
19. September 2022, 17:13 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Den Traum vom Eigenheim haben viele – so auch die Bloggerin und Podcasterin Jessie Weiß. Gemeinsam mit ihrem Mann und ihren drei Kindern hat sie in Berlin nach einem Haus mit Garten gesucht. Der Weg glich dabei einer wilden Achterbahnfahrt.
Ein eigenes Haus mit Garten – davon träumen viele Menschen. Doch der Weg dorthin ist steinig. Wie schwer es wirklich sein kann, heutzutage ein passendes Eigenheim zu finden, davon könnten „Journelles“-Bloggerin und Autorin Jessie Weiß und ihr Mann Johan nicht nur ein Lied singen, sondern haben es gleich in einem ganzen Podcast erzählt. In „Maison Journelles“ sprechen die beiden über die Achterbahnfahrt bei der Haussuche. Im myHOMEBOOK-Interview erzählt Jessie Weiß, warum die Suche teilweise wie ein schlechter Film war, wie es ist ein Haus blind zu kaufen und worauf sie sich jetzt am meisten freut.
»Ich habe die absurdesten Tipps bekommen
myHOMEBOOK: Ihr habt euer Haus über eine Zwangsversteigerung bekommen – für mich ist das eher ein negativ behafteter Begriff. Wie kam es denn dazu?
Jessie Weiß: „Ja, das war bei mir tatsächlich auch so. ‚Zwang‘ ist ja nichts unbedingt Positives. Wenn man sich ein bisschen einliest, kommt man schnell drauf, dass oftmals nur aus zwei Gründen zwangsversteigert wird. Erstens, man kann die Rechnung nicht mehr bezahlen, den Kredit nicht mehr bedienen oder hat schlichtweg kein Geld mehr, seine Immobilie zu halten. Oder zweitens, ein Streit muss irgendwo zwischen diversen Parteien aufgetreten sein, sodass ein Haus oder eine Immobilie versteigert wird.“
Passend dazu: Zwangsversteigerung – Schnäppchen oder Kostenfalle?
„Ich habe eines Tages, nachdem wir ein Jahr lang sehr erfolglos die Häusersuche in Berlin bestritten haben, einfach mal überlegt, mir diese Möglichkeit der Zwangsversteigerung genauer anzusehen. Vielleicht kommt ja tatsächlich mal ein Haus rein, was für uns interessant sein könnte. Offensichtlich bekommen wir es ja nicht auf dem normalen Weg hin. Ich bin sowohl auf den ganzen Immobilien-Portalen unterwegs gewesen und habe auch privaten Kontakt zu Maklern gehabt, mich in jedem Newsletter angemeldet. Ich habe sogar mein gesamtes Netzwerk eingespannt – ich habe ja auch Reichweite – und immer wieder gedroppt, dass wir suchen.“
„Und selbst, wenn wir dann mal eine Immobilie gefunden haben, die toll war, dann war sie entweder zu teuer oder wir haben nicht mal einen Besichtigungstermin bekommen. Man muss ja direkt seine Liquidität nachweisen, sprich von der Bank eine Kreditbescheinigung vorlegen. Sowas stellt eigentlich eine legitime Bank überhaupt nicht aus, bevor sie die Immobilie überprüft hat. Der Markt ist so gesättigt, es gibt zu viele Familien, die einfach gerade suchen und den Traum vom Eigenheim haben, gerade auch aufgrund der Corona-Krise.“
„Ich habe da auch die absurdesten Tipps bekommen. Einige Follower meinten, du musst dich auch mit den Kirchengemeinden in der Stadt anfreunden, weil die wissen immer, wer in der Gemeinde verstirbt. Ziemlich krass! Wir haben auch Briefe eingeworfen in Vierteln, die wir toll fanden. Ich habe wirklich alles probiert und dann irgendwann die Zwangsversteigerung hinzugenommen, um einfach wirklich alles abzudecken.“
Du hast ein gutes Händchen für Einrichtung – was ist denn dein ultimativer Interior-Tipp?
„Ich achte viel auf Materialität und mag es nicht, wenn der Raum kalt wirkt. Ich lasse das Zusammenspiel aus Materialien, Farbe und Charakter immer sehr lange auf mich wirken. Man muss ja irgendwie spüren, dass da auch eine Familie wohnt.“
„Ich habe das Gefühl, vieles, was man auf Instagram sieht und ansprechend aussieht, ist nicht unbedingt das, wo man auch wirklich drin leben kann. Die Mischung aus „sieht toll aus“ und „fühlt sich wohnlich“ an macht mich am glücklichsten. Und das schafft man nicht nur durch die Kinderklamotten, die überall rumfliegen, sondern durch ein bisschen Mut zur Farbe. In unserer Wohnung ist alles in unterschiedlichen Tönen, aber vorwiegend in hellen Farben aufeinander abgestimmt. Das Farbkonzept ist grundlegend gewesen. Generell lass ich mich da aber immer von meinem Bauchgefühl leiten.“

Erst recherchieren, dann bieten Zwangsversteigerung – Schnäppchen oder Kostenfalle?

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»Der Hausbau ist kein Zuckerschlecken
Würdest du sagen, dass es früher leichter war, ein Haus zu bauen als heute?
„Es war auf jeden Fall günstiger. Nicht nur durch die Inflation oder auch die ganzen Umstände wie Corona und Krieg ist es aktuell heftig, was die Preise angeht. Wir haben da mit deutlichen Steigerungen zu kämpfen. Das ist kein Zuckerschlecken, denn es kann sich fast keiner mehr leisten heutzutage zu bauen. Wir werden auch unsere Wohnung verkaufen, weil es sonst finanziell nicht möglich wäre, das zu stemmen.“
„Ich könnte mir vorstellen, dass es heute viel mehr Möglichkeiten gibt, coole Sachen zu bauen. Der Zeitpunkt mag vielleicht nicht perfekt sein. Aber auch Baumaterialien und aktuelle Entwicklungen, diese ganzen Solarenergie-Themen, deine eigene Wärmepumpe – das ist einfach toll, langfristig und sehr nachhaltig.“
„Ich freue mich schon sehr darüber, dass das inzwischen möglich ist. Und dass man nicht mehr einem Klischee entsprechen muss – also dem des typischen Häuslebauers – bei dem jeder sein kleines quadratisches Häuschen mit einem Spitzdach hat. Das ist nicht mehr so – man kann einfach machen, worauf man Lust hat – und das ist eine tolle Sache.“
Was hättest du gerne vorher gewusst, bevor ihr angefangen habt?
„Vieles wusste ich tatsächlich schon durch unsere Sanierungen im Vorfeld, das hat durchaus geholfen. Ich würde sagen, es ist wieder einmal ein Reminder, dass man viel Geduld mitbringen muss. Ich bin nicht der geduldigste Mensch, aber das muss man einfach immer wieder sich verinnerlichen. Gut Ding will Weile haben – das ist mein größtes Learning. Lieber wohldurchdacht und jeden Punkt möglichst perfekt abgeklärt. Zeit einzuplanen, ist sehr wichtig – für alle, die da draußen irgendwas in die Richtung vorhaben, sowohl für die Suche als auch für den Bau. Es ist immer Zeit, Zeit, Zeit.“