9. Februar 2022, 5:51 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
In einer Reihenhauskonstellation geraten zwei Nachbarn wegen eines Bohrlochs in der Hauswand aneinander. Darf ein Bewohner ohne die Erlaubnis des Nachbarn eine Bohrung an einer Wand vornehmen? Ein Urteil schafft Klarheit.
Eigentlich müsste dieser Fall gar nicht erst vor Gericht landen, wenn die beiden Nachbarn vorab miteinander gesprochen hätten. Wie sich herausstellte, sollten Reihenhaus-Bewohner besser zweimal nachdenken, bevor sie in die Außenwand zum Nachbarn eigenmächtig ein Loch bohren. Worum ging es in dem Fall?
Darf man ein Loch in die Außenwand des Nachbarn bohren?
In vielen Fällen gehört die Wand nur dem Nachbarn – und dessen Erlaubnis ist zwingend nötig, möchte man ein Loch in die Außenwand bohren. Das geht aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem November hervor, das nun in Karlsruhe mit Begründung vorliegt. (Az. V ZR 25/21)
In dem Fall aus Bayern schloss die Außenwand des einen, leicht versetzt stehenden Reihenhauses an die Terrasse des Nachbarn an. Dieser wollte seine elektrische Markise anschließen und bohrte zum Verlegen des Kabelkanals Löcher in den Putz – ohne vorher zu fragen. Der Nachbar war alles andere als einverstanden und forderte ihn per Anwalt auf, die Wand in ihren ursprünglichen Zustand zu bringen.
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Nach dem Urteil des BGH wird dem Mann nun auch nichts anderes übrig bleiben. Die obersten Zivilrichterinnen und -richter bestätigten im Ergebnis eine Entscheidung des Landgerichts München II, wonach der Nachbar mit der angebohrten Außenwand einen Beseitigungsanspruch hat.

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Loch in der Außenwand – Nachbar muss Erlaubnis erteilen
Entscheidend ist laut BGH die Natur der Wand: Wie das Landgericht festgestellt hatte, sind die Außenmauern der beiden Gebäude hier nämlich durch eine Fuge getrennt. Rechtlich handelt es sich also um zwei separate Wände, von denen die fragliche nur dem Nachbarn gehört. Er hätte daher um Erlaubnis gefragt werden müssen.
Anders wäre der Fall nur ausgegangen, wenn es sich um eine sogenannte Nachbarwand gehandelt hätte. Eine solche Mauer ist zum Anbau auf beiden Seiten bestimmt und wesentlicher Bestandteil der Gebäude – das heißt, ohne die Mauer würde das Nachbarhaus nicht mehr sicher stehen.
Nur eine solche Nachbarwand ist eine echte Grenzeinrichtung, die beide Parteien auf der jeweiligen Seite frei benutzen dürfen, wie die BGH-Richter ausführen. Hier «darf ein freiliegender Teil in Richtung auf das eigene Grundstück beispielsweise gestrichen, bepflanzt oder zur Verlegung von Leitungen genutzt werden». Einzige Voraussetzung: Die Mitbenutzung des anderen darf nicht beeinträchtigt sein. Mit den Bohrlöchern hätten die Richter kein Problem gehabt. Es sei nicht festgestellt, dass sie die Wand undicht machten oder deren Stabilität gefährdeten. Auch das Erscheinungsbild sei nicht grob beeinträchtigt – der Nachbar könne die Seite ja gar nicht sehen.