7. Dezember 2020, 21:07 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Ein neu entwickeltes Material speichert zehn Mal mehr Wärme als Beton. Das ist besonders interessant für Holzbauten. Doch taugt der Super-Dämmstoff auch zum Baustoff der Zukunft?
Anders als in Häusern mit schwerem Mauerwerk fröstelt man schnell in einem Haus in Holzbauweise. Grund: Leichte Baustoffe können Wärme schlecht zwischenspeichern. Ein Forscherteam am Kompetenzzentrum Cemos der Hochschule Mannheim hat ein Material entwickelt, das auch in Gebäuden aus Leichtbauweise wie zum Beispiel Holzhäusern das Wohlfühlklima heben soll. Interessant: Dieser neue Dämmstoff speichert zehn Mal mehr Wärme als Beton.
Wie speichert der neue Dämmstoff so viel Wärme?
Als Vorbild diente den Wissenschaftlern ausgerechnet ein schmelzender Eiswürfel im Cocktailglas. Schmilzt Eis, wird eine hohe Menge an Energie benötigt, die der Umgebung entzogen wird. Und zwar in Form von Wärme. Diesen physikalischen Vorgang macht sich auch – nicht erschrecken – sogenanntes Phasenwechselmaterial (PCM) zu Nutze. PCM sind winzige Perlen, die mit bestimmten Salzen oder Paraffinen gefüllt sind.
Bei einer bestimmten Temperatur schmelzen die Inhaltsstoffe und nehmen viel Wärme auf. Sinkt die Temperatur, härtet das Material und gibt Wärme wieder ab. So funktionieren übrigens auch Taschenwärmer, also Wärmekissen für fröstelnde Hände. In der Baubranche ist PCM kein unbekanntes Material. Die Kügelchen werden schon seit längerem verschiedenen Baustoffen zugemischt, zum Beispiel in Gipsplatten.
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PCM in Kühlbatterien gefüllt und an die Wand montiert
Wie die Mannheimer Forscher in einer Presseerklärung schreiben, haben sie nun eine spezielle PCM-Mischung aus Salzhydraten entwickelt, deren Schmelztemperatur der einer meist gewünschten Raumtemperatur von rund 22 Grad Celsius entspricht. Damit der Stoff gut zur Klimatisierung von Innenräumen beiträgt, haben die Forscher das PCM in Kühlbatterien gefüllt. Diese montierten sie wiederum an die Gebäudehülle. Und zwar so, dass ein möglichst hoher thermischer Kontakt zur Innenraumluft gewährleistet ist.
Wie haben die Forscher das PCM getestet?
Die Wissenschaftler haben ein kleines Gebäude von 18 Quadratmetern mit zwei identischen Räumen gebaut, die durch einen Flur getrennt sind. In den einen Raum verbauten sie das verkapselte PCM in zwei Schichten an den Wänden. Der andere Raum blieb leer. Die Testphase lief 87 Tage. Dabei zeigte sich, dass das PCM die Raumtemperatur sowohl senken als auch erhöhen kann. So kristallisiert das Material aus, sinkt die Temperatur unter 21 Grad Celsius. Wärme wird daraufhin freigesetzt und unterstützt die Heizleistung.
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Taugt das Material als Baustoff der Zukunft?
Für die Forscher ist klar, dass diese Technik richtungsweisend ist und gerade in Leichtbauhäusern das Wohnklima deutlich verbessert. Holzbauten sind generell das große Thema in der Baubranche. Der neue PCM-Stoff aus Mannheim kann womöglich dazu beitragen, die nachhaltige Bauweise noch weiter zu verbessern. Die Wissenschaftler wollen das System noch weiter optimieren, um mehr Platz zu sparen und Schall besser zu absorbieren. Zudem wollen sie das Material auch in Lüftungs- und Wärmerückgewinnungsanlagen integrieren.