5. Juli 2022, 14:32 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
In privaten Neubauten sind Wärmepumpen bereits Standard – aber wie sieht es bei Bestandsbauten aus? Nicht immer eignet sich der Heizungsstandard im Altbau. Was Eigentümer über die Heiztechnologie wissen sollten, lesen Sie hier.
Die Wärmepumpe gilt als die umweltfreundliche und zukunftssichere Alternative zur Öl- und Gasheizung. Im vergangenen Jahr wurden über 40 Prozent der Neubauten damit ausgestattet. Das mag auch daran liegen, dass der Staat Wärmepumpen großzügig fördert. Aber sind sie wirklich für jeden die beste Lösung? Lohnt sich die Wärmepumpe auch im Altbau? Oder droht mir nach ein paar Jahren der Austausch?
Übersicht
Wärmepumpen werden immer häufiger eingebaut
Im vergangenen Jahr wurde noch in jedes dritte neue Wohngebäude in Deutschland eine Gasheizung eingebaut. Der fossile Energieträger hat aber seit 2015 seine Vorrangrolle verloren, wie aus einer Auswertung des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Danach wurden mehr als zwei Drittel (70,7 Prozent) der Neubauten mit Heizungen ausgestattet, die erneuerbare Energiequellen nutzen. In 55,1 Prozent aller Fälle waren Holz, Umluft- oder Erdwärme sowie Biomasse sogar die primäre Energiequelle.
Herausragende Bedeutung hatten dabei Wärmepumpen, die erstmals in mehr als der Hälfte (50,6 Prozent) der Neubauten als vorwiegende Heiztechnologie eingebaut wurden. Der Anteil der Gasheizungen ist seit 2015 von 51,5 Prozent auf 34,3 Prozent gefallen. Ihr Vorgänger Ölheizung wurde 2021 bundesweit nur noch in 611 neuen Wohngebäuden installiert. Das entspricht einem Anteil von 0,6 Prozent.
Wie tragen Wärmepumpen zur Energiewende bei?
Zum 1. Januar 2025 soll jede neu eingebaute Heizung auf Basis von 65 Prozent erneuerbarer Energien betrieben werden. Experten sind optimistisch, dass das bei Wärmepumpenheizungen gelingt – vorausgesetzt, sie sind richtig dimensioniert und installiert.
„Wärmepumpen sind ohne Frage zukunftsfähig und sollen eine tragende Rolle bei der Energiewende spielen“, sagt Stefan Materne vom Team Energieberatung der Verbraucherzentrale. Und Alexander Steinfeldt von der gemeinnützigen Beratungsgesellschaft Co2online sagt über Wärmepumpen im Vergleich zu Öl- und Gasheizungen: „In vielen Fällen ist die Wärmepumpe die bessere Wahl – vor allem, wenn sehr effiziente Modelle eingesetzt werden, das Gebäude gut gedämmt und das Heizsystem mit Solarenergie kombiniert wird.“
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Entscheidend ist für diese Frage aber im Einzelfall die Vorlauftemperatur der Heizung. „Je geringer sie ist, desto effizienter arbeitet die Wärmepumpe und umso weniger Strom wird verbraucht„, erklärt Martin Sabel vom Bundesverband Wärmepumpe. „Als Erfüllungsoption für das anvisierte Ziel, über 65 Prozent erneuerbare Energien zu nutzen, ist sie aber auf jeden Fall geeignet.“
Wann arbeitet eine Wärmepumpe wirtschaftlich?
Die wichtige Kennzahl ist eine möglichst hohe Jahresarbeitszahl der Wärmepumpe. Sie gibt Auskunft über die Effizienz des Heizsystems. Eine Jahresarbeitszahl von 4 bedeutet beispielsweise, dass aus 25 Prozent Strom 75 Prozent Umweltwärme entsteht.
Konkret heißt das für Ihr Haus: „Eine optimal laufende Wärmepumpe erreicht Jahresarbeitszahlen von 3 bis 5“, sagt Stefan Materne. Und die Vorlauftemperatur liegt am besten unter 50 Grad Celsius.
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Ist mein Altbau für eine Wärmepumpe geeignet?
Die geringe Vorlauftemperatur lässt sich in energieeffizienten Gebäuden erreichen, die Flächenheizkörper oder ausreichend dimensionierte andere Heizkörper haben und eventuell mit Solarthermie unterstützt werden. „Im Neubau gehören diese Eigenschaften bereits zum Standard, im Gebäudebestand müssen sie eventuell erst durch Sanierungsmaßnahmen erreicht werden„, sagt Alexander Steinfeldt.
Seiner Ansicht nach ist es schwierig und aufwendig, aber nicht unmöglich, in einem Altbau vernünftige Vorlauftemperaturen zu erreichen. „Wenn das nicht ganz gelingt, kann man zur Wärmepumpe zusätzlich eine Gasheizung kombinieren. Aber das wäre nur die zweite Wahl“, so der Experte Steinfeldt.
Lassen sich die Geräusche der Wärmepumpe unterbinden?
„Schall ist durchaus ein Thema, an das Hauseigentümer schon bei der Planung denken sollten“, rät Martin Sabel. „Luft-Wasser-Wärmepumpen, die ihre Energie aus der Luft ziehen, erzeugen beispielsweise große Volumenströme, die Geräusche im Ventilator verursachen. Deshalb ist es wichtig, das System fachgerecht zu installieren und die notwendigen Abstände zu den Nachbargrundstücken einzuhalten.“
Mit gezielten Maßnahmen lässt sich der Schall deutlich reduzieren: „Nach Möglichkeit sollte eine Installation auf oder vor harten Flächen und Wänden vermieden werden“, rät Alexander Steinfeldt. „An diesen Flächen wird der Schall reflektiert und damit die Lautstärke der Betriebsgeräusche verstärkt.“ Wer die Anlage im Raum aufstellt, könne mit Gummifüßen und einer umlaufenden Nut am Aufstellort sowie Schlauchleitungen statt Rohre die Lärmbelastung reduzieren.
Tipp: Der Online-Schallrechner des Bundesverbands Wärmepumpe hilft bei der Einschätzung von Modellen und geeigneten Standorten für diese.
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Wann Luftwärmepumpen nicht die beste Lösung sind
Wärmepumpen sind eine immer beliebtere Heizungsart. Allerdings sollte man etwa in dicht besiedelten Gebieten überdenken, ob eine Luftwärmepumpe das Richtige ist. Sie ist zwar im Vergleich zu anderen Varianten wie etwa der Erdwärmepumpe am preiswertesten, produziere aber vergleichsweise viele Geräusche.
Darauf weist das vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderte Informationsprogramm Zukunft Altbau hin. Außerdem liefere die Luftwärmepumpe im Gegensatz zu anderen Wärmepumpen-Varianten die wenigste Energie je eingesetzter Kilowattstunde.
Eine Luftwärmepumpe entnimmt der Luft Energie und lässt sie auf ein Kältemittel treffen, das bei niedriger Temperatur verdampft. In einem Kompressor wird der Dampf verdichtet und dadurch sehr warm. Diese Wärme wird an den Heizkreis abgegeben. Für den Betrieb braucht eine Wärmepumpe Strom, aber einen wesentlich kleineren Anteil als etwa strombetriebene Nachtspeicherheizungen.
Eine Alternative ist die Erdwärmepumpe, die dem Erdreich Wärme entzieht. Sie gilt laut Zukunft Altbau als besonders energieeffizient und leise. Die Installationskosten sind allerdings vergleichsweise hoch, da hierfür Erdarbeiten notwendig sind. Die dritte Variante, eine Grundwasserpumpe, sei am wenigsten verbreitet, da sie sich vor allem für größere Projekte in der Nähe von Seen oder Flüssen lohne.
mit Material der dpa