11. März 2022, 15:08 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Beton ist einer der vielseitigsten und am häufigsten verwendeten Baustoffe der Welt. Er ist robust, langlebig, feuerbeständig und kann in jede Größe und Form gegossen werden. Jedoch steht er auch in der Kritik, ein Klimakiller zu sein.
Beton ist ein traditionelles Gussmaterial, was sich mithilfe einer Schalung in individuelle Formen gießen lässt. Schon die Römer in der Antike haben sich diesen robusten Baustoff zu eigen gemacht. Mit neuen Herstellungsverfahren lassen sich Materialien wie Beton und Stein jedoch auch nachhaltiger verarbeiten.
Übersicht
Der Trend zu neuen Baumaterialien
In der Architektur forscht man nach neuen Wegen, Materialien und Baumaterialien herzustellen, die zum einen leichter sind und zum anderen auch weniger Ressourcen verbrauchen. Dabei erhofft man sich, die Umwelt mehr zu schonen und in Zukunft den ökologischen Fußabdruck zu verringern. Forscher und Ingenieure auf der ganzen Welt versuchen, ultraleichtes aber dennoch stabiles Baumaterial zu entwickeln.
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Eine gestrickte Schalung für Betonbauten
Die Architektin Mariana Popescu hatte während ihrer Doktorarbeit an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich eine solche Idee. Sie wollte die Verfahrensweise von Betonbauten vereinfachen. So entwarf sie kostengünstigere und mehr umweltschonende Schalungen für Betonbauten, die maschinell „gestrickt“ werden. Üblicherweise werden beim Bauen mit Beton Schalungen verwendet, die mit Frischbeton gefüllt werden. Die gängige Art der Herstellung ist jedoch sehr kostenaufwendig, braucht mehr Zeit und hinterlässt einen immensen Materialverschleiß.
Die neuen Schalungen sollten möglichst leicht und stabil, aber vor allem weniger Material verbrauchen. Popescu entwickelte Algorithmen, die einen architektonischen Entwurf in eine textilbasierte Form übersetzen können. Industriellen Strickmaschinen ist es möglich, daraus in nur wenigen Stunden eine Form zu stricken.
Die resultierende Form ist leicht und flexibel. Popescu und der Rest des Teams entwickelten ein System, bei dem Stahlseile die Form an Ort und Stelle halten, während man den Beton darüber gießt. Diese spezielle Zementmischung ist nur wenige Millimeter dünn und stabilisiert dadurch die Form. Im letzten Schritt wurde gewöhnlicher und mit Fasern verstärkter Beton aufgebracht.
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Ultraleichtes Gewebe aus Stein
An der Kunsthochschule Weißensee in Berlin haben Studierende in einer Materialstudie zu textilen Strukturen mit Stein experimentiert. Es ging darum, Stein zu einem „Ultraleichtmaterial“ zu verarbeiten. Aus geschmolzenem Basalt lassen sich bereits seit geraumer Zeit industriell gesponnene Strukturfasern herstellen. Diese Strukturfasern dienen zur Verstärkung von Verbundmaterialien, auch als Kompositwerkstoff bekannt. Er wird aus zwei oder mehreren verbundenen Materialien hergestellt. Miteinander kombiniert, weist das Material jedoch eine andere Eigenschaft auf. Verbundstoffe werden auch wegen ihrer geringen Dichte für leichte und tragfähige Bauteile verwendet.
Die Studenten an der Kunsthochschule Weißensee haben unter Leitung von Professorin Christiane Sauer durch Manipulation der Basaltfaser eine wabenförmige dreidimensionale Netzstruktur entwickelt. Diese gibt es in sämtlichen Größen, die Struktur kann als Raumskulptur oder auch als Möbelstück fungieren.
Ein Teppich aus Beton
Auch die Studie „Betontexil“ wurde von der Professorin Christiane Sauer an der Kunsthochschule Weißensee Berlin geleitet und im Rahmen einer Masterarbeit im Fachgebiet Textil- und Flächendesign entwickelt. Dabei hat man aus Beton und Stoff ein überdimensionales „Betongarn“ hergestellt, indem man die besonderen Eigenschaften beider Stoffe kombinierte. Für das Projekt wurde eine feinkörnige, sehr feste und gut zu verarbeitende Betonsorte gewählt.
Für das Schlauchmaterial, was später mit dem Beton gefüllt wurde, wählte man ein alkaliresistentes und wasserdurchlässiges Material. So entstand ein übergroßes Garn, was im trockenen Zustand formbar und beweglich ist. Mithilfe von textilen Konstruktionstechniken wie Weben, Stricken und Knüpfen konnte man formstabile Flächen bauen, die erst nach dem „Wässern“ aushärten. Daraus entstanden mehrere Objekte: ein frei stehender gestrickter Raumteiler, ein gewebter Hocker, ein gestricktes Wandpaneel und ein beweglicher geknüpfter Betonteppich.
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Ein Beton-Einfamilienhaus aus dem 3-D-Drucker
Auch hier sieht es mit der Klimabilanz deutlicher besser aus. Denn durch eine gespritzte Konstruktion aus Beton zieht ein 3D-Drucker die Wände eines Einfamilienhauses in einer enormen Geschwindigkeit hoch. Herkömmliche Betonbau-Schalungen sind daher überflüssig. Somit spart man Zeit und verbraucht weniger Materialien. Dabei kommen nur die Wände aus dem Drucker. Alle anderen Bauteile wie Bodenplatten, Geschossdecken und das Dach muss man jedoch noch in üblicher Weise fertigen.
Übrigens: 3D-Häuser sind meist eingeschossig und haben keinen Keller. Nichts ist jedoch unmöglich: Mit dieser noch unüblichen Verfahrensweise ist auch eine Geschossaufstockung machbar.
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