12. März 2020, 4:22 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Eine fest eingebaute Lüftungsanlage im Haus kann Allergikern helfen, die unter Erregern aus der Luft leiden. Allerdings profitiert nicht jeder Betroffene davon. Experten geben Tipps.
Die Werbeversprechen klingen toll: Allergiker, die eine Lüftungsanlage im Haus haben, leiden weniger unter lästigen Allergie, ausgelöst durch Partikel in der Atemluft. Aber stimmt das denn? Tatsächlich kann eine Lüftungsanlage im Haus Abhilfe bei Allergien schaffen, da sie kontinuierlich die Luft filtert. Das hilft aber unter Umständen nur bei bestimmten Allergenen. Beispielsweise bei jenen, die in der Raumluft schweben und nicht bei jenen, die sich auf Oberflächen ablagern. Das erklärt Prof. Karl-Christian Bergmann von der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin in Berlin.
Tierhaare und Milbenkot via Abluft
Da Partikel aus dem Fell von etwa Hunden und Katzen in der Luft hängen, werden sie von einer Lüftungsanlage angesaugt und über die Abluft aus dem Raum entfernt. Auch Milben-Allergiker profitieren in gleicher Weise von Lüftungsanlagen, allerdings vorwiegend in der Heizsaison.
Denn der relativ große Milbenkot zersetzt sich nur bei trockener Luft, erklärt Prof. Bergmann, der den Polleninformationsdienst der Charité in Berlin leitet. Die Bestandteile sind erst dann klein genug, wenn sie sich mit Luftbewegung im Raum, etwa durch das Staubsaugen, verteilen können. Erst dann kann eine Lüftungsanlage sie erfassen und absaugen.
Pollen sind zu schwer fürs Absaugen
Am wenigsten Nutzen haben nach Ansicht des Experten Pollen-Allergiker von einer Lüftungsanlage. „Einfach, weil die Pollen nicht lange in der Luft herumfliegen“, erklärt der Experte. Pollen gelangen durch die offenen Fenster in die Wohnung, fallen auf den Boden und bleiben dort liegen. Lüftungsanlagen entfernen aber nur Partikel, die in der Luft schweben und erreichen kaum welche, die auf dem Boden liegen.
Abhilfe gegen Pollen kann eine automatische Lüftungsanlage bieten, in der Filter das Eindringen von Pollen in den Wohnraum von vornherein verhindern oder wenigstens reduzieren.
Die meisten Wohnraum-Lüftungsanlagen funktionieren in der Regel so: Sie saugen die Außenluft an, filtern und erwärmen sie und führen sie nach innen, erklärt Günther Mertz, Geschäftsführer des Fachverbandes Gebäude-Klima die Wirkungsweise. Gleichzeitig wird die verbrauchte Luft über Rohrleitungen nach außen geleitet. Dabei wird ihr Wärme entzogen und der einströmenden Luft hinzugefügt.
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Der richtige Filter für Lüftungsanlagen ist entscheidend für Allergiker
Für Allergiker kommt es letztlich darauf an, ob spezielle Feinstaubfilter in den Lüftungsanlagen eingebaut sind, die Schadstoffe und auch Pollen aus der hereins trömenden Außenluft ausreichend entfernen können. Zudem muss man in Zeiten, in denen die Pollen fliegen, die bei einem die individuelle Allergie auslösen, natürlich die Fenster im Haus möglichst geschlossen halten.
Und: „Es kommt immer darauf an, welche Filter eingebaut sind. Habe ich schlechte Filter, sauge ich die Schadstoffe eher noch von außen in die Wohnung hinein“, ergänzt Prof. Bergmann. „Für Allergiker sind Filter der Klasse F7 geeignet“, erklärt Mertz. „In ihnen bleiben zuverlässig und fast vollständig Schadstoffe und Pollen aus der Luft hängen.“ Diese Filterkategorie ist auch für die Innenräume wichtig, um die Kotpartikel der Hausstaubmilben aus der Luft zu nehmen.
Damit die Filter das zuverlässig tun, müssen sie alle drei Monate ausgebaut und ausgesaugt werden, rät Mertz. „Einmal im Jahr ist ein Filterwechsel sinnvoll, in besonders belasteten Regionen auch zweimal jährlich.“
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Allergen-Reduzierung ist aber nur ein netter Nebeneffekt
Eine Allergie allein sollte aber kein Grund sein, eine automatische Lüftungsanlage zu installieren. „Das ist allenfalls ein Nebeneffekt“, betont Martin Brandis vom Team Energieberatung des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Und es funktioniert auch nicht überall. Üblicherweise werden Lüftungsanlagen in Neubauten oder nach umfassenden Modernisierungen älterer Gebäude eingesetzt.
Im Grunde diene eine Lüftungsanlage dazu, stark gedämmte und abgedichtete Gebäude ausreichend zu belüften. Also dort, wo aufgrund der dichten Dämmung das zeitweise händische Lüften aufwendig oder nicht genug wäre. Brandis betont: „Gibt es irgendwo Undichtigkeiten oder ist das Haus nicht ausreichend gedämmt, ergibt eine Lüftungsanlage wenig Sinn – auch nicht für Allergiker.“