mal drei Metern massiven Holzturm bis zum Mond bauen.
Zahlen, die schwindelig machen: Jedes Jahr wachsen in deutschen Wäldern rund 100 Millionen Kubikmeter Holz nach. Gleichzeitig werden 76 Millionen Kubikmeter zur Nutzung geschlagen. Die nachhaltige Holzwirtschaft, die in Deutschland lange Tradition hat, muss natürlich fortgesetzt werden. Nur so kann ein zunehmender Bauboom mit Holz einen Raubbau am Wald verhindern.
Nur scheinbar paradox – weniger Abbrand bei Holzbau
Holzscheite als Kaminfutter kennt jeder. Und viele denken daher, dass Holz generell leicht entflammbar ist. Doch je massiver Balken und Platten aus Holz verarbeitet sind, desto schwerer fangen sie Feuer. Sollten Holzbalken dennoch in Brand geraten, dann brennen sie in der Regel kontrolliert ab. Zudem entstehen im Gegensatz zu Stahlbeton, der mit Kunststoffen beschichtet ist, beim Abbrennen keine giftigen Dämpfe.
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Warum wird Holz als Baustoff nicht vermehrt eingesetzt?
Ein Grund liegt in der noch mangelnden Erfahrung in der Planer-Szene und bei vielen Statikern. Zudem muss man bei Holz ein bisschen mehr nachdenken, wie Stützen, Balken oder Deckenplatten gefügt werden. Bei Beton dagegen berechnet der Computer die Bewehrung, also Tragfähigkeit – und ab damit.
Eine Menge Vorteile, die für eine nachhaltige Architektur aus Holz stehen. Der gemeine Häuslebauer träumt jedoch in der Regel immer noch vom Massiv-Haus. Professionelle Bauherren, beispielsweise Wohnungsbaugenossenschaften, steigen hingegen mehr und mehr um. Für viele Architekten steht schon lange fest: Holzbau wird in den nächsten Jahren boomen.