29. April 2019, 4:49 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die Trockenheit 2018 hat uns gelehrt, unseren Wasserverbrauch zu hinterfragen. Doch gerade an heißen Sommertagen duschen viele Menschen häufiger, auch die Pflanzen im Garten brauchen Nachschub. Regenwasser zu horten kann eine Lösung sein. Wie funktioniert das? Und lohnt es sich?
Der Sommer 2018 bleibt vielen mit seinen Extremen in Erinnerung: In einigen Regionen Deutschlands gab es wochenlange Trockenheit, in anderen zeitweise Starkregen und Überschwemmungen. Angesichts solcher Naturereignisse fragt sich mancher: Wie kann ich zu Hause vorsorgen? Denn weder zu viel noch zu wenig Wasser ist dort gut. Welche Wege gibt es also, Trinkwasser zu sparen und trotzdem genügend Nass für Haus und Garten zu haben?
„Eine Antwort auf diese Fragen kann die intelligente und nachhaltige Nutzung des Regenwassers sein“, sagt Dietmar Sperfeld von der Fachvereinigung Betriebs- und Regenwasser-Nutzung in Darmstadt. Mit einer Regenwasser-Nutzungsanlage kann Regen gesammelt und zum Beispiel für die WC-Spülung, zum Putzen und Wäschewaschen genutzt werden.
„Die Trinkwassereinsparung beträgt dadurch etwa 50 Prozent des häuslichen Verbrauchs“, erklärt Sperfeld. Diese Anlagen sind auch bei Starkregen hilfreich – denn die Zisterne kann viel Wasser auffangen.
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Experten-Meinungen gehen auseinander
Auch das Bundes-Umweltamt sieht die Gründe für die starke Belastung des Grundwassers in der Klimaänderung und von Menschen verursachten Einflüssen. Vor allem die Versiegelung von Flächen vermindere die natürliche Grundwasser-Neubildung. Umweltpolitische Maßnahmen wären daher die Entsiegelung von Flächen. Außerdem müsste in bebauten Gebieten eine ortsnahe Bewirtschaftung von Regenwasser erfolgen.
Allerdings: Deutschland sei nach wie vor ein wasserreiches Land, nur seien die Wasservorräte regional verteilt. Fachleute seien daher geteilter Meinung, was den ökologischen und ökonomischen Vorteil von Regenwasser-Nutzungsanlagen angeht. Mit Wasserknappheit könne eine verstärkte Regenwasser-Nutzung generell nicht begründet werden, so das Bundes-Umweltamt.
Wie funktioniert eine Regenwassernutzungsanlage?
„Der Regen von der Dachfläche wird gesammelt und über die Regenfallrohre durch einen Filter geleitet. Dann fließt es in einen Erdspeicher, auch Zisterne genannt“, erklärt Andreas Braun vom Zentralverband Heizung Sanitär Klima. Diese Speicher gibt es in verschiedenen Größen. Sie lassen sich unauffällig unter der Garagenzufahrt oder im Garten unterirdisch unterbringen.
Wichtig ist, dass das Regenwasser gut gereinigt wird. „Dazu dient neben dem vorgeschalteten Filter ein beruhigter Regenwasserzulauf.“ Er vermeidet, dass im Speicher Sediment aufgewirbelt wird. „Um das Wasser aus den saubersten Schichten im Behälter zu entnehmen, wird der Entnahmeschlauch schwimmend verlegt“, erläutert Braun.
Kann jeder so eine Anlage nutzen?
Nicht ganz. „Einige Dachmaterialien sind für das Auffangen und die weitere Nutzung von Wasser im Garten nicht oder nur beschränkt geeignet“, sagt Bernd Kirschbaum vom Umweltbundesamt. So können von Dächern aus Kupfer und Zink Metallverbindungen abgeschwemmt werden, auch bei Dächern mit Teerpappe kann die Bitumenabdichtung Biozide freisetzen. Hier sollte man von einer Regenwassergewinnung absehen.
Wer Wäsche mit Regenwasser reinigt, sollte vorsichtig sein, wenn Menschen mit schwachem Immunsystem oder Säuglinge im Haushalt leben. „Zwar werden beim Wäschewaschen mit Regenwasser durch Temperatur und Waschmittel gesundheitsgefährdende Keime in der Regel abgetötet“, sagt Kirschbaum. „Bei den anschließenden Spülungen mit kaltem Wasser ist dies jedoch nicht sichergestellt, so dass Keime in die Wäsche übertragen werden können.“ Dieses Risiko kann man nur durch eine geeignete Aufbereitung des Wassers ausschließen, oder wenn man die Wäsche anschließend bügelt.
Brauche ich dafür eine separate Regenwasserleitung im Haus?
Ja. „Wer Regenwasser nutzt, braucht ein zweites Leitungssystem zusätzlich zur Trinkwasserleitung“, sagt Braun. Denn laut der Trinkwasserverordnung muss man sicherstellen, dass es an der Regenwassernutzungsanlage eine Sicherung gibt, die verhindert, dass sich Regenwasser mit Trinkwasser mischt. Diese Leitungen müssen farblich so gekennzeichnet sein, dass offensichtlich ist, dass sie kein Trinkwasser führen.
Wie lange reicht ein Regenwasserspeicher bei Trockenheit?
Das kommt auf den Verbrauch an. „Drei bis vier Wochen sollte das Wasser schon reichen, wenn der Speicher voll war“, erklärt Sperfeld. In längeren Trockenperioden könne es allerdings erforderlich sein, dass Trinkwasser nachgespeist werden muss.
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Kostenersparnis durch Regenwasser-Nutzungsanlage?
Mit solch einer Anlage ersetzt ein Vier-Personen-Haushalt jährlich rund 40 Kubikmeter Trinkwasser, was zwischen 160 und 200 Euro Ersparnis einbringt. Werden für das genutzte Regenwasser keine Abwassergebühren erhoben, sind sogar bis zu 300 Euro drin.
Die Kosten für Anschaffung und Wartung einer Regenwasser-Nutzungsanlage sind vergleichsweise hoch. So rechnet das Umwelt-Bundesamt vor, dass die Baukosten für Speicher, Rohrleitung, Filter und Pumpen zwischen 2.500 und 5.000 Euro betragen.
Hinzu kommen jährliche Wartungskosten von etwa 100 Euro. Und einige Bundesländer verlangen Wasseruhren und deren Eichung, dadurch entstehen weitere Kosten. Alles in allem liegen laut Bundes-Umweltamt die Amortationszeiten deutlich über zehn Jahren – ohne Berücksichtigung von Zinseffekten.