28. Juli 2021, 19:34 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Spaliere eignen sich für einen Garten mit wenig Platz. Pflanzen können dann gezielt und elegant an den Rankhilfen im Wuchs gelenkt werden. Wann braucht man unbedingt einen?
Im Wein- und Obstbau sind Rankhilfen eine unerlässliche Stütze. Praktisch sind Spaliere aber auch im Garten, wenn nur wenig Platz vorhanden ist. Hier kann man Pflanzen und Gehölze so erziehen, dass sie in die richtige Richtung wachsen. An Spalieren wächst übrigens nicht notgedrungen nur das sogenannte Spalierobst wie Apfel oder Birne. Auch viele Ziersträucher, Rankpflanzen und Blumen kommen an einem Spalier groß raus. So ist ein üppig bewachsenes Rosenspalier an einer Hausfassade eine wahre Augenweide.
Spaliere für den Garten – was rät die Expertin?
Im Garten ist ein formvollendetes Spalier ein echter Hingucker. Wer sich solch ein Rankgerüst nicht selbst zimmern mag, findet im Handel schier eine Vielzahl. Isabelle Van Groeningen von der Königlichen Gartenakademie in Berlin fügt gegenüber myHOMEBOOK hinzu: „Es gibt viele verschiedene Spalierformen, für die sich viele unterschiedliche Pflanzen eignen. So zum Beispiel ganz traditionelles Obst. Aber auch Zieräpfel und -birne, Linden, Hain- und Rotbuche, Kornelkirsche, Glanzmispel, immergrüne Eiche, Amberbaum, Platane.“ Die Auflistung könnte ewig weiter gehen.
Für wenige Euros könne man ein kleines Bäumchen kaufen, ein Gerüst bauen und mit viel Geduld ein eigenes Spalier formen, sagt Van Groeningen. Solch ein DIY-Spalier kann an der Hauswand angebracht werden, auch um jedes Fenster und jede Tür. Die Kosten halten sich im Rahmen. Man kann allerdings auch mehr hinblättern. Van Groeningen: „Sie können auch für ein- bis zweitausend Euro ein uraltes Birnenspalier kaufen, mit dickem Stamm, drei bis vier Meter hoch.“
Unterschiedliche Spaliere für den Garten
Es ist klar: Spaliere für den Garten gibt es in unzähligen Formen. An Hauswänden findet man oftmals Spaliere aus Holz, weniger aus Metall. In der Regel werden die Holzleisten quadratisch angeordnet, sodass sie ein Rankgerüst bilden. Damit es nicht zu Feuchtigkeitsschäden an der Fassade kommt, bringt man das Spalier mit ein wenig Abstand an.
Holzspaliere selbst zimmern, ist nicht jedermanns Sache. Da stellen Spaliere aus Draht tatsächlich eine Alternative dar. Zwischen zwei senkrecht angebrachten Leisten (Metall oder Holz) werden waagerechte Drähte straff gespannt. An einer Wand geht das recht einfach. Schwieriger sind jedoch frei stehende Spaliere im Garten. Wind und Wolkenbrüche sind hier die größte Herausforderung. Wer es ganz genau machen will, befestigt die Konstruktion deshalb fest im Boden. Da kann auch etwas Beton stützen und helfen. Die Drähte werden zwischen den verankerten Leisten oder Stäben sehr stramm angebracht. Als Richtmarke für den Abstand können rund 40 Zentimeter gelten. Folgende Spalierformen werden oft angewandt:
1. Palmetten
Werden Pflanzen so erzogen, dass die Zweige oder Äste waagerecht wachsen, nennt man das Palmettenerziehung. Bei der einfachen Palmette wachsen die Seitenäste an einem Mitteltrieb schräge ab. Der Pflanzabstand sollte etwa drei Meter betragen. Komplizierter ist die Doppel-Palmette. Der Mitteltrieb wird zurückgeschnitten, wenn sich links und rechts die ersten Seitenarme gut ausgebildet haben. Von diesen aus wachsen dann die nächsten Etagen. Der Mitteltrieb bleibt jedoch zurück. Die Form sieht recht elegant aus, allerdings ist der Pflegeaufwand groß.
Pflanzen, die sich für Palmetten eignen
Kern- oder Steinobst, stark wüchsige Pflanzen, Brombeeren, Pflaumen, Pfirsiche, Aprikosen.
2. Spaliere in Fächerform
Die Fächerform ist nicht sehr kompliziert, der Pflegeaufwand hält sich in Grenzen. Generell wird bei der Pflanzung zweijähriger Gehölze wie Steinobst gleich der Mitteltrieb zurückgeschnitten, sodass sich die zwei Seitentriebe besser entwickeln. Diese werden schräg angebunden und wachsen fächerförmig nach oben.
Die Triebe von einjährig blühenden Sorten müssen nach der Ernte zurückgeschnitten werden. Die Zweige hängen ansonsten schlapp herab und es bilden sich keine neuen Triebe.
Pflanzen, die sich für die Fächerform eignen
Steinobst, Sauerkirschen, Pfirsiche, generell schwächer wachsende Sorten.
3. Senkrechter Schnurbaum
Bei dieser klassischen Form wachsen von Bodennähe an in regelmäßigen Abständen die Seitentriebe vom Mitteltrieb ab. Während Palmetten und Spaliere in Fächerform in der Regel an einer Hauswand oder Mauer befestigt werden, stehen Spaliere für den senkrechten Schnurbaum frei im Garten. Das bedeutet auch, dass sie recht stabil sein müssen. Bambus oder Stahlstäbe sind für diese Form ideal, das Material hält auch starken Windböen stand. Schnurbäume sind als Spaliere im Garten ein guter Sichtschutz. Sie geben der Fläche gleichzeitig eine elegante Struktur. Das Spalier in Form eines Drahtgerüstes kann bis zu vier Meter Höhe haben. Der Pflanzabstand beträgt in der Regel 80 Zentimeter.
Pflanzen, die sich für senkrechte Schnurbäume eignen
Apfel, Birne, Quitte oder Mispel sowie Stachelbeere und Johanissbeere.
4. Waagerechter Schnurbaum
Diese Form eignet sich hervorragend, wenn der Platz nach oben begrenzt ist. Beim waagerechten Schnurbaum wachsen die Triebe zur Seite hin. Ein hochwachsender Mitteltrieb fehlt jedoch. In Kombination mit Stauden oder Sommerblumen wirken diese Spaliere im Garten besonders reizvoll. Der Pflanzabstand beträgt rund fünf Meter. Gepflanzt wird im Herbst, im darauffolgenden Frühjahr können die Seitentriebe an den Spanndraht angebunden werden. Der befindet sich in einer Höhe von 40 Zentimetern über dem Boden. Wachsen kleine Triebe von den waagerecht angebundenen Trieben nach oben, werden diese beim Sommerschnitt auf die Höhe von vier Blättern verkürzt.
Pflanzen, die sich für waagerechte Schnurbäume eignen
Apfel, Birne, Quitte oder Mispel.
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Hintergrund der Technik mit Spaliere im Garten
Spalierobst wurde schon im 16. Jahrhundert in Frankreich kultiviert. Meist band man Rebstöcke und Obstbäume einfach an Gebäudemauern fest und lies diese wild wachsen. Erst später erkannte man, dass man die Gehölze in fächerartige Formen erziehen und so mehr Obstertrag gewinnen kann. Im 19. Jahrhundert kamen dann immer raffiniertere Spalierformen in Mode, mittlerweile auch frei stehend.
Kandelaber-Palmette, Schlangenspalier mit mehreren Kreisen übereinander, Reifspalier mit runden und geraden Achsen – man ahnt schon, wie kompliziert der tägliche Pflegeaufwand gewesen ist. Wurde dabei geschludert, verwilderten die Spaliere schnell. Das sah dann nicht mehr raffiniert aus. Ein Grund, weshalb die komplizierten Spaliere in „normalen“ Gärten nie so richtig Fuß gefasst haben.