6. Februar 2021, 4:29 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Keine Frage: Schlüsseldienste sind nicht immer preiswert. Allerdings sind hohe Kosten nicht immer auch gleich Wucher. Es kommt immer auf die Umstände des Einzelfalls an.
Wer einen Schlüsseldienst-Auftrag unterschreibt, kann hinterher nicht ohne Weiteres behaupten, die verlangten Preise seien sittenwidrig. Das gilt vor allem dann, wenn keine echte Notlage vorlag. So entschied das Amtsgericht München (Az.: 171 C 7243/19), wie das Rechtsportal des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.
Die Richter wiesen damit eine Klage wegen angeblichen Wuchers gegen einen Schlüsseldienst ab. Dieser hatte Kosten von gut 620 Euro für das Türöffnen in Rechnung gestellt.
Kläger konnte Wohnung nicht verlassen – Schlüsseldienst-Angebot durch den Briefschlitz
In dem Fall ging es um einen Mann, der an einem Sonntag gegen 22.00 Uhr seine Wohnung verlassen wollte. Er konnte die Wohnungstür aber nicht öffnen und rief einen 24-Stunden-Notservice, der gegen Mitternacht ein Angebot durch den Briefschlitz der Tür einwarf.
Auf dem Formular waren ein «Fallspezifischer Einsatzwert» von 189 Euro, Pauschalen von An- und Abfahrt von je 20 Euro sowie ein Sonn- und Feiertagszuschlag von 189 Euro bereits ausgefüllt. Ohne Unterschrift werde die Türe nicht geöffnet werden.
Nachdem der Kläger unterschrieben hatte, ließ sich die Tür rasch öffnen. Es stellte sich heraus, dass die Türfalle nicht hängen geblieben, sondern gebrochen war. Der Kläger beauftragte daraufhin den Schlüsseldienst auch damit, das Schloss auszutauschen.
Das Formular wurde um die Posten «Mehrarbeitszeit» (139 Euro) und «Sicherheitsschloss» (169 Euro) ergänzt. Der Kläger unterschrieb erneut und zahlte den Rechnungsbetrag von 863,94 Euro in bar.
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Gericht sah keine Zwangslage
Der Vermieter erstattete wegen des gebrochenen Schlosses jedoch nur 217,18 Euro. Der Kläger berief sich wegen des auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung auf die Unwirksamkeit eines sittenwidrigen Vertrags. Er sei in einer Zwangslage gewesen, da er am nächsten Morgen zur Arbeit hätte müssen.
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Das Gericht sah das anders und entschied, es habe keine Situation vorgelegen, in der der Kläger die Notservice-Firma schlicht nicht hätte wegschicken können. Er sei in seiner Wohnung gewesen und hatte normalen und zuverlässigen Kontakt zur Außenwelt, und zwar über einen funktionierenden Telefon- und Internetanschluss. Es möge zwar sein, dass sich der Kläger in einer für ihn unangenehmen Lage befand. Eine Art von Zwang, gerade den Beklagten und nicht etwa einen anderen Dienstleister zu beauftragen, sei aber nicht ersichtlich.
Der Schlüsseldienst habe das Angebot schriftlich und detailliert unterbreitet, und der Kläger hätte es ablehnen können. Auch Anfahrtskosten hätte er nicht vor Ort zahlen müssen. Er hätte den Beklagten auf den Rechtsweg verweisen können. Und es sei dem Kläger auch zumutbar gewesen, einen anderen Schlüsseldienst zu beauftragen.