17. Oktober 2019, 10:58 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Falls Sie mit dem Gedanken spielen, in Solarstrom zu investieren, sollten Sie nicht zu lange warten. Denn bald könnte das Ende der Einspeisevergütung für neue Fotovoltaik-Anlagen kommen. myHOMEBOOK hat nachgefragt, was dahinter steckt und ob sich eine Anschaffung jetzt noch lohnt.
Ökostrom ist nach wie vor beliebt, aber der große Boom liegt bereits ein paar Jahre zurück. Unter anderem liegt dies an einer geringeren Einspeisevergütung, weniger Fördermitteln und nach wie vor hohen Anschaffungskosten. Doch bald könnte es ganz zu Ende sein mit der Rendite: Der Deckel für Förderungen von Solarstrom ist nämlich fast erreicht. Baufamilien und Modernisierer sollten jetzt handeln, um noch zu profitieren.
Steht die EEG-Förderung von Solarstrom vor dem Ende?
In den letzten zehn Jahren hat sich der Solarstrom-Anteil in der Stromversorgung hierzulande verzehnfacht. Doch der Förderdeckel für PV-Anlagen soll bereits in der ersten Hälfte nächsten Jahres erreicht werden. Demnach verfügen die geförderten Solaranlagen dann über eine gesamte Leistungsstärke von 52 Gigawatt Strom. Laut dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2017) ist dies die Grenze der Einspeisevergütung.
Auch Jörg Sutter, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS) e. V., bestätigte diese Zahl gegenüber myHOMEBOOK: „Ja, die Aussage ist korrekt. Es sind schon knapp über 48 GW installiert.“ Dabei geht es nicht um die Menge des erzeugten Stroms, sondern um die installierte Leistung. „Das heißt, wenn 52 Gigawatt gebaut sind, erhalten neue, danach zusätzlich gebaute Anlagen keine Förderung mehr“, erklärt der Diplom-Physiker.
Laut Aussage des Bundeswirtschaftsministeriums sind momentan Solaranlagen mit einer gesamten Kapazität von mehr als 47 Gigawatt angeschlossen. „Im ersten Halbjahr 2019 wurden in Deutschland rund 1,8 Gigawatt neue PV-Anlagen ans Netz gebracht“, weiß Sutter. „Wenn der Zubau ungefähr so weiter geht, würde der Deckel Mitte 2020 erreicht werden.“ Bisher steht nicht fest, ob das Förderprogramm danach verlängert wird.
Genug Vorlauf bei Solaranlagen einplanen
Da die Planung und Installation einer PV-Anlage – meistens auf dem Dach – bis zu sechs Monate dauern kann, sollten Verbraucher zeitnah handeln, um jetzt noch vom EEG zu profitieren. Sonst könnte es sein, dass die Fördermittel ausgeschöpft sind. Wenn Sie sich jetzt für die Installation einer Solaranlage entscheiden sollten, bekommen Sie noch die aktuelle Rendite: „Als Vergütungssatz nach EEG bekommen typische kleine PV-Hausanlagen, die im Oktober ans Netz gehen, eine Vergütung von 10,18 Cent pro Kilowattstunde,“ erklärt Solarexperte Sutter. „Dieser Satz bleibt für den Anlagenbetreiber dann über 20 Jahre Laufzeit konstant.“
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Solarstrom: Mehr Nutzung, bessere Speicher
Bei guter Lage und Sonnenschein kann eine Solaranlage von 25 Quadratmetern auf dem Dach ein Einfamilienhaus nahezu komplett mit Energie versorgen. Aber auch bei schlechtem Wetter können Haushalte mittlerweile sehr gut Solarstrom nutzen: Speicher-Akkus werden sowohl leistungsstärker als auch kostengünstiger. Externe Cloud-Speicher-Lösungen sind bei vielen Stromversorgern zudem stark im Kommen. Überschüssiger Strom wird dabei ins Netz eingespeist und ist je nach Bedarf wieder verfügbar.
Tipp: Nicht nur die Technologien sind mittlerweile erschwinglicher und effizienter. Auch die Nutzungsmöglichkeiten von Solarstrom in Privathaushalten nehmen zu – Smart Home und Elektromobilität sei Dank. So kann ein Solarcarport beispielsweise den Strom für die dortige Ladestation für das Elektro-Auto liefern.
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Verbände setzen sich für Verlängerung der Solarstrom-Förderung ein
Auch der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. ist sich dem drohenden Ende der Fördermittel durchaus bewusst: „Der 52-PV-Gigawattdeckel sollte die Förderung des PV-Ausbaus begrenzen“, meint Dr. Thomas Engelke, Teamleiter „Energie und Bauen“ des Geschäftsbereichs Verbraucherpolitik auf Anfrage von myHOMEBOOK.
Der Verband hat sich gegen einen Förderstopp ausgesprochen, auch in Hinblick auf die Einführung des sogenannten Mieterstroms. Das Konzept steht für lokal produzierten Strom, der von Mietern, Gewerbetreibenden oder Wohnungseigentümergemeinschaften genutzt wird. Das Ende einer Solarstrom-Förderung würde die Situation dafür weiter verschlechtern, meint Engelke.
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Wird der Förderdeckel für Solarstrom wieder aufgehoben?
Im Rahmen des aktuellen Klimapakets hat die Bundesregierung nun angekündigt, dass der Förderdeckel aufgehoben werden soll, „jedoch ohne konkrete Details zu benennen“, moniert auch Ariane August von Greenpeace Energy eG. Bisher sei noch nichts geregelt. „Unter anderem hatte der Bundesverband Solarwirtschaft daher die Politik aufgefordert, die im Klimapaket enthaltene Absichtserklärung umgehend gesetzlich zu fixieren, um mit der Streichung des Förderdeckels für Solardächer in letzter Minute einen Markteinbruch abzuwenden,“ erklärt August auf Anfrage von myHOMEBOOK. Ein Gesetzesentwurf zur Änderung des EEG läge der Bundesregierung bereits vor.
„Ob der Deckel greift oder nicht, ist derzeit unklar“, meint auch Energieexperte Sutter. Erst wenn eine Gesetzesänderung des EEG beschlossen ist, wird der Deckel tatsächlich aufgehoben. „Ich hoffe, dass das noch in diesem Jahr gelingt, da sonst die Verunsicherung groß wäre,“ ergänzt er. Auch die Verbraucherschützer warten auf das Ergebnis der aktuellen Diskussion: „Der Verbraucherzentrale Bundesverband wird sich zusammen mit anderen Verbänden weiter dafür einsetzen, dass diese Ankündigung auch umgesetzt wird,“ meint Engelke.
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Lohnt sich jetzt die Installation einer PV-Anlage?
Ist der Bau einer Solaranlage fertiggestellt, wird diese automatisch beim Netzbetreiber und der Bundesnetzagentur für die Nutzung der EEG-Vergütung angemeldet. „Der örtliche Stromnetzbetreiber, der die Anmeldung entgegennimmt, regelt dann die Vergütungszahlung“, erklärt Sutter. Ein vorschnelles und eigenmächtiges Beantragen vor dem drohenden Förderstopp ist nicht möglich. „Wer aber auf Nummer sicher gehen möchte, kann sich noch in den kommenden Monaten eine Anlage aufs Dach setzen und erhält dann auf jeden Fall noch die EEG-Vergütung,“ empfiehlt der Solarexperte.
Aber das ist für viele nicht der einzige Grund dafür, auf Solarstrom zu setzen. „Im Sinne des Klimaschutzes und einer Energiewende aus 100 Prozent erneuerbaren Energien lohnt es sich daher für Verbraucher*innen auch weiterhin, in erneuerbare Technologien zu investieren“, meint August von Greenpeace Energy. Damit kann jeder Haushalt seinen ganz eigenen Klimawandel gestalten.