16. November 2019, 14:46 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Schon im Kindergarten lernen wir, Obst von Gemüse zu unterscheiden. Doch ganz so eindeutig, wie viele meinen, ist der Unterschied gar nicht. myHOMEBOOK fragte bei einer Wissenschaftlerin nach! Kurz vorweg: Die Sache ist verzwickt.
Denken Sie, der Unterschied zwischen Obst und Gemüse ist doch klar? Hakt man nach, merkt man schnell: Die Frage ist nicht eindeutig zu beantworten. Denn viele meinen, ein Obst ist eine Frucht, ein Gemüse irgendwie ein Pflanzenteil. Was ist dann aber mit Paprika, Zucchini, Tomate oder Gurke? Für viele sind sie Gemüse, dabei gelten sie aus botanischer Sicht als Früchte.
Unterschiede zwischen Obst und Gemüse – süß oder salzig?
Ein weiteres Kriterium für viele: der Geschmack. Obst ist in der Regel süß – Gemüse braucht in der Zubereitung meist Salz. Ist das der Unterschied? Es stimmt zwar oftmals, aber auch nicht immer. Bestes Beispiel: Karotten schmecken auch im rohen Zustand süß. Und gedünstete Zwiebeln verlieren ihre Schärfe, gewinnen hingegen, wie auch gekochte Rote Beete, an Süße.
Könnte man dann nicht anhand des Zuckergehalts festlegen, ob etwas Obst oder Gemüse ist? Nein, denn der Gehalt kann ja schwanken – die Festlegung wäre ziemlich willkürlich.
Stammt Gemüse nicht aus einjährigen Pflanzen?
Mit diesem Unterscheidungsmerkmal kommt man der Lösung des Rätsels schon näher. Die Agrar-Wissenschaftlerin Dr. Anja Müller vom Leibniz-Institut für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) in Großbeeren (Brandenburg) erklärt gegenüber myHOMEBOOK: „Gemüse ist für gewöhnlich einjährig bzw. im Laufe des Lebens nur einmal tragend und Obst mehrjährig bzw. mehrmals tragend.“
Allerdings scheren Spargel und Artischocken etwas aus dem Raster. Für die meisten gelten sie als Gemüse, müssten also einjährig sein. Allerdings wachsen sie erneut im nächsten Jahr. Den Widerspruch erklärt Frau Dr. Müller so: „Beim mehrjährigen Spargel und der zweijährigen Artischocke wird nur der Teil verzehrt, der aus dem Wurzelstock jedes Jahr neu herauswächst. Das heißt die oberirdischen Pflanzenteile frieren im Winter vollständig ab und sind dann als Neuaustrieb jeweils einjährig, in Form eines Stängels bzw. Blütenbodens.“ Kurz: Es bleibt verzwickt.
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Obst ist meist roh, Gemüse gekocht – liegt darin der Unterschied zwischen Obst und Gemüse?
So meinen viele, den Unterschied zwischen Obst und Gemüse spontan zu erklären. Aber auch hier hinkt der Vergleich. Klar, Beeren-Früchte naschen wir gerne mal gleich vom Strauch. Und was gibt es herrlicheres, als in der Herbstsonne in einen knackigen Apfel oder eine saftige Birne zu beißen? Aber Früchte kann man natürlich auch einkochen oder damit leckere Kuchen backen.
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Und umgekehrt: Nicht jedes Gemüse muss gekocht werden. Tomaten, Sellerie, Gurken, Kohlrabi, Paprika – die Liste an Gemüsen, die wir auch roh essen, ließe sich lange fortsetzen. Roh oder gekocht erklärt also auch nicht den Unterschied zwischen Obst und Gemüse.
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Es bleibt schwierig, den Unterschied zwischen Obst und Gemüse zu bestimmen
Obst- und Gemüse – obwohl wir bereits im Kindesalter zu unterscheiden glauben, was der Unterschied ist, gelten die beiden Begriffe in der Biologie nicht als eigenständige Pflanzen-Gattungen. Was aber auffällt: Kleinkinder lernen relativ schnell, Obst von Gemüse zu unterscheiden. Nach Meinung vieler Wissenschaftler hängt das mit speziellen früh festgelegten Denk-Funktionen im Gehirn zusammen.
Forscher gehen davon aus, dass wir über eine innere intuitive Biologie verfügen. Demnach bringen wir Ordnung in die Welt der belebten Natur, indem wir intuitiv Unterscheidungen treffen. Womöglich hat das mit frühen Überlebensstrategien zu tun, also mit der Evolution.