13. August 2021, 10:58 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Siedlungen, in denen das Einfamilienhaus dominiert, haben oft viele Nachteile für die Umwelt. Vor allem die Bodenversiegelung wird zum Problem. Ein großer Wohnungsverband appelliert deshalb zum Umdenken in der Baupolitik.
Angesichts der Klimakrise und der jüngsten Flutkatastrophe mehren sich die Stimmen aus der Wohnungswirtschaft, die eine Kehrtwende in der Wohnungspolitik fordern. So schlägt der Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW) Alarm: „Es ist nicht fünf vor, sondern zwölf, aber wir können immer noch handeln.“ In einem offenen Schreiben fordert der Verband mehr Anstrengungen für den Klimaschutz. Neubausiedlungen, in denen Einfamilienhaus neben Einfamilienhaus steht, ist alles andere als nachhaltig.
Der VNW vertritt 396 Wohnungsgenossenschaften und Wohnungsgesellschaften. Rund 1,5 Millionen Menschen leben in den von ihnen verwalteten 686.000 Wohnungen.
Besser ein Mehrfamilienhaus als ein Einfamilienhaus bauen
Eine Siedlung mit vielen Einfamilienhäusern verbraucht viel Fläche. Die damit einhergehende Bodenversiegelung wird dann schnell zum Problem für die Umwelt. Regenwasser kann nicht mehr richtig versickern. In einer Pressemitteilung des VNW heißt es, die Bundesrepublik Deutschland wolle eigentlich nur 30 Hektar pro Tag versiegeln. Tatsächlich seien es derzeit jedoch 52 Hektar.
Um gegen die zunehmende Flächenversiegelung vorzugehen, macht der VNW konkrete Vorschläge: mehr Grünflächen, Plätze begrünen und die Zahl der Parkplätze reduzieren. Baulücken sollen geschlossen, Häuser höher gebaut und Gebäude saniert werden. Vor allem aber sollten eher Mehr- statt Einfamilienhäuser gebaut werden. „Angesichts zunehmender Flächenversiegelung und aus Gründen von Nachhaltigkeit ist die Errichtung von mehrgeschossigen Wohngebäuden sicher am sinnvollsten. Das schließt den Bau von Einfamilienhäusern – da, wo es passt – natürlich nicht aus, aber es sollte vorsichtig damit umgegangen werden“, heißt es in dem Schreiben.
Nicht mehr in Überschwemmungsgebieten bauen
Zudem rät der VNW, neue Wohngebiete grundsätzlich nicht in potenziellen Überschwemmungsgebieten von Flüssen zu errichten. Bei bereits bebauten Flächen in problematischen Gebieten müssen Vorkehrungen getroffen werden. Die Auswirkungen schwerer Überschwemmungen hält man nach Ansicht des VNW dadurch möglichst gering. Eines sei sicher: „Im Falle eines Falles holt sich die Natur ihre Gebiete zurück. Das haben die jüngsten Überschwemmungen bewiesen.“
Geringerer Flächenverbrauch durch Mehrfamilienhäuser
Für die Experten gehe es darum, attraktives Wohnen und geringen Flächenverbrauch zu kombinieren. „Das kann mit Wohngebäuden geschehen, die ein sparsamer Flächenverbrauch auszeichnet, den Bewohnerinnen und Bewohnern aber zugleich das Gefühl vermittelt, auf der ‚eigenen Scholle‘ zu leben.“
Was die Nachhaltigkeit betrifft, seien Mehrfamilienhäuser anderen Wohnformen überlegen. „Es leben dort mehr Menschen auf weniger Fläche. Zudem: Die Wärmepumpe im Keller, die Photovoltaikanlage auf dem Dach, die Grünfläche im Hinterhof – alles wird nicht nur von einer Familie genutzt, sondern kommt acht oder zehn Haushalten zugute“, schreiben die Experten vom VNW.
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Der Verband appelliert an die Politik
Den Kommunen komme bei der künftigen Gestaltung von Wohngebieten große Bedeutung zu, erklärt der VNW. Sie vergäben Baurecht und würden letztendlich entscheiden. „Die Bürgermeister haben die Möglichkeit, die Weichen zu mehr ressourcen- und flächensparendem Wohnen zu stellen. Leider verweist die Landesregierung an dieser Stelle viel zu oft auf die kommunale Selbstverwaltung und damit auf die Verantwortung anderer.“