29. November 2021, 10:45 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Sie haben Nachwuchs bekommen und benötigen mehr Platz? Ihr Arbeitsplatz soll künftig mehr in Ihr Zuhause verlegt werden, aber Ihnen fehlt ein weiterer Raum als Büro? Wenn es darum geht, sich zu vergrößern, kommt für viele Deutsche nur ein Hausanbau infrage.
Ein Hausanbau kostet Zeit und Geld. Denn die baulichen Veränderungen verlangen nicht nur akribische Planung, sondern sie lassen den Bauherrn etwa wegen hoher Materialkosten oftmals tief in den Geldbeutel greifen. Wie lässt sich der Hausanbau kostengünstig gestalten und wie groß darf er überhaupt werden? Benötigen Sie hierfür ähnlich wie beim Hausbau eine Genehmigung? Diese und andere Fragen beantwortet unser Rechts-Experte Göran Ruser in diesem Ratgeber.
Übersicht
Welche Möglichkeiten gibt es beim Hausanbau?
Welche Gestalt der Hausanbau am Ende annehmen soll, hängt natürlich ganz von den gegebenen Bedingungen vor Ort ab. Daneben ist Ihr eigener Wunsch nach einer bestimmten Grundfläche bzw. Quadratmeteranzahl zu berücksichtigen. Hat man schließlich den Bebauungsplan vorliegen, kann es mit dem Hausanbau losgehen! Denn der Bebauungsplan ist unbedingt erforderlich, da man auch beim Hausanbau die baurechtlichen Bestimmungen wie Etagenanzahl, Fassadenhöhe, Firsthöhe etc. zu beachten hat.
Sie als Bauherr können im Grunde zwischen drei verschiedenen Hausanbauarten wählen.
- Hausanbau durch Verlängerung: Diese Variante eignet sich immer dann, wenn ein hinter dem Haus liegender Garten vorhanden ist. Die Gesamtgrundfläche vergrößert sich um das gewünschte Maß, während die bestehende Architektur an der Straße nicht oder nur kaum beeinträchtigt wird.
- Hausanbau durch Verbreiterung: Wer über ein größeres Grundstück mit ausreichend Platz in alle Richtungen verfügt, der kann auch seitlich anbauen. Vorteil: So sind zusätzliche separate Zugänge möglich. Lediglich auf den harmonischen Gesamteindruck sollte man achten, da sich das Aussehen der Fassade erheblich verändern kann.
- Anbau durch Aufstockung: Wird dann genutzt, wenn man eben keine Möglichkeit hat, in die Breite oder Länge zu investieren. Dieser Fall stellt die aufwendigste und anspruchsvollste Form des Hausanbaus dar. Denn hier sind nicht nur Bebauungsvorschriften zu beachten, sondern Sie als Bauherr müssen neben höheren Kosten auch Problembereiche wie z. B. die Statik im Auge behalten.
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Braucht man eine Genehmigung?
Der Hausanbau unterscheidet sich aus baurechtlicher Sicht nicht vom „normalen“ Hausbau und muss folglich die Vorschriften des öffentlichen Baurechts berücksichtigen. Daher müssen Sie sich als Bauherr auch für einfache An- oder Umbauten um eine Baugenehmigung bemühen. Dafür wird bei der betreffenden Baubehörde in Ihrer Gemeinde ein Bauantrag gestellt. Lediglich kleinere bauliche Veränderungen auf Ihrem Grundstück wie Garagen oder Gartenhäuschen unterliegen nicht der Genehmigungspflicht, wenn sie dem örtlichen Bebauungsplan nicht entgegenstehen. Diesen gilt es beim Hausanbau jedoch zu befolgen.
Im Rahmen einer Grenzbebauung müssen unbedingt die vor Ort vorgeschriebenen Abstandsflächen eingehalten werden. Weniger eine behördliche Pflicht als vielmehr die vielleicht wichtigste Voraussetzung bevor man mit dem Hausanbau beginnt: die Genehmigung der Nachbarn. Der Nachbar sollte bzw. muss nicht nur informiert werden, er sollte Ihnen – auch um einen Rechtsstreit zu vermeiden – eine schriftliche Erlaubnis erteilen. Erst mit seiner Zustimmung zum Anbau ist auszuschließen, dass er doch noch Widerspruch gegen Ihr Vorhaben einlegt.
Wie groß darf der Anbau sein?
Was die Größe Ihres geplanten Hausanbaus betrifft, so entscheiden nicht nur die anfallenden Kosten über die neuen Quadratmeter, sondern auch die Bestimmungen des Bebauungsplans Ihrer Gemeinde. Während die erwähnten Abstandsflächen von 2,5 bis 3 m den genauen Ort des Anbaus mitbestimmen, existiert darüber hinaus eine Formel, die Ihnen die zulässige Bebauungsfläche errechnet.
Zur Berechnung: Der für Sie gültige Bebauungsplan beinhaltet die Parameter Geschossflächenzahl (GFZ) und Grundflächenzahl (GRZ). Um die Wohnfläche berechnen zu können, die Sie auf Ihrem Grundstück bebauen dürfen, müssen Sie Ihre Grundstücksfläche mit dem GFZ-Wert multiplizieren:
Bei einer Grundstücksfläche von insgesamt 400 m² und einem GFZ-Wert von 0,8 ergibt sich eine Gesamtfläche von 320 m². Besitzt Ihr zweigeschossiges Haus die Maße 11 x 11 m, ergibt sich eine Wohnfläche von 11 x 11 m x 2 = 242 m². Damit dürften Sie noch die Differenz, d. h. 320 m² – 242 m² = 78 m² anbauen.
Die Grundflächenzahl (GRZ) wiederum gibt an, wie viel überbaut werden darf. Bei einem GRZ-Wert von 0,4 ergibt sich folgende Quadratmeterzahl: 0,4 x 400 m² = 160 m² maximale Grundfläche, die überbaut werden darf.
Im obigen Beispiel hat das Haus bereits 11 x 11 m = 121 m² Grundfläche. Demnach bleiben Ihnen als Bauherr 160 m² – 121 m² = 39 m².
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Mit welchen Kosten pro m² sollte man rechnen?
Nach all den baurechtlichen Vorgaben sind Sie es, der bei den anfallenden Kosten selbst über die Höhe entscheiden darf. Allerdings gibt es Richtwerte, mit denen Sie beim Hausanbau zu rechnen haben.
Bereits ein Quadratmeter des Anbaus ist bei der günstigsten Variante mit rund 1.000 Euro zu veranschlagen. Die durchschnittliche Höchstgrenze liegt bei etwa 1.800 Euro. Planen Sie demnach eine Vergrößerung auf gleicher Ebene zur Seite oder an die Rückseite Ihres Hauses von insgesamt 25 m², müssen Sie mit Kosten in Höhe von 25.000 bis 45.000 Euro rechnen. Selbstverständlich sind z. B. hochwertiges Baumaterial oder das Bauen von zusätzlichen Etagen entscheidende Faktoren, die den Gesamtpreis weiter in die Höhe schnellen lassen können.