3. Februar 2022, 11:29 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Nichts stimmt an diesem Haus – zumindest von außen. In Österreich steht ein Gebäude, das eigentlich nicht wahr sein kann. Kunstrasen, Treppen ins Nichts und Fensterpaneele als Geländer. So gaga es ist, diese Architektur hat Witz.
Die Ziegen grasen auf der grünen Wiese, Blätterrauschen am Berghang. Und dann das: Mitten in dieser Idylle steht ein verrücktes Bauernhaus. Nicht anders kann man das seltsame Mehrfamilienhaus bezeichnen, dass das Architektenbüro Weichlbauer/Ortis im beschaulichen Frohnleiten (Österreich) errichtet hat. Ist das Gebäude ein Lego-Haus? Oder ein kubistisches Kunstwerk? Fakt ist: Man kann darin wohnen. Sogar mit einer fünfköpfigen Familie.
Warum das Haus so verrückt ist
Das „grüne“ Haus steht in einem Weiler, einer Dorfsiedlung nördlich der österreichischen Stadt Graz. Inmitten traditioneller, alter Bauernhäuser sticht das Gebäude mit den eckigen Kanten und seiner kubistischen Form – gelinde gesagt – hervor. Mit diesem schrägen Gebäude bricht der Architekt offensichtlich mit jeglichen Konventionen. Um das Ganze zu toppen: In unmittelbarer Nachbarschaft steht ein traditionelles Bauernhaus.
Man reibt sich die Augen. Die Fassade des Gaga-Hauses ist mit grünem Kunstrasen umhüllt. Der Rasenbelag ist perfekt grün, das natürliche Grün der umgebenden Wiese kann da kaum mithalten. Die Form des Gebäudes provoziert. Fast brutal stehen die herausgeschobenen Ecken und Kanten des Gebäudes hervor.
Die Treppen, die ins Nichts führen
Und dann die angebauten Treppen. Mal schräg, mal nach unten oder gen Himmel wachsen sie aus der Fassade hervor. Aber Achtung: Jede Stufe betritt man lieber mit Bedacht. Die Treppen an der Außenfassade laufen ins Nichts, sie sind reine Zierde. In einem Pressebericht zu dem Haus erklärt die Architektin Karin Tschavgova: „Die Treppen wurden ohne Skrupel umfunktioniert – adaptiert zu tragenden Stützen, zum Sichtschutz gegen das Nachbarhaus und zur Aufstiegshilfe für den Rauchfangkehrer.“
Bauernhaus mit Fenster vor den Fenstern
Neben den verrückten Treppen ins Nichts stechen die quer an die Fassade montierten Fensterpanele ins Auge. Aber warum haben die Architekten diese Teile an der Fassade angebracht? Tschavgova erklärt: „Eine neue Funktion erhalten auch die Fensterelemente, ein Datensatz, der nun liegend als Geländer vor die Türen der Übereckverglasungen montiert wurde. Die Reduktion auf wenige, durch diese Entwurfsmethode im neuen Kontext erscheinende Elemente führte nicht nur dazu, dass die Absturz sichernden Geländer im Haus aus den gleichen Bauteilen bestehen, sondern auch dazu, Fassaden und Flachdächer einheitlich mit einem Kunstrasen zu überziehen.“
Treppenlauf aus alter Gardinenschine?
An sich soll das Haus der traditionellen Vorstellung von Wohnen nachkommen. „Es enthält die Räume streng nach Funktionen getrennt auf drei Ebenen, wobei die Eingangsebene auch einen kleinen Wirtschaftsbereich zur Verarbeitung landwirtschaftlicher Produkte enthält. Die durchwegs großen, raumhohen Verglasungen über Eck erweitern alle Aufenthaltsbereiche, schaffen fließende Übergänge und lösen kategorische Unterscheidungen zwischen innen und außen, privat und öffentlich auf. Der Bauer wohnt ja im und um das Haus“, sagt Karin Tschavgova.
Traditionelle Vorstellung von Wohnen? Die Wohnfläche über drei Stockwerke bietet Platz für eine fünfköpfige Familie. Interessant ist der Treppenhandlauf im Treppenhaus.
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Woran die Treppen ins Nichts erinnern
Das Stilelement mit den Treppen ins Nichts wirkt wie die wahr gewordene Fantasie von M.C. Escher (1898 bis 1972). Der legendäre Künstler aus den Niederlanden hat die verrücktesten Figuren und Grafiken erfunden. Für unzählige Künstler, Komponisten, Wissenschaftler und Architekten sind seine Werke ein wahrer Quell der Inspiration. Womöglich auch für die Architekten des schrägen Bauernhauses in Österreich mit den Treppen, die zum Himmel wachsen.