30. Juli 2021, 14:21 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Nicht nur für Textilien, Schafwolle kann auch als Baustoff verwendet werden. Vor allem als Dämmmaterial eignet sich das flauschige Fell. Es gibt jedoch einen Haken.
Holzspäne, Kork, See- oder Wiesengras – das sind nur einige Öko-Materialien, die in Gebäuden verbaut werden. Auch Schafwolle ist ein nachwachsender Rohstoff, der als Baumaterial zum Dämmen dient. Im Gegensatz zu den anderen Rohstoffen muss die Wolle nicht extra angebaut werden. Als Nebenprodukt der Schafwirtschaft wächst sie ganz von alleine nach. Hierzulande wird meist Schurwolle aus regionaler Produktion als Baumaterial angeboten. Das schont Klima und Umwelt, denn lange Transportwege fallen weitestgehend weg.
Was Schafwolle fürs Dämmen interessant macht
Das Material reguliert Feuchtigkeit und ist wärmeisolierend. Vliese aus Schafwolle können beim Dachausbau zum Dämmen verwendet werden. Auch für Decken, Wände oder Hausfassaden bietet sich Schafwolle als Baustoff an. Die Fasern können zudem Schadstoffe und Gerüche aus der Luft filtern und aufnehmen. Gegen quietschendes Parkett und nervige Trittgeräusche kommt Nadelfilz aus Schafwolle als Trittschutz zum Einsatz. Zöpfe aus Schafwolle werden zudem beim Fenstereinbau verwendet.
Schafwolle schützt vor Lärm
Schurwolle von Schafen besitzt noch eine Qualität, die lärmgeplagte Menschen aufhorchen lässt. Schall kann man durch Schafwolle effektiv dämmen. Gerade Lüftungs- und Klimaanlagen sind oftmals ziemlich laut, wenn sie auf Hochtouren arbeiten. Auch hier kann die Schurwolle gut als Schalldämmschutz eingesetzt werden. Für den Innenausbau gibt es zudem Platten aus Schafwolle, die die Akustik in Innenräumen reguliert. Auch diese Elemente filtern Luftschadstoffe heraus.
Ist Schafwolle nicht schmutzig und stinkt?
Tatsächlich ist die Rohwolle mit Erde, Pflanzenresten, Schuppen und vor allem Schweiß der Schafe versetzt. Das will man alles nicht im Haus haben. Bevor Schafwolle als Baustoff in den Handel kommt, wird die Schur daher gewaschen und aufgearbeitet.
Im Handel wird Baumaterial angeboten, das zu 100 Prozent aus Schafwolle besteht. Es gibt zudem Baustoffe aus einem Mix aus Schafwolle und synthetischen Fasern. In der Regel mischen Hersteller zudem ein Mottenschutzmittel bei.
Wie stellt man den Baustoff aus Wolle her?
Die Experten der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe e.V. (FNR) erklären den aufwendigen Herstellungsprozess. In einer Maschine mit dem schönen Namen „Krempel“ stellt man aus den Wollfasern ein dünnes Vlies her. Um das notwendige Gewicht pro Quadratmeter zu erreichen, wird das Vlies nach und nach angehäuft. Beim horizontalen Kreuzlegen erreicht man eine ideale Wärmeleitfähigkeit. Doch das Verfahren ist besonders aufwendig. Eine ausreichende Dicke erreicht man durch hochgradiges Erhitzen des Vlieses im Ofen. Alternativ vernadelt man den Stoff mechanisch. Zum Schluss schneidet man das Vlies mit einer Schneidemaschine in Form. Was beim Schnitt an Resten übrig bleibt, wird recycelt.
Wo liegt der Haken?
Die Wolle kann schnell von Motten befallen werden. Als Baustoff behandelt man Schafwolle daher mit einem Mottenschutzmittel. Ansonsten drohen Schäden am Bau, wie sie in der Vergangenheit schon aufgetreten sind. Die FNR-Experten sehen hierin auch den Grund, weshalb Schafwolle noch immer bei Bauplanern zur Verunsicherung führt.
Als natürlicher Mottenschutz bei Schafwolle bietet sich Natriumborat an. Praktischerweise wirkt Borat flammenhemmend. Allerdings haftet das Material nicht ewig an den Fasern. Deshalb fixiert man es mit Latex. Das wiederum kann die Schadstoff- und Feuchtigkeitsaufnahme beeinträchtigen. Biozide wie Permethrin verwendet man stattdessen, einige Umweltverbände sehen den Einsatz jedoch kritisch.
Ein chemiefreier und dennoch permanenter Mottenschutz bietet nach Ansicht der FNR-Experten eine neu entwickelte Behandlungsmethode mit dem geschützten Namen Ionic Protect®. Dabei verändert sich die Zellstruktur der Schafwolle derart, dass Schädlinge darum einen großen Bogen machen.
Was kostet Schafwolle zum Dämmen?
Ganz billig ist der natürliche Baustoff nicht. Dämmvliese aus Schafwolle schlagen mit 15 bis 25 Euro pro Quadratmeter zu Buche. Schafwolle gilt damit als eher teures Baumaterial im Öko-Hausbau. Auf der anderen Seite ist Schafwolle in der Wärmeisolierung so effektiv, dass die Dämmschicht im Vergleich zu anderen Stoffen mit rund 16 Zentimetern dünner ausfallen kann. Hier kann man etwas Geld einsparen.
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Wo man Schafwolle als Baustoff bekommt
Die Fachagentur „Nachwachsende Rohstoffe“ gibt in einer umfangreichen Broschüre einen Überblick zu verschiedenen Herstellern von Bau- und Dämmmaterial aus Schafwolle und anderen nachwachsenden Rohstoffen. Die Broschüre kann man online kostenfrei herunterladen.